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ResilienzWie Sie Entspannung und Erholung aktiv planen

Pausen zur Regeneration benötigt jeder Mensch. Sie lassen sich üben, auch ohne Meditation, ist unsere Kolumnistin überzeugt. Sie hat für das Handelsblatt eine Übung zum Hören aufgenommen.Patricia Thielemann 21.03.2025 - 13:44 Uhr Artikel anhören
Ruhe ist kein passives Ausruhen, schreibt Patricia Thielemann. Foto: Mirjam Knickriem, Getty Images

Wer viel beschäftigt ist, erntet gewöhnlich Respekt und Anerkennung. Ein prall gefüllter Terminkalender gilt als Sinnbild für Leistungsstärke, produktiv genutzte Wochenenden werden als Zeichen von Disziplin und Erfolg bewundert. Doch hinter diesem ausgeprägten Gestaltungswillen verbirgt sich eine tiefere Dimension: Er ist nicht bloß Ausdruck von Ehrgeiz oder Schaffenskraft, sondern vielmehr ein Weg, dem Leben Bedeutung zu verleihen. Wer sich aktiv einbringt, formt die Welt – und wer etwas erschafft, erlebt sich als wirksam.

Kritisch wird es erst, wenn eine überhöhte Daueranspruchshaltung sich derart verselbstständigt, dass sie keinen Raum mehr für Wahlfreiheit lässt – wenn wir uns gleich einem aufgezogenen Spielzeughasen immer weiter antreiben, bis die Batterie unweigerlich erschöpft ist. Beschäftigung verkommt dann zum reinen Selbstzweck.

Dieser Mechanismus ist mir nur allzu vertraut: Nach einem fordernden Arbeitstag hetze ich zum Supermarkt, um dann noch schnell ein thailändisches Curry für acht Freunde zu zaubern. Oder ich versuche mit meiner beginnenden Hüftarthrose, es meinen strotzenden Teenager-Söhnen beim Basketball zu zeigen – mit dem Resultat, dass ich dann drei Tage ein Bein nachziehe. Die Neigung, meine Grenzen zu überschreiten und meine Ressourcen bis zur Erschöpfung auszureizen, kann ich nicht leugnen.

Ich habe allerdings gelernt, dass es Grenzen gibt, die auch ich respektieren muss. Was mich vor größeren Übertreibungsschäden bewahrt hat, sind – neben Yoga und Meditation – vor allem echte Ruhepausen. Vielleicht kennen Sie das auch: Diese ständige Versuchung, immer noch eine Schippe draufzulegen, noch eine E-Mail zu beantworten, noch ein Projekt anzunehmen. Ohne bewusste Erholungsphasen werden Sie unweigerlich zum Getriebenen Ihres eigenen hohen Anspruchs.

Wichtig ist hierbei: Meditation und Erholungspausen sind nicht zwangsläufig dasselbe. Echte Erholung ist die Grundvoraussetzung, damit Meditation überhaupt ihre klärende Wirkung entfalten kann. Erst wenn der Körper ausgeruht ist, kann der Geist jene Klarheit erlangen, die uns wieder mit unserer inneren Quelle verbindet.

Ein paradoxes Phänomen unserer Zeit: Viele pilgern von Facharzt zu Facharzt, um ihre stressbedingten Beschwerden behandeln zu lassen, vernachlässigen jedoch konsequent die regelmäßigen Erholungsphasen, die ihr System so dringend benötigt. Natürlich kann keine Auszeit einen fortgeschrittenen Bandscheibenvorfall oder eine chronische Gastritis einfach wegzaubern.

Doch bewusste Regeneration sorgt für jene tiefe Beruhigung eines überreizten Systems, die den Boden für natürliche Heilungsprozesse bereitet. Sie aktiviert die Selbstheilungskräfte, die in unserem Organismus angelegt sind, aber unter permanenter Anspannung kaum wirksam werden können.

Im Hochleistungssport sind Regenerationsphasen selbstverständlich. Ein stark geforderter Körper braucht Erholung – das wird akzeptiert. Doch warum wird Regeneration in einem vollgepackten, von ständiger Reizüberflutung gepeitschten Leben leider oft vernachlässigt?

Ruhe ist kein passives Ausruhen. Sie ist ein aktiver Prozess der Wiederherstellung all dessen, was Tag für Tag in uns aufgezehrt wird: Ihr Körper braucht echten, tiefen Schlaf und Bewegung ohne Leistungsdruck. Ihr Geist benötigt Räume des Leerlaufs, in denen Sie nicht ständig funktionieren müssen.

Instrumentalisieren Sie nicht Ihr Leben

Das Wesentliche dabei ist, das Leben nicht gnadenlos zu instrumentalisieren, sondern durch Muße und bewusste Auszeiten für ein gesundes Gleichgewicht zu sorgen. Diese Pausen sollten nicht von vornherein auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet sein – es braucht vielmehr ergebnisoffene Freiräume, in denen Sie einfach sein dürfen.

Die Wissenschaft bestätigt unmissverständlich: Regeneration ist keine Schwäche, sondern ein biologisches Grundbedürfnis. Unser Organismus funktioniert in natürlichen Rhythmen – Anspannung und Entspannung, Aktivität und Ruhe. Ignorieren wir diese vitalen Zyklen, beginnt unser System unweigerlich zu rebellieren.

Es braucht Mut, sich dem Diktat der ständigen Verfügbarkeit zu entziehen. Die wahre Stärke liegt nicht im verbissenen Durchhalten, sondern in der Weisheit, die eigenen Grenzen zu respektieren und rechtzeitig aufzutanken. Gönnen Sie sich die Pausen, die Sie brauchen. Ihre Gesundheit und Ihre Lebensfreude werden es Ihnen vielfach zurückgeben.

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Um Ihnen den Einstieg in wirksame Entspannungsphasen zu erleichtern, finden Sie unter diesem Link eine 20-minütige geführte Entspannung, die ich speziell für Sie aufgenommen habe. Möge die kleine Auszeit Ihnen tiefe Ruhe und nachhaltige Regeneration schenken.

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