Kunst des 21. Jahrhunderts: Ausverkauft in New York: Christie's Auktion mit jüngster Kunst

Das „Untitled“ betitelte Gemälde schaffte es mit 1,2 Millionen Dollar unter die Top-Ten.
New York. Die Leitauktionen in New York sind diese Saison ungewöhnlich reich bestückt. Christie’s konnte am Dienstagabend mit einer der raren „White Glove“-Auktionen, mit einem Absatz von 100 Prozent, starten. Kein schlechtes Omen für die folgenden beiden Wochen.
Für Werke von Impressionismus bis in die Gegenwart zielen die drei großen Häuser Christie’s. Sotheby’s und Phillips auf Einnahmen von mindestens 1,6 Milliarden Dollar. Zwei hochdotierte legendäre Sammlungen - Impressionisten aus dem Nachlass des texanischen Öltycoons Edwin L. Cox, und zeitgenössische Blue Chip-Kunst aus dem Besitz des prominenten New Yorker Immobilienentwicklers Harry Macklowe, Opfer seines schmutzigen Scheidungskrieges, könnten allein 600 Millionen Dollar beitragen.
Dieser erste Auktionszyklus nach der Covidpause lässt auch wieder Marktteilnehmer in den Sälen zu, allerdings in stark begrenzter Zahl. Die üblichen Klagen über die schwierige Akquise traten in dieser Saison in den Hintergrund. Wie Bonnie Brennan, President of Christie’s Americas, erklärte, trat die während der Covidkrise gewaltig gestiegene Nachfrage Einlieferungen los. Und die treffen auf einen bisher ungesehenen Nachholbedarf und die Kauflust von Neueinsteigern in den Markt.
Christie’s Auktion „21st Century“ heizte am Dienstagabend die Stimmung an. Hier wurden vor allem jüngst produzierte, gern „ultra-contemporary“ genannte Werke angeboten. Sämtliche 40 Lose fanden zu 219,3 Millionen Dollar brutto am oberen Ende der Erwartungen Abnehmer, zehn Rekorde fielen.
Bereits im Mai war das Haus mit dieser Verpackungsidee um international gejagte Marktlieblinge – vor allem Kunst von Frauen und Schwarzen – erfolgreich. Und durfte dafür 210,5 Millionen Dollar einnehmen. Mitbewerber Sotheby’s zieht nach mit der ähnlich ausgestatteten Auktion „Now“ am 18. November.

Für die 24-stündige Videoschleife eines Schreitenden, die der Künstler künftig ferngesteuert aktualisieren will, waren 15 Millionen Dollar erwartet worden. Der Hammer fiel bei 25 Millionen Dollar, bewilligt von Ryan Zurrer aus Zug, Gründer eines auf alternative Anlagen spezialisierten Venture-Capital-Fonds.
Christie’s Auktion zementierte auch die über die letzten sechs Monate aufgebaute Position des Hauses als führender Anbieter von Topwerken der Kryptokunst. Der unter dem Pseudonym Beeple firmierende Digitalkünstler Mike Winkelmann, dem Christie’s im Frühjahr durch den sensationellen Zuschlag von 69 Millionen Dollar für eine digitale Collage zu Weltruhm verhalf, stellte hier sein neuestes Werk, die Videoskulptur „Human One“, zum Verkauf.
Die 24-stündige Videoschleife eines Schreitenden, die Beeple künftig ferngesteuert aktualisieren will, setzte Christie’s mit unveröffentlichten 15 Millionen Dollar an. Drei Bewerber begeisterten sich für das durch eine Fremdgarantie abgesicherte Werk, der Hammer fiel bei 25 Millionen Dollar, dem zweithöchsten Preis für ein NFT-Kunstwerk.
Die brutto geforderten 28,9 Millionen Dollar können auf Wunsch wieder in Kryptowährung beglichen werden. Schnell outete sich der siegreiche Onlinebieter über Twitter als Ryan Zurrer aus Zug, Gründer eines auf alternative Anlagen spezialisierten Venture-Capital-Fonds.
Star bei Christie’s am 9. November war jedoch wieder ein kapitales Gemälde von Jean-Michel Basquiat. Dessen Markt und Nachfrage explodieren laut Christie’s-Expertin Emily Kaplan unvermindert. Seine von Graffiti inspirierten Bilder haben weltweiten Appeal und inzwischen Bluechip-Status.
Christie’s Großformat mit dem rätselhaften Titel „The Guilt of Gold Teeth“ aus dem begehrten Jahr 1982 führte mit der Taxe von 40 bis 80 Millionen Dollar ein halbes Dutzend Basquiat-Arbeiten an, die allein in drei Abendauktionen um Aufmerksamkeit werben.

Erwartet wurde das starke Interesse für das studiofrische Pastell „Landscape“, das erst bei 3,3 Millionen Dollar zugeschlagen werden konnte (Ausschnitt).
Artnet News identifizierte den spanischen Musiker und Künstler José Maria Cano als Einlieferer des Basquiat-Werkes. Cano hatte das Bild im Jahr 1998 knapp unter der Schätzung zu 387.500 Dollar in New York ersteigert. Aber der Wettbewerb war bei Christie’s mau. Beim Zuschlag von 38 Millionen Dollar (40 Millionen brutto) fiel das Bild bereits an den Garantiegeber.
Die manchmal schwache Bietaktivität konnte den Erfolg des Abends nicht trüben. Im Vorfeld hatte Christie’s über die Hälfte des Angebots durch Garantien, überwiegend dritter Parteien, gesichert. Die harte, schweißtreibende Arbeit hatte also bereits vor der Auktion stattgefunden. „Das war unsere erste Liveauktion nach zwei Jahren der Unsicherheit. Wir waren uns nicht ganz sicher, was uns erwarten würde“, erklärte Alexander Rotter, Chairman des 20/21 Art Departments, die Strategie.

Zu den am heftigsten Umworbenen gehörten wieder Jungstars mit Potenzial. Für sie purzelten Rekorde. Ein französischer Telefonbieter belohnte den ersten Auktionsauftritt der in Paris lebenden chinesischen Malerin Xinyi Cheng mit 300.000 Dollar, dem Zehnfachen der Taxe.
Nicht überraschend dagegen liefen in Hongkong die Telefone für den in New York lebenden Schweizer Maler Nicolas Party heiß. Seine studiofrische Landschaft in Pastellkreiden war mit höchstens 500.000 Dollar dotiert, aber bei überaus starkem Interesse konnte Auktionatorin Gemma Sudlow den Wettkampf erst bei 1,4 Millionen Dollar eröffnen. Der Hammer fiel bei 3,3 Millionen Dollar und verdoppelte den erst im Oktober in Hongkong gesetzten Rekord.
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