Auktion: Ferdinand III. Mülhens – Guter Riecher für Altmeister

Jan van Goyens Gemälde „Blick in ein weites Flusstal“ gehört zu den Glanzstücken der Mülhens-Sammlung.
Stuttgart. Ferdinand Mülhens war nicht nur Parfümeur und Eigentümer der weltberühmten Duftmarke 4711. Er war auch ein stiller Liebhaber der Kunst des 17. Jahrhunderts. Besonders hatten es ihm die flämischen und holländischen Meister des Goldenen Zeitalters angetan. Nun werden die Landschaften und Genreszenen aus dem Besitz des 2021 mit 84 Jahren verstorbenen Unternehmers am 8. November bei Nagel in Stuttgart versteigert.
Insgesamt kommen 17 Gemälde zum Aufruf, darunter Werke von Simon de Vlieger und David Teniers d.J. Eines der Glanzstücke der Kollektion ist Jan van Goyens Gemälde „Blick in ein weites Flusstal“ von 1639. Nur mit Braun- und Ockertönen modelliert der Meister der sogenannten tonalen Landschaft die Ebene, über dessen Horizont sich ein bewegter Himmel auftut. Die stimmungsvolle Darstellung ist marktgerecht, wenn auch nicht verführerisch niedrig auf 40.000 bis 60.000 Euro taxiert. Gekauft hatte Mülhens die Tafel 1980 in der Alfred Brod Gallery in London.
Ganz offensichtlich hat es Ferdinand Mülhens häufiger in die großen Kunstzentren Europas gezogen. Bei Brian L. Koetser, ebenfalls in London, erwarb er Wouter Kniffs „Blick über die Oude Maas bei Dordrecht“. Das von Detailreichtum und Feinmalerei charakterisierte Gemälde soll nun mindestens 10.000 Euro einspielen.
In der Galerie J. Kraus in Paris erstand der Sammler eine „Flusslandschaft im Abendlicht. Sie ist Aelbert J. Cuyp zugeschrieben, einem anderen Meister der tiefen Horizonte und atmosphärischen Himmel. Der untere Schätzwert liegt bei 40.000 Euro.
Mülhens hat seine Sammlung in den 1960er-, 70er- und frühen 80er-Jahren in einer Hochphase des Altmeistermarktes zusammengestellt. Für Isaak von Ostades „Scheuneninterieur“ von 1642 bezahlte der Unternehmer 1983 in einer Kölner Galerie 20.000 D-Mark. Bedenkt man die Inflation und aktuellen Löhne liegt der heutige Schätzpreis von 16.000 Euro wohl unter dem ehemaligen Einkaufspreis.
Vergleichbare Motive des Haarlemer Malers erzielten 2015 bei Lempertz 49.000 Euro inkl. Aufgeld und Im Kinsky in Wien 2023 mit Aufgeld 25.000 Euro.

Ferdinand III. Mülhens pflegte eine stille Vorliebe für die flämischen und holländischen Maler des 17. Jahrhunderts.
Für den Nachfahren des gleichnamigen Firmengründers, der bereits um 1800 echt Kölnisch Wasser als Duft- und Wundermittel in die ganze Welt exportierte, war die private Sammlung in seinem Wohnhaus in Köln wohl auch Refugium vor den Stürmen der Außenwelt. Denn nach dem Tod der Firmen-Alleinerbin Maria Mehl-Mülhens musste Ferdinand III Mülhens 45 Prozent des Unternehmens an seinen Cousin Dieter Streve-Mülhens abtreten. Es folgten Streitereien über den Kurs der Marke und Gerichtsprozesse.
1994 wurde das Unternehmen an die Wella AG in Darmstadt verkauft. Ab 2003 war sie im Besitz des US Konzerns Procter & Gamble; seit 2007 gehört das Traditionsunternehmen zur Firma Mäurer & Wirtz. Auch zahlreiche Immobilien wurden verkauft. Unangetastet blieb die Gemäldesammlung.

Den Dunst der Atmosphäre in Stimmung zu verwandeln, war die große Herausforderung für die Niederländer des 17. Jahrhunderts. Simon de Vliegers „Anlegestelle mit Booten und Fischern“ soll mindestens 25.000 Euro einspielen.

Im Zuge der Auktionsvorbereitungen erhielten zwei Gemälde neue Zuschreibungen. Eine ehemals Frans Francken zugeschriebene „Heilige Familie“ wurde Pieter von Avant zugeordnet. Es ist mit 4000 bis 6000 Euro taxiert. Nicht standhalten konnte die Urheberschaft Abraham Govaerts für die „Ansicht einer dörflichen Landschaft“. Die Expertin Ursula Härting hält das Bild für ein Werk Sebastiaen Vrancx. Nagel erwartet mindestens 15.000 Euro.
Christoph Bouillon, Nagels Experte für Kunst und Antiquitäten, betonte im Gespräch mit dem Handelsblatt die Stringenz und Kennerschaft, mit der die Sammlung zusammengetragen wurde. Ein Sonderkatalog ist in Vorbereitung.





