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Kunsthändler Yves Bouvier „Er führt einen weltweiten Krieg gegen mich“

Yves Bouvier hat für Dimitri Rybolowlew Kunst in Milliardenhöhe besorgt. Der Oligarch zieht vor Gericht, weil er verdeckte Provisionen bezahlt zu haben glaubt. Im Interview gibt Bouvier Einblick in sein Geschäftsmodell.
07.07.2016 - 20:35 Uhr Kommentieren
Kunsthändler, Spediteur und Freihafenbetreiber. Quelle: picture alliance/KEYSTONE
Yves Bouvier

Kunsthändler, Spediteur und Freihafenbetreiber.

(Foto: picture alliance/KEYSTONE)

Paris Seit Anfang 2015 tobt ein Justizkampf zwischen dem russisch-zypriotischen Oligarchen Dimitri Rybolowlew und dessen Schweizer Kunsthändler, Spediteur und Freihafen-Betreiber Yves Bouvier. Die dabei aufgedeckten Kunstmarkt-Praktiken erschüttern den Markt weltweit, da Bouvier eine Schlüsselfigur des internationalen High-End-Marktes ist. Zuvorkommend empfängt er erstmals ein deutschsprachiges Medium zu dieser Causa in seiner Pariser Wohnung in der Nähe des Élysée-Palastes. Traditionelles Mobiliar, einige Gemälde hängen vor Spiegel- und Tapetenwänden. Der nervöse, hochkonzentrierte Kunstmarkt-Stratege, im hellblauen Hemd und heller Hose, wird von seinem internationalen Anwalt Ron Soffer streng überwacht.

Herr Bouvier, wie laufen Ihre Geschäfte? Ihre Gegner greifen Sie an, der russische Oligarch Rybolowlew prozessiert gegen Sie. Leiden Ihre Aktivitäten darunter?
Bestimmte Presseorgane und mein Gegner haben alles getan, um meinem Ruf zu schaden, mit dem Ziel, mich k. o. zu schlagen. Sie haben versucht, die Zollfreihäfen, mich selber, meinen Namen und mein Privatleben reinzuziehen.

Wie erfolgreich waren die Versuche?

Am meisten hat mir die „Mareva“ in Singapur geschadet …

... eine Anordnung der Justizbehörden, mit der Ihr Vermögen weltweit eingefroren wurde …
Das hat meine Bankbeziehungen und meine Tätigkeit als Kunsthändler stark beeinträchtigt, ich habe einen enormen Umsatzeinbruch erlitten.
Rechtsanwalt Ron Soffer: Das höchste Gericht von Singapur hat festgestellt, dass „das Verfahren missbraucht wurde“ und von der gegnerischen Seite als „Instrument zur Unterdrückung“ eingesetzt wurde, um Yves Bouvier wirtschaftlich zu schaden. Das Gericht sagte – und das ist der Schlüsselsatz in der ganzen Affäre: „Herr Rybolowlew hat die Gemälde gekauft, die er wollte, zu den Preisen, die er selber verhandelt hat und die er zu zahlen bereit war.“
Bouvier: Der Transport von Kunstwerken und die Zollfreihäfen dagegen sind nicht negativ betroffen. Das Urteil in Singapur, das die Aufhebung der Mareva angeordnet hat, ist ein klares Signal für meine Gegner.

Fühlt sich übervorteilt Quelle: picture alliance/dpa
Der russische Oligarch und Kunstsammler Dimitri Rybolowlew.

Fühlt sich übervorteilt

(Foto: picture alliance/dpa)

Wie weit sind Sie denn in Luxemburg?
Der Zollfreihafen dort wurde erst vor anderthalb Jahren eröffnet, wir sind ungefähr bei sechzig Prozent.

Sie bauen bereits die nächsten Zollfreihäfen in China, warum und wo?
Ich entwickle die Projekte vor allem in Asien, da ich in Singapur wohne und sich die Märkte dort entwickeln. Wir prüfen zurzeit die Entstehung von Zollfreihäfen in Peking und Schanghai, auch in anderen Ländern, nicht nur in China. Die Voraussetzung ist aber, dass der gesetzliche Rahmen besteht, was nicht überall der Fall ist.

Sie wollten angeblich gemeinsam mit Dimitri Rybolowlew, dem Russen, der Sie angezeigt hat, in Monaco einen Zollfreihafen eröffnen.
Es war ein Projekt. Herr Rybolowlew und ich haben uns an die monegassische Regierung gewendet, aber dann wurde nichts daraus. Inzwischen haben die Monegassen einen Zollfreihafen gegründet, den sie selbst betreiben. Er entspricht den Regeln der französischen Zollbehörde, die weniger strikt ist als in Genf, wo der Zoll immer präsent ist. Die Zollbehörde verfügt über einen direkten Zugang zu einem Computer, jedes Objekt kann permanent nachverfolgt werden.

