Künstliche Intelligenz, Innovation und Blockchain: Kunsthandel: Digitale Technologie, um wettbewerbsfähig zu bleiben

Auf der von Christie’s organisierten Veranstaltung ging es um die wirtschaftlichen Potentiale, die in der Verkopplung von Kunst und Technologie liegen.
Dubai. Der von Christie’s regelmäßig organisierte „Art + Tech Summit“ fand im März in Dubai statt. Zeitgleich zur Messe „Art Dubai“ und strategisch an einem Ort, der Innovationen mit Steueranreizen und anderen Vorteilen befördert. Die exklusive Veranstaltung hatte das Thema „Künstliche Intelligenz, Innovation, Blockchain“. Hier ging es weniger um Kunst -und schon gar nicht um NFTs - sondern um die wirtschaftlichen Potenziale, die in der Verkopplung von Kunst und Technologie liegen. Denn wie es der Hiscox Online Kunstmarktreport 2023 deutlich sagt: „NFTs floppen bei traditionellen Sammlern“.
Der Tagung ging es um digitale Anwendungen im Sammlungsmanagement, bei Finanzdienstleistungen und Verträgen, aber auch um Fragen von Regelwerken, Industriestandards und Ethik. Ob Kunst auf einer Blockchain gespeichert werden soll oder ob künstliche Intelligenz menschliche Kreativität ersetzt, erschien wie von gestern. Jetzt wird über den Tellerrand in die Breite der Gesellschaft geschaut. Technologie wird weniger als Selbstzweck angesehen, sondern als Mittel, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Und da will Christie’s vorne liegen.
Um den Innovationsvorsprung auszubauen, hat das Auktionshaus eine Investitionsabteilung gegründet, Christie’s Ventures. Sie investiert in Firmen, die digitale Technologien entwickeln, die auch für den Kunstbereich interessant sind. Sie sollen die Profitabilität der Firma erhöhen und das Auktionsgeschäft unterstützen, aber nicht ersetzen.
Devang Thakkar, Direktor der Abteilung, setzt dabei auf Diversität. Im Gespräch mit dem Handelsblatt betont er: „Die Verschiedenheit von Ideen ist wichtig in der Technologie. Wenn man ein globales Produkt entwickeln will, kann man nicht im Elfenbeinturm in New York oder Silicon Valley sitzen.“
Eine der Firmen, mit denen Christie’s arbeitet, ist Proto Inc., die sich auf Hologramme spezialisiert hat und mit dem Slogan wirbt „Das Digitale real werden lassen“. Als Teil der Welttour mit Höhepunkten der Paul G. Allen Sammlung zeigte Christie's im November 2022 zum Beispiel Alberto Giacomettis „Femme de Venise III“ statt als Bronzeskulptur als Hologramm in originaler Größe in einer Leuchtbox in 3D.

Das Non Fungible Token wurde 2023 gemintet. Sotheby's verkaufte es innerhalb der Schätzung für 1270 US-Dollar.
Der Massenanreiz für Proto Inc liegt bei Sportpersönlichkeiten und Popstars, die mit ihrem Publikum virtuell interagieren, aber man hat auch Interesse an der Kunst. David Nussbaum, Gründer und CEO, der die Proto-Technologie patentiert hat, schreibt auf Anfrage: „Kunst hat auch ihre Stars. Takashi Murakami benutzte erst letzte Woche ein Proto bei der Messe Geisai in Tokyo. Wir sind Christie‘s dankbar, dass sie es verstanden haben, dass die emotionale Qualität, die Proto liefert, sich auch bei einem Meisterwerk wie Degas oder Giacometti überträgt.“
Auch die Politik ist fasziniert, zeigte sich doch Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Hannover Messe auf dem Siemens Stand in einer Proto-Box als 3D-Projektion. Neben der scheinbaren Nähe, die digitale Projektionen erzeugen, gibt es weitere Vorteile dieser Technologie: Die Nachhaltigkeit, nicht alles permanent um die Welt zu schicken, aber auch der Schutz empfindlicher Objekte. Die Möglichkeit, ein Werk an zwei Orten – im Sinne einer Restitution oder auch einer Teileigentümerschaft - zu zeigen, scheint auf einmal nicht mehr so weit hergeholt zu sein.
Lesen Sie hier --> Ein digitales Werk aus nur 0,3 Kilobytes
Obwohl alle Statistiken darauf hinweisen, dass der Trend sich von NFTs weg entwickelt, entschied Sotheby’s dennoch in den Maiauktionen in New York eine Privatsammlung generativer Kunst auf der Blockchain (sprich NFTs) anzubieten. Die erst 2021 von Three Arrows Capital als Kapitalanlage zusammengestellte Sammlung enthält unter anderen Arbeiten von Tyler Hobbs, Dmitri Cherniak, Snowfro und Larva Labs. Wie der Verkauf ausgeht, wird ein wichtiges Barometer des Marktes darstellen.
Aber auch Sotheby’s geht darüber hinaus, NFTs in seinen Auktionen einzubeziehen. Seit Neuestem bietet das Haus auf seiner digitalen Verkaufsplattform „Metaverse“ eine Sammlerverkaufsbörse an. Die Internetseite wurde bereits 2021 eröffnet, um Verkäufe von NFTs zu ermöglichen, die Künstler direkt verkaufen können. Nun wurde sie mit Web3-Technologie erweitert. Diese ermöglicht Sammlern, in einer ganz auf der Blockchain basierenden Transaktionsform Arbeiten direkt auf der Plattform weiterzuverkaufen.
Wie die Statistiken vom „UBS Art Basel Marktreport 2023“ zeigen, laufen 80 Prozent des NFT-Kunsthandels mittlerweile über den Sekundärmarkt, während neue Kunstwerke nur noch einen kleinen Teil der Aktivitäten ausmachen. Um einen gewissen Qualitätsanspruch zu wahren, reglementiert das Haus jedoch die Künstler, deren Arbeiten gelistet werden dürfen. Und das sind zurzeit nur 13, darunter natürlich die Lieblinge der Digital-Sammler, Refik Anadol, Tyler Hobbs und XCopy.
Der Hype um den Markt neuer digitaler Kunst scheint abgeflacht zu sein. Im künstlerischen Bereich findet eine Konsolidierung statt, die sich auf wenige Künstler, die vor allem auch im Sekundärmarkt attraktiv sind, konzentrieren. Die technischen Neuerungen, mit oder ohne Blockchain, treiben den Markt jedoch voran – vor allem in Anwendungen.


Der Fokus schwingt von der Kunst zum Konsumenten. Das können Sammler sein, die einfache Wege suchen, ihre NFTs abzustoßen, oder ein allgemeines Publikum, das eine Skulptur als 3D-Erscheinung bewundert. Die Erkenntnis, dass auch im technologischen und digitalen Bereich die Gefühle und die Imagination der Beteiligten angesprochen werden müssen, mag die Zukunft von Kunst und Tech langfristig mehr als gedacht bestimmen.
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