Marktreport: Das Wesen des Sammelns hat sich verändert

London. Der soeben veröffentlichte Report bildet einmal im Jahr die aktuellen Trends ab, indem er Sammler ab der Kategorie High Networth Individuals oder HNWIs nach ihren Sammelgewohnheiten befragt. Um zu dieser untersten Stufe der Reichen zu gehören (darüber gibt es noch Very und Ultra), muss man über ein Vermögen von mindestens einer Million US-Dollar verfügen (abzüglich Erstwohnsitz). 3100 von ihnen, die im Kunstmarkt aktiv sind, haben an der Umfrage teilgenommen, davon die Hälfte Frauen.
Obwohl immer noch rund 56 Prozent der gekauften Kunstwerke von Männern stammen, holen Künstlerinnen auf; 2018 lag ihr Anteil gerade einmal bei einem Drittel. Dabei scheinen weibliche Sammler offener zu sein als männliche: 55 Prozent der Frauen gaben an, häufig Werke ihnen bis dahin unbekannter Künstler zu kaufen, während Männer dies nur zu 44 Prozent tun. Auch jüngere Sammler kaufen eher Kunst von Frauen, während Angehörige der Boomer-Generation immer noch zu drei Vierteln männlich kaufen. Allerdings befinden sich die Sammler dieser Generation naturgemäß auf dem Rückzug, auch wenn ihre Kaufkraft immer noch die größte ist. Fast drei Viertel der Antwortenden gehören zur Generation der Millennials und der Generation Z, ein demografischer Wandel, der das Wesen des Sammelns grundlegend verändert.
Anders als vielfach befürchtet, scheint der Ausverkauf beim Vermögensübergang mittels Erbschaft nicht stattzufinden. Fast 90 Prozent der auf diese Art zu ihrem Vermögen gekommenen Angehörigen der Gen Z gaben an, ihre geerbten Kunstwerke zu behalten. Anderenfalls wäre eine ähnliche Kernschmelze bei Klassischer Moderne und Nachkriegskunst zu erwarten gewesen, wie sie beispielsweise Barockmöbel erlebt haben. Die einst von den Großeltern oder Eltern in der Nachkriegszeit als vermeintlich sichere Wertanlage gekauften Schränke etwa fanden spätestens ab den Nuller-Jahren wegen eines veränderten Einrichtungsstils bei Jüngeren nicht nur keine Nachfrage mehr, gleichzeitig wollten auch die Erben die massiven bis monumentalen Möbel oft möglichst schnell loswerden. Der Markt in diesem Segment brach in der Folge fast vollständig zusammen und hat sich seitdem nicht wieder erholt.
Davon ist die Bildende Kunst trotz Umsatzeinbußen in der Spitze des Marktes weit entfernt. Im Gegenteil: Laut des Berichts haben HNWIs im Verlauf des letzten Jahres den Anteil von Kunst in ihrer Vermögensverteilung von 15 auf 20 Prozent erhöht. Allerdings fasst der Report den Begriff „Kunst“ sehr weit. In seiner Definition fallen darunter neben den traditionellen Sparten der bildenden Kunst und der Antiquitäten auch „Collectibles“ von Uhren und Juwelen über Wein und Autos bis hin zu Handtaschen und Sneakern. Während Boomer erwartungsgemäß hauptsächlich klassisch sammeln, gewichten Angehörige der Gen Z Collectibles mit 56 Prozent und sammeln etwa fünfmal mehr Turnschuhe als ihre Vorgänger.
Die Kauflaune scheint auch regional unterschiedlich verteilt. Während in den USA und Großbritannien je 42 Prozent der Sammler im Verlauf des nächsten Jahres Kunstkäufe planen, sind Franzosen und Deutsche zu je nur rund einem Drittel kaufwillig, in der Schweiz sogar nur rund ein Viertel. Das ist insgesamt etwas weniger als im Jahr zuvor.
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