1. Startseite
  2. Arts und Style
  3. Kunstmarkt
  4. Erstmals streamte das Traditionsunternehmen die Versteigerungen live

KunstauktionenGleich zehn Zuschläge über einer Million Franken

Das Berner Auktionshaus Kornfeld macht erstmals rund 75 Million Franken Umsatz. Das ist mit Abstand das beste Ergebnis im ganzen deutschsprachigen Raum.Susanne Schreiber 29.09.2021 - 15:50 Uhr Artikel anhören

Das Meisterwerk des farbigen Kubismus aus dem Jahr 1916 kostete am Ende 3,5 Millionen Schweizer Franken.

Foto: Kornfeld

Düsseldorf. Die Kornfeld-Auktionen vom 16. und 17. September 2021 waren in jeder Hinsicht etwas Besonderes. Ihr Angebot an Gemälden, Graphik und Skulptur war so hochkarätig und außergewöhnlich, dass das in Bern ansässige Versteigerungshaus gleich zwei Rekorde aufstellen konnte. Und das in einem irritierten Marktumfeld, in dem der Verkauf von Spitzenwerken gern für vermeintlich bessere Zeiten zurückgestellt wird.

Rekord Nummer Eins liegt im Umsatz von 72 Millionen Schweizer Franken inklusive Aufgeld, ohne Steuern, direkt nach den zweitägigen Versteigerungen. Bis Redaktionsschluss haben die Nachverkäufe diesen höchsten Umsatz in der 157-jährigen Geschichte des Hauses nochmals um rund drei weitere Million Franken erhöht. Damit schiebt sich das Schweizer Unternehmen im deutschsprachigen Raum an die Spitze. Und überholt auch den deutschen Spitzenreiter Ketterer Kunst.

Das Münchener Haus hatte für das erste Halbjahr einen Rekordumsatz von 44 Millionen Euro veröffentlicht, wird aber anders als Kornfeld im Dezember nochmals versteigern.

Kornfelds Rekord Nummer Zwei gilt der Sonderauktion „Marc Chagall“ mit 40 Papierarbeiten direkt aus dem Nachlass. Chagalls Enkelin Meret Meyer hatte dazu zusammen mit Auktionator Bernhard Bischoff einen aufwendig gestalteten Katalog herausgebracht.

Alle 40 Mischtechniken wurden deutlich über der Schätzung versteigert. Solch ein 100-Prozent-Absatz gelingt im Auktionsmarkt äußerst selten. Angelsachsen nennen das einen „White Glove“-Sale. Dass sein Haus mit einem seiner „Säulenheiligen“ die 100-Prozent-Marke erstmals erreichen konnte, mache den 98-jährigen Patron, den Auktionator, Verleger und Sammler Eberhard W. Kornfeld, glücklich, heißt es aus seinem Umfeld. Kommentare gibt der Doyen keine mehr ab.

Das mit Pastell überarbeitete Deckfarbenblatt „Bouquet au paysage d’hiver“ hatte Chagall im Winter 1971 in schweizerischen Gstaad gemalt. Geschätzt war der Blumenstrauß vor der Winterlandschaft auf 300.000 Franken. Online- und Saalbieter trieben dessen Preis unerbittlich nach oben. Der Hammer fiel erst bei 600.000 Franken. Brutto sind das mit Aufgeld 725.000 Franken für den Käufer.

Mehr als verdoppeln konnte sich auch die blau leuchtende Mischtechnik „Baie des Anges“ auf brutto 621.500 Franken. Chagall kombiniert darin den Blick von oben auf die Küstenlinie von Nizza mit einem Blumenstrauß und einer Frau, seinen Symbolen für Liebe und Glück.

Gleiches lässt sich von einer späten „Fete au village“ von Marc Chagall in der Hauptauktion sagen. Auch das Dorffest verdoppelte sich auf 1,8 Millionen Franken brutto. Dieses heitere Spätwerk sicherte sich Onlinebieter – das dürfte der höchste virtuelle Zuschlag im deutschsprachigen Raum sein.

Zum ersten Mal ließ Kornfeld seine Auktionen streamen. Allerdings war die Qualität der Live-Übertragung, was Akustik und Bildschärfe betrifft, der Bedeutung des Hauses noch nicht würdig. Doch der Nachfrage nach qualitätvoller Kunst tat das keinen Abbruch.

