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Tribal ArtStammeskunst bringt Händlern Millionen ein

Großsammler sorgen dafür, dass der Markt für Tribal Art brummt. Doch so mancher potenzielle Käufer wird durch die Raubkunstdebatte verunsichert.Olga Grimm-Weissert 21.07.2018 - 10:54 Uhr Artikel anhören

Das aus Mexiko stammende Objekt rangiert unter den Spitzenzuschlägen von Christie’s Paris. Geboten wurden 391.500 Euro.

Foto: Christie's Images Ltd. 2018

Paris. Die formal reduzierte Bildsprache in der Kunst indigener Völker fasziniert das Auge der westlichen Künstler und Sammler. Nach wie vor geben sie hohe Summen für dieses Sammelgebiet aus. Das zeigen die Auktionsergebnisse im ersten Halbjahr und ein außergewöhnliches Geschenk an den französischen Staat.

Offiziell ist die Sammlung außereuropäischer Kunst, die der Financier Marc Ladreit de Lacharrière dem Pariser Musée du Quai Branly-Jacques Chirac (MQB) übergibt, mehr als 50 Millionen Euro wert. Seit 1945 sei dies „die bedeutendste Schenkung afrikanischer und ozeanischer Werke, was ihren Umfang und ihre Qualität betrifft“, teilt das MQB mit. Kühn vergleicht man de Lacharrières Gabe von 36 Werken mit der von Nelson A. Rockefeller an das Metropolitan Museum of Art, New York, im Jahr 1969.

Der 77-jährige Gründer der Finanzgruppe Fimalac (Financière Marc Lacharrière) und ehemalige Aktionär der Ratingagentur Fitch, der laut „Forbes“ auf Rang 19 der reichsten Franzosen steht, erwirbt seit 2005 unter anderem afrikanische und ozeanische Statuen und Kultobjekte. Das Gros seiner Schenkung ersteigerte die Händlerin Hélène Leloup für den Sammler bei Sotheby’s in Paris. Das stützte den Pariser Markt entscheidend.

Leloup verkaufte ihm auch einige Glanzstücke aus ihrem Lager. Der Gesamtwert der nachweislichen Auktionspreise liegt bei ca. acht Millionen Euro. Dazu kommen die unbekannten Beträge für die in Galerien getätigten Ankäufe.

Ein Problem mit Raubkunst

Die vom Museum kommunizierte Summe wurde vermutlich dem aktuellen Marktwert angepasst. Da der großzügige Spender nicht vom legal möglichen Steuerabzug profitiert, munkelt man in Frankreich, dass diese langfristig geplante Schenkung auch dazu dient, die vor einem Jahr erhobene Anklage gegen den Financier (der angeblich die Frau von Ex-Premierminister François Fillon königlich entlohnte), auszubalancieren.

Als der Multimilliardär im Vorjahr im MQB seine Sammlung ausstellte, befanden sich auch zwei königliche Edo-Bronzen aus Benin (Afrika) in seinem Besitz. Sie gehören nun dem Staat bzw. Museum. Benin verlangt jedoch die Rückgabe der geraubten Bronzen. Als unabänderliches staatliches Eigentum könnte ihre Präsenz für die Staatsdiener des MQB einen diplomatisch-juristischen Eiertanz bedeuten, weil sie in die Restitutionsdebatte eingebunden sind.

Dessen ungeachtet kauft de Lacharrière freudig weiter, wie man anlässlich der von den Versteigerern Binoche-Giquello organisierten Auktionen im Hôtel Drouot am 20./21. März konstatierte. Eine enge Mitarbeiterin des Mäzens ersteigerte präkolumbische, afrikanische und ozeanische Stücke, darunter für 226.380 Euro eine schlecht erhaltene Baoulé-Maske (Elfenbeinküste). Sie gehörte ursprünglich Nelson A. Rockefeller.

Das Duo Binoche-Giquello wartet noch mit getrennten Katalogen für die Kunst der indianischen, afrikanischen, ozeanischen und Eskimo-Völker auf. Ansonsten vereinen die Auktionshäuser neuerdings alle diese außereuropäischen Segmente. Vermutlich steht die Marktverknappung für Spitzenstücke dahinter. Man kann es auch ideologisch verbrämt interpretieren und daraus ein – endlich – postkoloniales Bewusstsein sehen, das von einer entsprechend revidierten Terminologie begleitet wird.

