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Kunstausstellung Wie Künstler im Exil scheitern oder sich erfolgreich neu entdecken können

Das Salzburger Museum der Moderne beleuchtet Leben und Wirken von Künstlern im Exil zwischen schmerzhaften Brüchen und erfolgreicher Neuorientierung.
22.08.2020 - 09:38 Uhr Kommentieren
Die Malerin hat den Emigranten Dr. Walter Lindenthal melancholisch mit erstarrtem Blick gemalt. Quelle: VG Bild-Kunst 2020/Matilda Thulin
Lotte Laserstein

Die Malerin hat den Emigranten Dr. Walter Lindenthal melancholisch mit erstarrtem Blick gemalt.

(Foto: VG Bild-Kunst 2020/Matilda Thulin)

Salzburg Flucht, Vertreibung, Emigration, Migration, Exodus, Exil: Es gibt viele Begriffe für eine der zentralen Erfahrungen der Moderne, die bis in die Gegenwart reicht. Bislang wurde das Phänomen jenseits von Statistiken noch kaum systematisch erforscht. Doch das Bewusstsein dafür wächst: Vergangene Woche wurde in Berlin der Siegerentwurf des internationalen Architekturwettbewerbs für den Bau eines Exilmuseums präsentiert. Schirmherrin der Stiftung, die das ambitionierte Projekt vorantreibt, ist Herta Müller. Die Literaturnobelpreisträgerin sieht das Exil im Nationalsozialismus als inhaltlichen Kern des Museums, das 2025 eröffnen soll.

Das Salzburger Museum der Moderne hingegen startete bereits 2017 eine Ausstellungsreihe, die sich dem Thema Exil mit unterschiedlichen Schwerpunkten nähert. Die die Reihe abschließende Schau heißt „Orte des Exils“. Bis 22. November untersucht sie am Beispiel von sechs Fällen über die ganze Welt verteilte Exilorte.

Stockholm, London, Schanghai, Zürich, Jerusalem und New York waren die teils sehnsüchtig angestrebten, teils aus purer Not gewählten Zielorte. Zu sehen sind in der luftig arrangierten Schau Kunstobjekte - die unmittelbar vor und während des Exils entstanden - und biografische Zeugnisse in Vitrinen. Knappe Wandtexte verdichten Details, doch die Schau entgeht der Gefahr, sich zu textlastig einer reinen Dokumentation zu nähern.

Besonders eindrucksvoll beschreibt die Ausstellung den Weg der jüdischen Malerin Lotte Laserstein. Sie war in Berlin äußerst erfolgreich, bevor sie sich gezwungen sah, 1937 ins schwedische Exil zu emigrieren. Die zwischenzeitlich vergessene Laserstein hat auch der Kunstmarkt wiederentdeckt. Das Museum am Mönchsberg zeigt ein markant selbstbewusstes, in erdigen Farben gehaltenes Selbstporträt von 1938, das noch nahtlos anknüpft an ihr kraftvolles Schaffen vor der Emigration.

Die Ahnung, was das Exil für die Betroffenen bedeutete, aber wird zur Gewissheit in ihrem Porträt des Rechtsanwalts Walter Lindenthal von 1941, der ihr engster Vertrauter in Schweden war: Laserstein zeigt ihn mit Mantel und Schal auf einem Stuhl sitzend vor einer kalkweißen Wand, in eine Decke gehüllt. Die Haltung ist starr, abwartend, über dem melancholischen Blick liegt ein eigenartiger Nebel. „Der Emigrant“ nennt Laserstein das Bild.

Als Porträtmalerin ist sie schnell auch in Schweden gefragt, aber die Auftraggeber verlangen Leichtigkeit und eine aufgehellte Farbpallette. Es entstehen souverän gemalte, sich heiter gebende Porträts, die aber seltsam leer wirken. Auch „Sommeridyll“, die Kopie eines großen Wandgemäldes, das als Auftragsarbeit für ein Ferienhaus entstand und eine schwedische Ideallandschaft mit jugendlichen Figuren zeigt, schwelgt im Sonnenlicht, und doch atmen die Figuren eine seltsame Melancholie und Edward Hopper’sche Steifheit, das ganze Werk hat etwas Kunsthandwerkliches.

Die Dichterin war auch Malerin. Vor dem Exil zeichnete sie Jerusalem, wie hier in
Else Lasker-Schüler

Die Dichterin war auch Malerin. Vor dem Exil zeichnete sie Jerusalem, wie hier in "Theben mit Jussuf" von 1923. Foto: Bettina Salomon

(Foto: MdM)

Die Dichterin Else Lasker-Schüler, die neuerdings auch wieder als bildende Künstlerin gewürdigt wird, emigrierte 1933 zuerst nach Zürich und 1939 nach Palästina, das lange Zeit ihr Sehnsuchtsort war.

Doch ihre schwärmerischen Erwartungen erfüllten sich nicht, sie sprach kein Hebräisch, Deutsch war in Palästina verboten. Die Ausstellung zeigt ihre eigenwilligen Zeichnungen, die vor der Emigration das Heilige Land noch märchenhaft verklärten. „Die verscheuchte Dichterin“ titelte sie dann eine in matten Farben gehaltene Kreidezeichnung von 1942.

Eine Erfolgsgeschichte dagegen dokumentiert die Ausstellung am Fall des Zeichners und Karikaturisten Walter Trier. Seit den 1920er-Jahren war er Erich Kästners Illustrator für „Emil und die Detektive“ oder „Pünktchen und Anton“. Trier ging ins Londoner Exil und konnte offensichtlich an seine früheren Erfolge anknüpfen. Für die in deutscher Sprache erscheinende Emigrantenzeitung „Die Zeitung“ schuf er freche Nazi-Karikaturen und gestaltete zwölf Jahre lang die Umschläge des Taschen-Magazins „Lilliput“.

Und der ebenfalls nach London aus dem Roten Wien emigrierte Wolf Suschitzky fand eigentlich erst im Exil seine Themen als sozialkritischer Dokumentarfilmer und Reportage- und Porträtfotograf. Der Wiener Designer und Design-Philosoph Victor Papanek, der bereits mit 16 in die USA emigrierte und unter anderem die Schrift mit dem sprechenden Titel „Nomadic Furniture“ publizierte, und die Filmemacherin Louise Kolm-Fleck, die es nach Schanghai verschlug, runden das Panorama ab.

In der globalisierten Welt ist das komplexe Thema Exil wieder auf der Agenda der Politik.

Mehr: Museen stoßen digitale Fenster auf

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