Zehn Werke kamen auf Bruttoverkaufssummen von je über einer Million Franken. Stattliche 120 Arbeiten wurden zu Preisen über 100.000 Franken weitergegeben. „Gekauft haben Sammlerinnen und Sammler aus Europa, den USA und Asien“, sagt Bernhard Bischoff dem Handelsblatt. „Die großen Stücke gingen allesamt in private Hände über“. Die vorgeschaltete reine Online -Auktion trug 590.000 Franken zum Ergebnis bei. Die Papierarbeiten von Chagall knapp 12 Millionen Franken.

An der Spitze der Top-Verkäufe steht ein zartes Aquarell von Paul Cézanne, „Pot à gingembre avec fruits et nappe“ aus Schweizer Privatbesitz. Das luftige Blatt ließ die Gebote von 950.000 auf 3 Millionen Franken schnellen. Brutto kostet es „einen wichtigen, internationalen Sammler in der Schweiz“ 3,5 Millionen Franken.

Die zarte Mischtechnik war lange in Familienbesitz. Das seltene Blatt wurde hoch gesteigert auf 3,5 Millionen Franken.

Foto: Kornfeld

Bei Robert Delaunays „Nature morte portugaise“ von 1916 stieg einer von vier Bewerbern erst bei 2,9 Millionen Franken ein. Letzterer konnte das Meisterwerk des farbigen Kubismus zum Hammerpreis von 3 Millionen oder 3,5 Millionen Franken brutto übernehmen. Die Pariser Galerie 1900-2000 hat übrigens auf der Art Basel das gleichnamige Aquarell angeboten.

Lebhaft ging es auch zu bei Alexej von Jawlenskys frühem Gemälde „Stillleben mit gelber und weißer Kanne“. Das dunkel getönte Werk in starken Primärfarben brachte schließlich 1,9 Millionen Franken ein.

Gauguins Monotypie „L‘ Angelus en Bretagne“ hingegen musste beim Aufruf von 800.000 mangels Interesse zurückgehen. Auch die Folge von hochtaxierten Degas-Radierungen zählt zu den wenigen Enttäuschungen der Auktionsserie.

Die Passagen mit exquisiten Werken deutscher Künstler stießen jedoch erwartungsgemäß auf engagierte Bieter. Paul Klees Sonder-Klasse-Aquarell „Transparent-perspectivisch“ von 1921 sicherte sich bei 955.000 Franken ein Käufer aus der Schweiz.

Von hinreißender Farb- und Strahlkraft waren drei Farb-Holzschnitte von Ernst Ludwig Kirchner, die sich Kenner in den USA und in Deutschland sicherten. Die schwefelgelb und orange hinterleuchtete „Kokotte auf der Tauentzienstraße vor der Gedächtniskirche“ war umkämpft und kam auf 342.000 Franken. Der in rot, violett und grün von Hand kolorierte „Verkauf des Schattens“ aus Adelbert von Chamissos wundersame Geschichte über den Verfolgungswahnsinnigen „Peter Schlemihl“ erlöste 183.000 Franken.

Die Bronzebüste wurde für knapp 2 Millionen Franken in neue Hände gegeben.

Foto: Kornfeld

In dem seltenen Folgeblatt der Schlemihl-Serie, „Die Geliebte“, stellt Kirchner seine Freundin Dodo als Akt dar. Gedruckt hat Kirchner auf Löschpapier von zwei Holzstöcken in sechs Farben. Deutlich über dem Schätzpreis geht der Monotypie-Holzschnitt für 207.400 Franken in neue Hände über.

Verwandte Themen Schweiz

Emil Noldes nahsichtiges Blumenbild „Mohn und Rosen“ kostet den Käufer 1.127.500 Franken. Das „Selbstbildnis en Face“ von Käthe Kollwitz, um 1904, vervielfachte seine Erwartung durch den amerikanischen Bieter auf 874.500 Franken – ein neuer internationaler Rekordpreis. Albrecht Dürers berühmter Kupferstich „Adam und Eva“ verfehlte mit 955.000 Franken nur knapp die Millionenschwelle.

Die hohe Nachfrage bei Kornfeld nach großer Kunst von bekannten Namen in gutem Zustand beweist: Auch in Krisenzeiten lassen sich Höchstpreise realisieren, wenn das Angebot stimmt.

Mehr: Kornfeld in Bern - Rare Meistergraphik zum Jubiläum

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt