12 Stunden in Madrid: Spaniens heißeste Feuerstelle

Bei Nacht zeigt Madrid sich von einer seiner schönsten Seiten.
Madrid. Ein Aufenthalt in Spanien ist für viele Urlauber eine kulturfremde Auseinandersetzung mit Sangria, Strand und Sonnenbrand. Dabei sind besonders die Städte des südeuropäischen Landes ein buntes Mosaik aus Kunst, Historie und einer mitreißenden Mentalität. Wer sich in Spanien geschäftlich oder privat aufhalten darf, erlebt einen inspirierenden Mix aus belebender Leichtigkeit und fundierter Landescharakteristika.
Madrid ist eine Stadt, in der diese faszinierende Ambivalenz fest verwurzelt und deshalb unglaublich authentisch ist. Hier kann der Besucher mühelos entscheiden, ob er am unverlöschlichen Lagerfeuer sitzen bleibt und die Hitze der lodernden Flammen am eigenen Leibe spürt, oder sich in das schützende Zelt flüchtet und dort den Tönen vom Weiten lauscht. Der Parallelität zwischen der leidenschaftlichen Dynamik der spanischen Mentalität und der gleichzeitig statischen Liebe zu der eigenen Kulturgeschichte macht dieses einzigartige Erlebnis möglich.
Eine gute Nachricht für die Wissbegierigen: Während eines zwölfstündigen Aufenthalts in Madrid kann das Blatt von beiden Seiten betrachtet und vor allem selbst überschrieben werden. Denn während viele Klischees existente Gestalt gewinnen, formen sich schnell viele individuelle Bilder, die sich zu einem persönlichen Mosaik zusammenfügen. Um das Land mit diesem immateriellen Gewinn und zugleich ewigen Souvenir zu verlassen, sollten Sie in Madrid von all dem kosten, was Ihnen im Überfluss serviert wird: Kunst, Entspannung und Völlerei.
Bestreiten Sie Ihre Entdeckungstour am besten zu Fuß. Viele sehenswerte Spots sind so schnell erreichbar. Dabei werden Sie das gesellschaftliche und architektonische Flair en passent einatmen. Diese Sightseeing- Variante ist natürlich nichts für Bewegungsmuffel, die deshalb alternativ auf den Bus oder das durch Farben gut strukturierte U-Bahn-Netz umsteigen sollten. Kommen Sie besser nicht auf die Idee, ein Auto zu mieten. Das raubt Ihnen im Verkehr- und Parksystem die Lust auf entspannte Stunden und gleichzeitig das Vertrauen in die eigenen Fahrkünste. Die haben die Spanier nämlich neu definiert und möchten Ihnen das dort fehltransplantierte feurige Temperament eindrucksvoll präsentieren. Bei bestem Verständnis für die lähmende Schönheit der landestypischen Schätze – machen Sie Ihre Augen bitte nicht nur in den renommierten Museen, vor den imperialen Prachtbauten und beim Stochern in den wirren Tiefen einer reich bestückten Paella auf, sondern vor allem in den Straßen.
Zugegeben – diese Bitte grenzt schon fast an eine schwierige Bestandsprobe des eigenen Wahrnehmungsverhaltens, denn in diesen gibt es viel mehr zu sehen, als abenteuerliche Fahrmanöver und katastrophale Parkstrategien. Zum Beispiel die Spuren der unsichtbaren Tricks von Taschendieben, die leider in der ganzen Stadt ihre kriminellen Fähigkeiten trainieren. Ihr Übungsgelände umfasst vor allem öffentliche Verkehrssysteme, Rolltreppen und die oft überfüllten Einkaufs- und Partyszenerien. Seien Sie also unbedingt achtsam, damit Sie sich am Ende des Tages noch eine üppige Mahlzeit leisten könnten. Der kulinarische Genuss nationaler Spezialitäten zur späten Stunde ist wegen der Platzrarität zwar ein schwieriges Unterfangen, aber absolut unverzichtbar. Deswegen schon mal vorab die wichtige Information: Tagsüber unterwegs rasch naschen, am späten Abend ausgiebig schlemmen. Doch eins nach dem anderen und vor allem nach dem umfangreichen Sightseeing-Programm.

Für Fußball-Fans ist das wohl der Höhepunkt einer jeden Madrid-Reise: Das gigantische Real Madrid Stadion Santiago Bernabéu.

Auch in Sachen Bummeln und Shopping hat die spanische Hauptstadt einiges zu bieten.
Puerta del Sol ist das inoffizielle Zentrum Madrids, aber offiziell einer der bekanntesten und wichtigsten Plätze Madrids. Kurzum: Ein optimaler Startpunkt für eine Stadttour. Dafür sprechen die zentrale Lage, die große Uhr, die zum Jahreswechsel zwölf Mal schlägt und dazu zwölf Weintrauben gegessen werden und die Statue Oso y el Madroño, die einen großen Bären und einen Erdbeerbaum darstellt. Diese wird vor allem am Abend relevant, da sie den Platz als primäre Begegnungsstätte markiert und symbolisch die Partynacht einläutet. Doch dazu später mehr.
Von diesem Platz aus sollten Sie die Calle del Arenal in Richtung Westen entlang spazieren und in der parallel verlaufenden kleinen Sackgasse Pasadizo San Ginés die besten typischen Churros in der Chocolatería San Ginés verköstigen. Gestärkt (und im schlimmsten Fall mit einem Zuckerschock) kehren Sie auf die Calle del Arenal und Ihre eigentliche Marschroute zurück, bis sie nach ungefähr 600 Metern das königliche Teatro Real, Madrids prominentes Opernhaus, erreichen. Am Abend ist sein Besuch definitiv eine Überlegung wert, am Tag dient der Ort primär einer Orientierung. Denn von hier aus sind es nur noch fünf Minuten bis zu einer der imposantesten und schönsten Sehenswürdigkeit der Stadt: dem Palacio Real.
Bevor Fußballfans jetzt schon den Höhepunkt ihres Ausfluges sehen, gibt es eine kurze Nachhilfe-Lektion. Palacio Real ist nämlich nicht der Sitz des spanischen Fußballclubs, sondern der spanischen Monarchie. Zwar lebt die Königsfamilie mittlerweile in einem weniger prunkvollen Palast außerhalb der Stadt, doch nutzt sie das wunderschöne barocke Schloss in Madrids Innenstadt für offizielle Empfänge und bedeutende Zusammenkünfte. Und das ist auch gut so, da Sie somit einen Zugang zu vielen prächtigen Räumlichkeiten haben, die Ihnen sonst sicherlich verwehrt blieben. Sollten Sie sich für den umwerfenden Thronsaal, die Schlosskapelle, die gigantische Waffensammlung oder die Spiegelgalerie nicht interessieren, dann betrachten Sie zumindest am Ehrenhof die hellen hochbarocken Schlossfassaden und zahlreiche Zierelemente, beobachten Sie die zeremonielle Wachablösung der Guardia Real, werfen Sie einen Blick auf die Kathedrale La Almudena und besuchen Sie den malerischen Schlosspark.
