Ressler Kunst Auktionen: Debüt eines alten Hasen

Das neue Refugium von Otto Hans Ressler mit Arbeiten von Otto Piene, Arnulf Rainer und Franz West. Quelle: PhotoArtPro/Ressler
Wien. Der Bezirk Favoriten ist Wiens bevölkerungsreichster Stadtteil und ein traditionelles Arbeiterviertel mit hohem Ausländeranteil. Dennoch hat sich hier die Kunstszene längst etabliert. In der ehemaligen Brotfabrik, die 2009 an einen Immobilienentwickler verkauft wurde, siedelten sich im Laufe der Jahre der Galerist Ernst Hilger („BROTKunsthalle / Hilger NEXT), die Designexperten Lichterloh („Design Art Antiques) und Fotospezialist Peter Coeln („Galerie OstLicht“) an.
Seit Herbst vergangenen Jahres ist dort auch die Ressler Kunst Auktionen GmbH beheimatet, gegründet von Otto Hans Ressler, der sich Mitte 2013 nach 20 Jahren im Auktionshaus „im Kinsky“ in die Pension verabschiedet hatte. Zu den Geschäftspartnern des 65-Jährigen gehören neben Peter Coeln noch ein Immobilienentwickler und ein Finanzberater.
Moderate Schätzpreise
Am Abend des 2. März 2015 gab Ressler unter eigener „Firmenfahne“ im dicht befüllten Auktionsloft sein Versteigerungsdebüt. Der Anteil an Schaulustigen hielt sich in Grenzen. Gekommen waren nicht nur Vertreter der Konkurrenz, sondern vor allem Sammler, Galeristen und Kunstkäufer, die angesichts der teils sehr moderat angesetzten Rufpreise auf ein Schnäppchen hofften. Angeboten wurden Kunst der Klassischen Moderne und der Generation nach 1945, insgesamt rund 160 Positionen hauptsächlich österreichischer, aber auch deutscher, französischer oder amerikanischer Herkunft. Für den heimischen Kernbereich strebt Ressler mittelfristig nicht weniger als die Marktführerschaft hierzulande an.
Auktionsrekord für Hermann Nitsch
Mit einem Hammerpreis von 100.000 Euro (125.000 Euro mit Aufgeld und Folgerecht) für ein Schüttbild von Hermann Nitsch aus dem Jahr 1983 gelang der Start bravourös mit einem neuen Auktionsrekord für den Künstler; wiewohl er von einem der Geschäftspartner für dessen Privatsammlung bewilligt wurde.
Den gleichen Wert deponierte ein übers Telefon zugeschalteter amerikanischer Bieter für Cindy Shermans „Untitled film still #83“ (Edition 7/10). Er setzte sich gegen 13 Konkurrenten durch (Kaufpreis 125.000). Zum Vergleich: 2012 erzielte der Silbergelatine-Abzug Nummer 1/10 bei Sotheby’s in New York umgerechnet rund 116.000 Euro netto.

Aus dem Angebot der ersten Auktion von Otto Hans Ressler: Arbeiten von Otto Piene („Lovely Princess“, li.), Arnulf Rainer („Turm“, Mitte o. und „Übermalung“, Mitte u.) und Franz West (unbetitelte Arbeit, re.). Quelle: PhotoArtPro/Ressler
Ebenfalls nennenswert fielen die Gebote für die bunten, aus einer französischen Sammlung stammenden Kreationen von Niki de Saint Phalle aus: Die aus Polyester und Eisenkeramik gefertigte Männerfigur namens „Charly“ (1981/82, E.A. VII/VII) übernahm für 60.000 Euro (75.000 Euro Kaufpreis) ein belgischer Sammler. Ein Hund gleicher Machart kam dagegen für 26.000 Euro in einer österreichischen Sammlung unter. Die spannendste Ansteigerung bescherte 2014 verstorbene Zero-Künstler Otto Piene: Nicht weniger als 16 Telefonbieter buhlten um „Lovely Princess“ (1983), die bei 15.000 Euro ausgerufen wurde. Rasant steigerten die Verehrer bis auf 65.000 Euro (81.250 Euro). Für das aus dem Besitz des Leiters des Doerner Instituts München stammende Werk aus der berühmten Rauch- und Feuerbilder-Serie hatten deutsche Interessenten das Nachsehen. Es wurde von einem Schweizer Sammler übernommen.

Nachverkauf als Online-Auktion
Und während sich Galeristin Ursula Krinzinger Bruno Gironcolis Aluminiumskulptur Soax Lup (1969) für 32.500 Euro zur Aufstockung des Warenlagers aus dem Angebot fischte, zog Kollege Philipp Konzett vorerst unverrichteter Dinge von dannen. Die Arbeiten von Günther Brus hätten ihn interessiert, wurden jedoch vor der Auktion zurückgezogen. Für die Privatkollektion sicherte sich dagegen Waltraud Leopold, Schwiegertochter der 2010 verstorbenen Sammlerlegende, zwei Mischtechniken von Walter Pichler (5.625 bzw. 8.125 Euro); außerdem brachte sie Wander Bertonis Bronze „Liegende“ aus den 1960er Jahren für 31.250 Euro in ihren Besitz.
Die Verkaufsquote blieb mit rund 50 Prozent vorerst etwas unter den Erwartungen. Die anvisierte Million schaffte Otto Hans Ressler mit 1,3 (inkl. Aufgeld) dennoch. Die finale Bilanz steht noch aus: denn der Nachverkauf findet bis 24. März in Form einer Online-Auktion statt.





