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AuktionZu wenig Nachfrage für Moderne und Gegenwartskunst bei Lempertz

In Krisenzeiten behalten nur Meisterwerke ihre Marktmagie. Da verschmähen Sammler und Investoren weniger charakteristische Werke der Moderne und der zeitgenössischen Kunst.Christian Herchenröder 06.12.2023 - 17:18 Uhr aktualisiert

Köln. Es lässt sich nichts schönreden. Die Abendauktion moderner und zeitgenössischer Kunst bei Lempertz litt, wie andere einschlägige Versteigerungen dieser Wochen, an Konsumschwäche. Mehr als die Hälfte der Lose blieben ungewünscht, obwohl die Gesamtqualität der Einlieferungen keineswegs medioker war. Trotz dieser Einschränkung wurden 7,5 Millionen Euro umgesetzt, was vor allem einem heiß umkämpften Star-Los zu verdanken war: Max Pechsteins 1909 entstandenem „Selbstbildnis liegend“.

Das bezwingende Selbstporträt repräsentiert mit seinem starken Kolorit die beste „Brücke“-Zeit des Künstlers. Es war bereits im Frühling angeboten, dann aber zurückgezogen worden. Zwei Telefone waren im Einsatz, als das museale Werk von 1,1 auf 2,5 Millionen Euro stieg. Das sind mit dem Aufgeld 3,2 Millionen Euro.

Nach einer Einigung mit den Erben des Ersterwerbers konnten neu aufgeworfene Provenienzfragen restlos geklärt werden. Käufer des musealen Bildes ist ein deutscher Sammler, der das Bild dem Wiesbadener Museum zur Verfügung stellen will.

„Der Pechstein hat uns regelrecht gerettet“, kommentiert Auktionator und Geschäftsführer Henrik Hanstein die Abendauktion. Den Gesamtumsatz der drei Versteigerungen mit moderner und zeitgenössischer Kunst beziffert Hanstein mit 13 Millionen Euro.

Wieder einmal bestätigte sich hier die alte Weisheit, dass in Krisenzeiten Meisterwerke ihre Marktmagie behalten. Das zeigte sich auch bei einem der hochbegehrten Hauptmotive Max Liebermanns: den „Blumenstauden am Gärtnerhaus“ im Wannseegarten des Berliner Malers. Von 300.000 auf 680.400 Euro mit Aufgeld wurde das attraktive Gemälde zuletzt in vorsichtigen 10.000-Euro-Schritten hochgeboten. Es ist ein marktgerechter Preis, der von einem Sammler in Sachsen-Anhalt geboten wurde.

Das längste Bietgefecht des Abends wurde um eine nicht gerade aufregende Farbstiftzeichnung des Briten David Hockney ausgetragen. Sie zeigt den Blick auf eine Hotelterrasse mit Tisch und Sonnenschirm. Hier waren so viele Bieter am Telefon, dass diese bunte Marginalie von 260.000 auf 554.500 Euro stieg. Sie übernimmt eine Schweizer Privatsammlung, die auf Zeichnungen spezialisiert ist.

Nicht weniger gefragt waren zwei frühe gestische Kompositionen mit schwarzer und brauner Balkenschrift von Pierre Soulages. Der Hauptvertreter des französischen Informel ist latent begehrt und bringt auch in den Londoner und Pariser Auktionen hohe Preise. Das erste Bild wurde für 378. 000 Euro, das zweite für 264.600 Euro zugeschlagen.

Für 327.600 Euro inklusive Aufgeld wurde eine Petitesse von Gerhard Richter versteigert. Das in einer Vitrine ausgestellte Kleinformat „Grün-Blau-Rot” (1993) übernahm ein Genfer Sammler im Rahmen der Schätzung. Beachtlich war der Preissprung von 75.000 auf 214.200 Euro für Piero Dorazios leuchtend farbiges Balkenbild „Gli Incamminati“, das einer von zwei Telefonbietern erwarb. Eine große, 1977 datierte Vorzeichnung zu Christos verhülltem Reichstag, die aus einer bayerischen Sammlung kommt, wurde nahe dem unteren Schätzpreis für wohlfeile 113.400 Euro an einen rheinischen Sammler abgegeben.

Auktionsnachbericht

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Eines der ungewöhnlichsten Nolde-Aquarelle, die in letzter Zeit auf dem Markt waren, wurde für stattliche 138.500 Euro an einen rheinischen Sammler abgesetzt. Er hatte in diesem Saal im Juni schon Albert Birkles symbolistisches Gemälde„Irrsinn“ für 900.000 Euro ersteigert. Noldes Aquarell zeigt ein groteskes Liebespaar in wilder Umklammerung; ein starkes, forderndes Sujet, das aus dem Besitz von Noldes zweiter Frau Jolanthe stammt.

Ein Dahlien-Aquarell Noldes ging zurück. Angesichts der vielen weniger attraktiven Landschaftsbilder Noldes, die in den letzten Jahren auf dem Markt waren und ihre Käufer fanden, ist der Rückgang der dramatischen Landschaft „Nachmittagswolken, Friesland“ kaum verständlich. Der Hammer fiel pro forma bei 950.000 Euro. Für den Nachverkauf meldeten sich schon Interessenten.

Ebenso wenig lässt sich die Abstinenz begreifen, als August Mackes 1912 datiertes Gemälde „Kinder mit Ziege im Wald“ aufgerufen wurde. Das vierzig Jahre in einer rheinischen Privatsammlung gehütete Bild stammt aus der frühen „Blauer Reiter“-Phase und war in zwei Dutzend Macke-Ausstellungen vertreten. Offenbar ist die alte Sammlerschicht des Expressionismus gesättigt, und jüngere Sammler haben andere, noch weniger teure Favoriten; etwa die Maler der Neuen Sachlichkeit und der frühen Nachkriegsabstraktion.

Ähnliche Zurückhaltung zeigte sich bei Werken von Heinrich Campendonk, die aus dem Nachlass des Krefelder Künstlers eingereicht wurden. Nur das früheste der vier Lose war erfolgreich, die um 1913 entstandene Gouache „Kind mit Fischen“. Ein in letzter Minute in die Gebote eingestiegener Bremer Sammler setzte 252.000 Euro ein. Die späteren, eher dekorativen Arbeiten des rheinischen Expressionisten fanden keine Gnade. Das gilt auch für Lovis Corinth, der mit einem keineswegs marginalen Stillleben und einem frühen grotesken „Bacchantenzug“ vertreten war.

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In der Morgenauktion moderner Kunst war eine ähnliche Zurückhaltung zu spüren. Von den knapp 170 Losen überschritten nur fünf die 50.000-Euro-Grenze. Teuerstes Werk der bunt gemischten Auktion zeitgenössischer Kunst wurde mit 101.700 Euro der auf maximal 30.000 Euro angesetzte Filzanzug von Joseph Beuys, der damit wieder zu einem der teuersten seriellen Objekte des Düsseldorfer Professors wurde.

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