Um gleich beim Thema und in der Natur zu bleiben, setzen wir den Spaziergang am Parque del Oeste nördlich des Palastes fort. Auf dem Weg dorthin passieren Sie die Plaza de España, unter den jungen Spaniern Botellón (span. „große Flasche“) genannt, auf der am Abend in lockerer Atmosphäre gegessen und primär exzessiv getrunken wird. Wenn Sie den Parque del Oeste erreichen, sehen Sie an seinem Ende in der Ferne den Palast und haben darüber hinaus weitreichenden Panoramablick auf Madrid. Nach diesem Ausflug ins Grüne begeben Sie sich am besten auf die Gran Vía. Der Name ist schlicht, aber Programm. Sie war Madrids wichtigste und größte Straße und strebt diesem ursprünglichen Ruf mit seinen vielen Geschäften, Kinos, Theatern, Restaurants und Verkehrsspuren noch heute nach. Mit Erfolg. Und wer bei der Vielzahl an Einkaufs- und Vergnügungsmöglichkeiten überfordert ist, findet seine Befriedigung höchstwahrscheinlich in dem bescheidenen Genuss architektonischer Ästhetik. Denn dieser Trakt ist für jeden Geschmack ein wahrer Augenschmaus, da er in jeglichen Formen modernen Fortschritt, globalen Kommerz und auf Hochglanz polierte Relikte aus vergangenen Zeiten vereint.

Madrid ist eine einzige Kunstsammlung, die gleich mehrere Kunstepochen in den verborgensten Ecken konserviert.

Bei Nacht werden Madrids Bars zum Anzugspunkt - so wie die angesagte Bar La Via Láctea.
Trotzdem werden die meisten Besucher den verlockenden Einladungen unzähliger Geschäfte kaum widerstehen können. Das liegt zum einen an den kundenfreundlichen Angeboten, zum anderen sicherlich auch an der erschlagenden Vielfalt. Denn die spanische Modeszene hat viel mehr zu bieten, als ihre nationalen Vorzeigeunternehmen Zara, Mango oder Desigual. Ob es sich wirklich lohnt, seine kostbare Zeit in den vollen Geschäften und überströmten Einkaufsmeilen zu verbringen, ist eine Frage der eigenen Sightseeing-Definition. Und vielleicht noch der Reisekasse. Wer aber glaubt, bei der Missachtung der empfohlenen Shopping-Spots wesentliche Sehenswürdigkeiten zu verpassen, sollte zumindest sehr selektiv vorgehen. Für Bücher, Antiquitäten oder modisches Allerlei lohnen sich die bunten Märkte, die Wochenends an vielen Orten in Madrid für alle Besucher zugänglich sind. Dazu zählen vor allem der traditionelle Dorfjahrmarkt im Retiro Park und der riesige El Rastro-Markt in der Nähe der Plaza Mayor, wo in mehreren Straßen und zwischen kleinen Imbiss-Ständen das unterschiedlichste Zeugs verkauft wird. Bei allen Märkten sei natürlich größte Vorsicht geboten: Taschendiebe besuchen sie auch – allerdings beruflich, nicht privat.
Wenn vielleicht nicht unbedingt sicherer, aber ein wenig übersichtlicherer geht es in den typischen Einkaufsstraßen um Puerta del Sol herum zu, wobei besonders zwei Straßen erwähnt werden sollten: Calle de Hortaleza und Calle de Fuencarral. Letztere ist wegen ihrer weniger touristischen Relevanz ein alternatives aber nicht weniger attraktives Ausflugsziel mit vielen Geschäften, Cafés und Restaurants. Bevor Sie beim Shoppen Ihr Konto leeren, sollten Sie zumindest Ihren leeren Magen füllen. In der Cervecería 100 Montaditos in der Calle de Fuencarral können Sie sich 100 verschiedene Brötchen zusammenstellen lassen und dazu ein Bierchen (unbedingt notieren: una cerveza) trinken. Meist ist das Lokal überlaufen, aber eine schöne Option, Tapas mal anders zu essen. Wer sich aber auch beim Anblick von Kleidung und aufgedonnerten Fensterpuppen satt sehen kann, wird diese Straße auch ohne ihre Snack-Verführungen lieben. Denn hier gibt es alles, was es überall in der Welt auch gibt – aber immerhin für wenig Geld. Wer hingegen teure High Fashion sucht, sollte in den kleinen Boutiquen im Szeneviertel Salamanca stöbern oder sich ab der Plaza de Colón mit offenen Augen gen Osten bewegen.