Sie wollen sagen, die Kontrollen in der Schweiz sind strikter als anderswo?
Weshalb kommen die Freihäfen in Genf, wo Natural Le Coultre Mieter ist, in die Medien? Weil man dort alles findet, was man sucht. Wie das Gemälde von Modigliani, „Der Mann, der sich auf einen Stock stützt“, das laut Presseangaben Herrn David Nahmad gehört. Das Gemälde war im Inventar der Zollbehörde eingetragen. Ein Beweis, dass das System funktioniert. In den Freihäfen von Singapur und Luxemburg gelten dieselben Regeln. Komischerweise ist das im Rest der Welt nicht der Fall, das sollte einem zu denken geben.

Sind Sie eigentlich mit Ihrem Business-Modell noch zufrieden? Sie sind Kunsthändler, Betreiber von Zollfreihäfen, Spediteur, Restaurator zugleich.
Zunächst zu den Freihäfen: Die sind heute Kompetenzzentren geworden. Die Transportkosten sind niedriger, weil mehrere Objekte gleichzeitig befördert werden, statt einzelne Fahrten zu machen. Dann sind Spezialisten hinzugekommen: Restauratoren, Rahmer, Fotografen. Das Kunstwerk muss nicht mehr zu jedem Experten befördert werden, das ist sicherer und auch für die Versicherungen günstiger. Es gibt andere Lager, die auch Zollfreilager sind, aber nicht diese Größeneffekte haben, die können wirtschaftlich nicht mithalten.

Sie haben viele weitere Aktivitäten, macht Sie das nicht angreifbar?
Um den Kunsttransport kümmere ich mich seit langer Zeit nicht mehr, ich habe keinen Zugang zu Codes, Schlüsseln oder IT-Systemen und dementsprechend keine Kenntnis des Inventars der Kunden.

Sie sind aber Eigentümer?
Meine Holdings sind Aktionäre der Immobilien- und Managementgesellschaften der Freihäfen, aber ich bin seit langem weder im Betrieb noch in den Freihäfen tätig. Ich entwickle neue Projekte, das interessiert mich, nicht die tägliche Geschäftsführung. Für das Management sind die Geschäftsführer verantwortlich. Was die Affäre Rybolowlew angeht: Kein einziges der 37 Bilder kam aus den Lagern von Natural Le Coultre. Es gibt also keinen Geheimnisverrat.

Sie haben uns den Katalog der Sammlung gezeigt, gibt es von dem nur ein Exemplar?
Joachim Pissarro hat drei Jahre an dem Katalog gearbeitet. Es handelt sich zurzeit noch um ein Arbeitsexemplar, das nur als Privatausgabe existiert. Ich habe mit vielen Kunsthändlern gearbeitet, die haben mir gerne diskret Gemälde verkauft, jetzt behaupten einige in den Medien, sie hätten nicht gewusst, dass ich mit Kunst handle. Und weil Sie von Interessenkonflikt sprechen ...

Wir haben das Wort nicht benutzt ...
Es gibt nämlich keinen. Außerdem haben Auktionshäuser wie Christie’s auch Lagerbetriebe. Meine Gesellschaft hat die ganze Sammlung Rybolowlew auf eigene Rechnung, auf eigene Kosten, von eigenen Konten erworben, nicht im Auftrag von Herrn Rybolowlew. Ich war immer Händler, kein Beauftragter.

Das ist der Kern des Konflikts? Er behauptet, Sie seien sein Agent gewesen und hätten ihn mit überzogenen Gebühren betrogen.
Das stimmt nicht. Es gab auch schriftliche Verträge und Rechnungen, in denen meine Gesellschaft eindeutig als Verkäufer genannt ist. Übrigens legen die Kaufverträge Genf als Gerichtsstand fest, nicht Singapur. Unabhängig von den Kaufverträgen stellte ich die Kosten für die Due Diligence sowie Verwaltungsgebühren separat in Rechnung.

Wie sind Sie erstmals mit Rybolowlew zusammengekommen?
Sein erster Kunstkauf hatte nichts mit mir zu tun. Das war ein Chagall-Gemälde, und er hat es ohne Echtheits-Gutachten angekauft. Er meinte, man hätte ihn betrogen. Daraufhin habe ich das Gutachten für ihn besorgen können.

Der Singapur Freeport wurde 2010 eröffnet, Sie arbeiteten aber seit 2003 mit Rybolowlew zusammen. Wo waren die Werke während der sieben Jahre gelagert?
Die Gemälde wurden an Herrn Rybolowlew in Genf geliefert. Irgendwann hat er als Eigentümer entschieden – wahrscheinlich aufgrund seines Scheidungsprozesses oder, wie er es selbst erklärt hat, um sich vor den russischen Behörden zu schützen – einen Teil nach Singapur zu verlagern.

Wie hoch ist die Spanne für Zwischenhändler?
Ich bin kein Zwischenhändler, aber generell liegt die Marge über zehn Prozent, bis zu 25 Prozent. Dazu werden den Zwischenhändlern alle Kosten erstattet. Der Eigentümer verkauft ein Gemälde für den Preis, den der Käufer zu zahlen bereit ist. Ein Zwischenhändler würde nie eigenständig kaufen und die Risiken selbst tragen. In Deutschland haben Sie den Fall Achenbach, der aber total anders liegt, denn der war Zwischenhändler.

„Es ist ein titanischer Kampf“
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