Das Objekt rangiert mit 2,9 Millionen Euro an der Preisspitze des Rankings von Christie's Paris.

Foto: Christie's Images Ltd. 2018

In diesem Sinne organisierte Christie’s am 10. April in Paris die Auktion „Kunst aus Afrika, Ozeanien und Amerika“ und erzielte ein Gesamtergebnis von 8 Millionen Euro. An der Spitze des Preisrankings rangierten eine Tabwa-Maske aus dem Kongo (2,9 Millionen Euro), gefolgt von einer Reliquar-Statue der Fang aus Gabun, die auf 2,6 Millionen Euro kam, und einer Teotihuacan-Maske aus Mexiko, für die 391.500 Euro bezahlt wurden.

Am 9. April bot Christie’s die präkolumbische Sammlung des belgischen Chemie-Nobelpreisträgers Ilya Prigogine an. Sie fuhr für 121 zugeschlagene von 147 katalogisierten Losen 1,99 Millionen Euro ein.

Sotheby’s New York versteigerte am 14. Mai unter dem Motto „A Shape of Beauty“ die außereuropäischen und archäologischen Skulpturen von Howard und Saretta Barnet für insgesamt 8,4 Millionen Dollar (umgerechnet ca. 7,1 Millionen Euro). Heinrich Schweizer, ein in New York ansässiger deutscher Händler, erwarb die mit ihrer kurvigen Muskulatur beeindruckende Fang-Mvaï-Ahnenstatue des „Meisters von Ntem“ für 3,5 Millionen Dollar.

„Ich hätte problemlos mehr geboten“, erklärte der Kenner. Eine kräftig bunte Schamanen-Maske aus Alaska kam auf 1,5 Millionen Dollar, während das Fragment einer Jade-Olmec-Maske (Mexiko) für 675.000 Dollar einen Interessenten fand.

Sotheby’s zweite Auktion des Tages erzielte für 159 verkaufte Lose (von 190 angebotenen) 3,4 Millionen Dollar. Der Höchstzuschlag von 375.000 Dollar galt einer Dogon-Tintam-Statue aus Mali mit den typisch hochgestreckten Armen.
Unter den Rückgängen befand sich eine Uli-Ahnenstatue (Neuirland), die Alfred Flechtheim 1926 in seiner Berliner Galerie ausgestellt hatte.

Erstaunlich schmal war dagegen die nur 13 Lose umfassende Offerte von Christie’s New York am 17. Mai. Die sechs zugeschlagenen Lose brachten 1,8 Millionen Dollar. Das einzige teure Los war und blieb eine Kota-Ahnen-Reliquarstatue (Gabun), für die 972.500 Dollar geboten wurde.

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Bonham’s rundete den Auktionsreigen am 22. Mai in Los Angeles mit zwei – finanziell bescheidenen – Sitzungen ab, wobei die besten Lose im Vorfeld in Paris zu sehen waren.

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Drei weitere Spezialauktionen folgten im Juni. Sotheby’s setzte 5,6 Millionen Euro um und punktete mit einem Fang-Kopf (aus Gabun) auf einem edlen Sockel von Kishizo Inagaki, dem Adelsprädikat afrikanischer Statuen. Bis 2001 befand er sich in der Spitzensammlung René Gaffé. Beide Qualitätszeichen waren einem Telefonbieter 2,6 Millionen Euro wert. Dabei hatte der New Yorker Einlieferer den Sockel übermalen lassen.

Bei Christie’s setzte die Afrika-Sammlung des Galeristenpaars Liliane und Michel Durand-Dessert 6,1 Millionen Euro um. Geschätzt waren 8 Millionen Euro. Die Kuriosa und 235 afrikanische und ozeanische Objekte umfassende Megasammlung von Michel und Catherine Andrault brachte im Auktionshaus Hôtel Drouot 1,4 Millionen Euro. Die auffallend hohen Rückgangsquoten dieser drei Auktionen indizieren vielleicht schon die Verunsicherung des Marktes durch die Restitutions-Debatte.

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