Karneval in Madrid, für den auch die große Hauptkreuzung Plaza de Cibeles gesperrt wird.
Haben Sie den kostspieligen Programmpunkt übersprungen und sind dem Straßenverlauf der Gran Vía unbeirrt und ohne neue Einkaufstüten gefolgt, stehen Sie nach geraumer Zeit an der herrlichen Plaza de Cibeles. Diesen Platz kennen viele von Postkarten, die meisten aber von den berühmten Triumphfeiern Real Madrids. Auch Sie werden mit Sicherheit den dominanten Brunnen mit der griechischen Göttin Kybele in der Platzmitte ablichten und vielleicht Ihren eigenen Siegeszug durch Madrid in stolzen Foto-Posen zelebrieren. Immerhin haben Sie bereit einen beachtlichen Fußmarsch hingelegt.
Er ist an dieser Stelle jedoch noch nicht beendet. Setzen Sie ihn in Richtung des Parque del Buen Retiro fort, den Sie allein wegen des romantischen Ambientes aufsuchen sollten. Auf dem kleinen See schippern Verliebte in ulkigen Bötchen umher, ringsum von idyllisch speisenden Bilderbuch-Familien, niedlichen Entengrüppchen und hechelnden Touristen umgeben. Denn hier entspannt man sich zu nahezu jeder Jahreszeit am Besten. Im Winter heißt es dick einpacken, einen zuvor gekauften Snack auspacken und vor der Kulisse eines belebten, aber immer noch sehr schönen Parks mit vielen ruhigen Ecken relaxen. Das ist Wellness und Natur in Einem pur.
Wenn Sie den Park entlang des Wassers und vorbei am gläsernen Palacio de Cristal durchqueren und im Süden verlassen, steuern Sie auf den Atocha Bahnhof zu. Berühmt geworden ist dieser schöne Kopfbahnhof durch die Zuganschläge am 11. März 2004, obwohl er sich schon längst wegen seines ungewöhnlichen tropischen Interieurs in unseren Köpfen eingeprägt haben sollte. Unter dem gewölbten Glasdach sind zahlreiche Pflanzen beheimatet, die inmitten einer Wasserlandschaft und zwischen kleinen Schildkröten den Aufenthalt zu einem exotischen Kurztrip machen. Überwältigend. Kommen Sie aber nicht auf die Idee, in einen der Fernzüge zu steigen, wenn Sie noch nicht eines der renommierten Madrider Museen von innen gesehen haben.
Madrid ist eine einzige Kunstsammlung, die gleich mehrere Kunstepochen in den verborgensten Ecken konserviert. Wem das prachtvolle Stadtbild nicht genügt und ihm stattdessen eine strenge und weltweit einzigartige Konzentration globaler Kunst vorschwebt, muss drei Orte aufsuchen: Museo del Prado, Museo de Arte Thyssen-Bornemisza und das Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía. Und wie es der Zufall so will: alle Drei liegen in der Nähe des zuvor besuchten Bahnhofs. Direkt quer gegenüber liegt das Museum Reina Sofía, nur ein paar Schritte weiter auf dem Paseo del Prado gen Norden das Paseo del Prado und gegenüber das Thyssen-Bornemisza. Jedes der drei Häuser beherbergt fulminante Sammlungen mit den besten Reputationen auf internationalem Kunstparkett: Prado zeigt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen Schöner Künste großer Namen wie Francisco de Goya, Peter Paul Rubens oder Rembrandt, Reina Sofia hat sich mit seinem Museum, der Pinakothek und einer Bibliothek der modernen spanischen Kunst verschrieben, Thyssen-Bornemisza zeigt eine umfangreiche Dokumentation alle Kunstepochen der europäischen Geschichte. Wenn Zeit und Lust aber nicht allzu lange Warteschlangen sind, dann sei insbesondere das Prado empfohlen. Hier müssen Sie allerdings vor allem Wochenends mit den furchteinflößendsten Menschenmassen rechnen.
