Design: Tiffany bleibt Marktstütze

Tiffany-Werkstatt: Die attraktive „Libellen“-Tischlampe hat einen Fuß aus Krebsen.
New York. Eddie Rickenbacker's Bar im Financial District von San Francisco war für viele Banker nach der Arbeit die erste Anlaufstelle. Der Wodka-Cocktail Bloody Mary war billig und gut, hinter der Theke stand der exzentrische Wirt Norman Jay Hobday, der sich lieber Henry Africa nannte, unter der Decke des düsteren Gastraumes hingen Oldtimer-Motorräder. Aber nur wenigen Gästen dürfte aufgefallen sein, dass es sich bei den Lampen mit bunten Glasschirmen hinter der Bar, zwischen Nippes und Ginflaschen, um waschechte Tiffanyleuchten handelte.
Nur mit Vorhängeschlössern gesichert, überlebten sie ihre raue Umgebung erstaunlich unbeschadet. Und so konnte sie der Nachlassverwalter Hobdays am 14. Juni bei Christie's in New York versteigern lassen. Hobday hatte ein gutes Auge, seine sieben Lampen galten hinsichtlich Qualität und Komposition als erste Wahl.
Die blaue und violette Wisteria-Tischlampe (um 1910) bestätigte ihre Beliebtheit bei Sammlern mit einem taxgerechten Spitzenpreis von 602 500 Dollar. "Der Tiffany-Markt bleibt stark, und für seltene Stücke werden Top-Preise gezahlt", sagt Christie's Abteilungsleiterin Carina Villiger.
Gemeinsam boten Christie's und Sotheby's in den Design-Auktionen vom 12. bis 15. Juni 53 Tiffany-Werke auf. Diese Marktkonstanten bleiben in großer Zahl sonst den wichtigeren Dezemberauktionen vorbehalten. Bei Sotheby's dominierten am 13.6. sogar sechs Tiffany-Objekte die Top-Ten-Liste, angeführt von der "Pony Wisteria"-Tischleuchte (um 1905) zu starken 254 500 Dollar. Eingeliefert hatte der Sammler John M. Fowler. Er hatte hier zuletzt im Dezember 2007 für neun Lampen über zwei Millionen Dollar erlöst.
Als einziges Haus in New York verließ sich Phillips de Pury & Co. nicht auf Tiffany als Zugpferd. Hier reüssierten am 15.6. französische Möbel und ganz zuoberst François-Xavier Lalannes vier sehr gefragte Schafe aus Epoxidstein zu 746 500 Dollar.
Christie's vermarktete ein ungewöhnlich starkes Sommer-Angebot zum ersten Mal gemeinsam mit Juwelen, Uhren und Wein. Luxus fürs Heim sollten die 134 ausgewählten Lose mit Akzent auf extrem seltenen und historisch wichtigen Stücken besorgen. Ein guter Absatz von 83 Prozent zu 8,8 Millionen Dollar brutto bestätigte die Strategie.
Bei Christie's war auch das herausragende Objekt der Woche zu finden: Isamu Noguchis kühler Couchtisch aus schwarzem Fossilmarmor, den er 1948 für das Sommerhaus der New Yorker Familie Samuel C. Dretzin entworfen hatte. 2,9 Millionen Dollar kamen nicht unerwartet, denn das massige Stück appellierte sowohl an Design- als auch Skulpturensammler. Auch Noguchis seltenes faltbares Schachtischchen (1944) aus billigem, schwarz überlackiertem Kriegsmaterial brachte erstaunlich hohe 302 500 Dollar.

An der Westküste experimentierten damals zur gleichen Zeit die einflussreichen Möbeldesigner Charles & Ray Eames mit Sperrholz. In einem zeitraubenden Prozess bogen sie es elegant zu raumgreifenden Skulpturen. Ein besonders schönes Exemplar mit Walnussoberfläche, das 1944 vom MoMA in "Design for Use" gezeigt wurde, ging taxgerecht bei 458 000 Dollar an eine europäische Institution. Zeitgleich mit Tiffany-Glas entstanden, schnitt am 13.6. bei Sotheby's auch ein großes, aus der wichtigen Madison State Bank in Madison (Minnesota) gerettetes Glasfenster der beliebten Prärie-Stil-Architekten Purcell & Elmslie mit 182 500 Dollar gut ab.
Eine Gruppe verschiedener wegweisender Stühle des De-Stijl-Mitglieds Gerrit Rietveld hatte ein niederländischer Einlieferer beigesteuert. Sie belegen Rietvelds langjähriges Bemühen, Möbel aus einem einzigen Materialstück zu formen. Der seltene "Aluminium Stoel" (1960-1962), der bis 1987 im Besitz seiner Familie blieb, vervierfachte Erwartungen auf den Tageshöchstpreis von 470 500 Dollar. Der berühmte "Roodblauwe Stoel" (um 1960) brachte dagegen erwartete 21 250 Dollar.
Sotheby's letztes Los bezeugte dagegen einen seit der Krise veränderten Markt: Erst vor vier Jahren war hier Shigeru Bans großer, zerlegbarer "Artek"-Pavillon aus recyceltem UPM-Komposit (2007) von der New Yorker Galerie Sebastian + Barquet für 602 500 Dollar ersteigert worden. Jetzt brachte er gerade einmal 74 500 Dollar.