Wenn die Neugier Sie allerdings von den stillen Hallen weg- und in die laute Stadt hinauszieht, sollten Sie der Straße weiter in nördliche Richtung folgen, bis Sie wieder an der Plaza de Cibeles stehen. Hier können Sie entweder wieder zum Shoppingwahnsinn in die Gran Via, oder aber in die Calle de Alcalá, sich bei der Gabelung am Metropolis-Gebäude links halten, den zentralen Puerta del Sol überqueren und in wenigen Minuten erneut auf der Plaza Mayor stehen. Dort angekommen können Sie sich sicher sein, dass Sie in den vergangenen Stunden die schönsten und bedeutendsten Fleckchen von Madrid auf einer Kreislinie aufgefädelt und sorgfältig begutachtet haben. Jetzt fehlt nur noch ein wesentlicher Programmpunkt: das Nachtleben.
Wenn die spanische Sonne untergeht, gehen die Herzen der Spanier auf. Im Nachtleben findet sich eine mögliche Erklärung für die berühmte Siesta-Kultur des temperamentvollen Volkes. Denken wir einen Moment gemeinsam nach: Wie könnten die Spanier die Nächte zum Tag machen, wenn sie in der langen Mittagspause von 14 bis 17 Uhr ihre Energiequellen nicht aufladen könnten? Oder gibt es die Siestas nur, damit die Nächte problemlos überstanden werden können? Wie auch immer – in Madrid steppt der Bär zur späten Stunde. Und der steht, wie wir bereits bei unserer Tagestour entdeckt haben, in wahrer Gestalt an der Plaza del Sol und ist der bevorzugte Treffpunkt gegen 22 Uhr. Hat man sich hier zwischen anderen Wartenden gefunden, stärkt man sich mit einem Tapas-Abendmahl in einem der vielen Lokale in und um die Plaza Santa Ana und tänzelt dann von Kneipe zu Kneipe.
Oder man spaziert erhobenen Hauptes in die Rooftop-Bar The Penthouse im alten Hotel Reina Victoria an der Plaza Santa Ana. Hier haben Sie die Wahl zwischen edlen Tropfen und teuren Cocktails, zwischen horizontaler Liegeposition auf der Terrasse unter dem Sternenhimmel und der (hoffentlich noch) senkrechten Haltung an der Indoor-Bar, zwischen einer atemberaubenden Aussicht über Madrid und der Observation des regen Miteinanders von Toreros, Prominenten und Touristen. The Penthouse ist kein Geheimtipp mehr, aber überaus empfehlenswert.
Das ist auch das genaue Gegenteil: Die Rockbar La Via Láctea, auch Milkyway genannt, in der Calle Velarde 18 in der Nähe des Platzes Santa Ana. Von feiner Gesellschaft und einer schönen Aussicht kann keine Rede sein, da sich die dunklen Räume und die kunterbunten Menschengruppen im Keller des Gebäudes befinden. Es gibt trotzdem jede Menge zu sehen, da die Wände mit bunten Postern überdeckt sind und auf den Bildschirmen skurrile Filme aus alten Zeiten laufen. Man kennt und man liebt sie, diese verruchte Bar, weswegen der Einlass besonders am Wochenende durch lange Wartezeiten verzögert werden kann. Wer aber einmal drin ist, kann sich auf eine wilde Partynacht einstellen, die nicht unbedingt hier enden muss. Denn von hier aus ist es nicht weit zu anderen Bars und Clubs, die noch bis spät in die Nacht Passanten und Stammgäste zum Feiern animieren. Notieren Sie folgende Namen, wenn Sie sich nicht auf Ihre Instinkte verlassen möchten: Los Gabrieles, Café de Chinitas, Café Central, Alegoría.
Zur Karnevalszeit, also zwischen Ende Januar und Mitte Februar, werden die größten Straßen gesperrt, um phantasievollen Karnevalsumzügen Platz zu machen. Wem sich nun gewohnte Bilder aus unseren rheinischen Karnevalsstädten vor den Augen abspielen, sei eine andere Szenerie vorgestellt: Nüchterne Menschen in den ideenreichsten Kostümen aus Politik, Bildung, Kunst und vielen weiteren aktuellen gesellschaftlichen Themenfeldern ziehen durch die Stadt und feiern, ganz anders als bei uns, ein friedliches und harmonisches Fest. In dessen Mittelpunkt stehen übrigens die aufwendigsten Wagen von den städtischen Museen und anderen kulturellen Institutionen. Während dieser spanischen fünften Jahreszeit finden neben den traditionellen Umzügen viele Maskenbälle und kulturelle Off-Side-Veranstaltungen statt, die alle letztlich mit dem absoluten Event- Höhepunkt besiegelt werden: Dem Begräbnis der Sardine in der Kirche von San Antonio de la Florida an der Plaza Mayor.
Mitte Februar beginnt in Madrid außerdem das Flamenco-Festival. Womit wir dann bei den anfangs erwähnten feurigen Frauen wären, die mit ihren kontrollierten Bewegungen und in heißen Outfits selbstbewusste Männer zu Stieren machen. So oder so ähnlich kann man sich zumindest die volkstypischen Tanzshows vorstellen, die auf verschiedenen Bühnen in der Stadt aufgeführt werden. Wem der Februar nicht in die Urlaubsplanung passt, kommt auch zu jeder anderen Reisezeit in den Genuss einer wilden Tanzerei, die man in Spanien ohnehin mal erlebt haben muss. Denn wir sollten die von Madrid gebotenen Schönen Künste nicht nur auf die Bildenden beschränken, sondern auch unbedingt auf die Darstellenden ausdehnen. Ein ganz tolles Programm bietet das Tanz-Ensemble in der Oper des Teatro Real. Intimer geht es hingegen in den vornehmen Tablaos bei teuren Speisen und Getränken zu (zum Beispiel im bereits oben aufgeführten Café de Chinitas in der Nähe der Plaza Mayor), zusätzlich spontaner in kleinen angesagten Bars, wie dem Cardamomo in der Calle de Echegaray (Insider!).
Selbst radikale Kunstfeinde oder leidenschaftliche Sportsfreunde müssen ihren Frust über Spaniens kulturelle Hochburg nicht beim Bier-Kampftrinken in einer dreckigen Sportkneipe ertränken. Wobei auch das in Madrid kein Problem und ebenso kein seltenes Phänomen wäre. Doch diese Stadt hat zwei weltberühmte Stadien, die in ihrer moralischen Position und sportlicher Funktion nicht unterschiedlicher sein könnten: Die Stierkampfarena Las Ventas im Stadtviertel Salamanca und das Fußballstadion Estadio Santiago Bernabéu in Charmantin. Auch wenn auf ihren beiden Plätzen zwei gegnerische Parteien mit Blut und Schweiß um den Sieg kämpfen, geht es zumindest für die Fußballer für gewöhnlich glimpflich aus. Für Stiere und manchmal sogar Toreros allerdings oft tödlich. Wer sich das noch heute in Spanien hoch verehrte und kunstvoll inszenierte Massaker in hübscher Gestalt in der zweitgrößten Stierkampfarena der Welt live anschauen möchte, hat von Mai bis Oktober die Möglichkeit dazu. Über eines sollte man sich als Erstbesucher allerdings im Vorfeld im Klaren sein: Der Stierkampf ist nichts für schwache, tierliebe oder noch kindliche Nerven. Doch auch bei einer Besichtigungstour durch die Katakomben und Zuschauerreihen des legendären Real Madrid-Stadions Bernabéu könnten diese bei eingefleischten Fußballfans blank liegen. Tödliche Infarkte sind allerdings nicht bekannt. In dem Sinne: Nur Mut, Madrids Glut tut allen gut.






