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Kolumne: Zeit ist GeldUhren-Klassiker als Geldanlage

Uhrenexperte Gisbert L. Brunner stellt zwölf berühmte Modelle vor, die teils sogar an Wert zulegen – in Teil 1 von Audemars Piguet bis Heuer.Gisbert L. Brunner 09.10.2020 - 14:17 Uhr Artikel anhören

Der Chronograph entwickelte sich zum Trendsetter für Luxus-Sportuhren.

Foto: Audemars Piguet

Heute en vogue, morgen gerade noch akzeptabel und übermorgen schon unmodern: In unserer schnelllebigen Zeit gilt diese Regel für viele Produkte. Bedauerlicherweise möchte man sagen. Aber Trends und Zeitgeist verlangen förmlich nach jenem Wandel, welcher der Zeit, dem kostbarsten Gut der Menschheit, grundsätzlich zu eigen ist. Ebenjener Wandel hält Wirtschaft und Produktionsmaschinerie am Laufen.

Bei dieser Gelegenheit fällt einem vielleicht auch Søren Kierkegaard ein. Vor 150 Jahren konstatierte der Philosoph, dass rasch Witwer wird, wer sich mit dem Zeitgeist vermählt. Und damit liegt der Däne bis heute nicht falsch. Beim Betrachten der aktuellen Uhrenszene entdeckt man unschwer zahlreiche Kreationen, denen schon bei ihrer Geburt die Vergänglichkeit anzusehen ist. Übermäßig exaltierte Optik und ein elektronisches Innenleben taugen eher nicht für ausdauernde Freundschaft am Handgelenk.

Ganz anders gestalten sich die Dinge bei echten Klassikern. Per definitionem handelt es sich dabei um „mustergültige Produkte ersten Ranges, Resultate herausragender literarischer, künstlerischer oder wissenschaftlicher Leistungen schöpferischer Menschen, welche die Merkmale einer ausgereiften Meisterschaft in sich tragen“.

Naturgemäß groß ist die Bandbreite dessen, was sich unter diesen Terminus subsumieren lässt. Außerdem ist die Zuerkennung des häufig missbrauchten Attributs nur begrenzt objektivierbar. An echten Klassikern sieht man sich auf jeden Fall nicht satt. Und sie werden wohl niemals gänzlich unmodern. Nie aus den Augen verlieren darf man freilich auch den persönlichen Geschmack. Über ihn lässt sich selbst im dritten Jahrtausend immer noch nicht streiten.

Bei der Suche nach wahren Klassikern hilft unter anderem ein Blick aufs Geburtsdatum. Armbanduhren, die sich seit Jahrzehnten erfolgreich am Markt behaupten, besitzen einerseits eine offenbar bemerkenswerte Ausstrahlung und zum anderen definitiv auch das Flair des Besonderen. Wer nachhaltig, sprich: in die Zukunft denkt, entscheidet sich ohne Wenn und Aber für überlieferte Mechanik. Nur sie lässt sich auch nach Jahren reparieren und eignet sich deshalb zum Vererben an die nächste und übernächste Generation.

Gisbert L. Brunner ist Experte für kostbare Uhren.

Foto: Privat, Patek Phillippe

Darüber hinaus spielt die Marke eine nicht zu unterschätzende Rolle. Hier liegt der Vergleich mit einem Investment in Immobilien nahe. Experten messen der Lage, der Lage und nichts als der Lage eine überragende Bedeutung zu. An chronometrischen Traditionsunternehmen nagt nämlich in aller Regel kein Zahn der Zeit.

Verglichen mit Aktien liefern Armbanduhren auch keine Dividenden. Zumindest keine in barer Münze. Aber der Wert täglicher Freude über eine augenfällige Begleiterin am Handgelenk ist auch nicht zu unterschätzen. Daher rechnen sich auch größere Anschaffungskosten, denn im Laufe der Jahre oder Jahrzehnte winkt durchaus ein Return on Investment.

Auf Gewinnexplosionen sollte man auch beim Erwerb von Klassikern grundsätzlich nicht setzen. Armbanduhren wie beispielsweise die Royal Oak von Audemars Piguet, die Patek Philippe Nautilus oder die Rolex Daytona sind keine guten Beispiele. Normalsterbliche kommen nur schwerlich in den Genuss dieser Modelle zu jenem offiziellen Ladenpreis, der beim unverzüglichen Wiederverkauf eine satte Marge verspricht.

Hinreichend Geduldige können und dürfen sich jedoch auch bei ganz Normalem über merklichen Wertzuwachs freuen. Er resultiert unter anderem aus regelmäßigen Preissteigerungen unter anderem durch Inflation, Lohnzuwächse, gestiegene Materialkosten, Optimierungen oder veränderte Währungsparitäten. In diesem Sinne haben sich die Preise auch in der Uhrenindustrie in den vergangenen 25 Jahren mehr als verdoppelt.

Die Royal Oak von Audemars Piguet (*1972)

Der Chronograph entwickelte sich zum Trendsetter für Luxus-Sportuhren.

Foto: Audemars Piguet

1972 war das Feixen der Mitbewerber weder zu überhören noch zu übersehen. Während der Basler Uhrenmesse wartete Audemars Piguet mit einer sportlich-eleganten Stahl-Armbanduhr im Bullaugen-Design auf, die mehr kostete als massivgoldene Lederband-Modelle dieser Marke. Für das Design zeichnete der begnadete Produktgestalter Gérald Genta verantwortlich. Das hämische Lachen verging den Konkurrenten aber bald.

Die augenfällige Royal Oak, ausgestattet mit dem ultraflachen, von LeCoultre zugelieferten Automatikkaliber 2121, entwickelte sich nicht nur zum Trendsetter für Luxus-Sportuhren, sondern auch zum weltbekannten Leader der Familienmanufaktur aus dem Vallée de Joux. Daran hat sich bis in die Gegenwart nichts geändert. Schätzungsweise erlöst Audemars Piguet mehr als 80 Prozent seines Umsatzes mit der klassischen Royal Oak in Edelstahl und ihren zahlreichen Derivaten.

Somit kann diese Armbanduhr fast schon als Synonym für Audemars Piguet gelten. Puristen schätzen die sogenannte Jumbo mit dem nur 3,05 Millimeter hoch bauenden Automatikwerk, welches die Manufaktur nach gründlicher Überarbeitung nun unter dem eigenen Dach fertigt. 1996 schlug das 36-Millimeter-Modell umgerechnet mit rund 7400 Euro zu Buche. Das aktuelle Investment für die inzwischen auf 39 Millimeter Durchmesser gewachsene Extra-Thin-Ikone, Referenz 15202ST: etwa 26.800 Euro. Sofern man auf normalem Wege überhaupt eine bekommt. Am Parallelmarkt wird nämlich deutlich mehr dafür verlangt.

Fazit: Unsterblicher Leader der Audemars-Piguet-Kollektion und diskreter Luxus in Edelstahl.

Der Navitimer von Breitling (*1952)

Die Funktionalität und damit auch die Optik sind geblieben.

Foto: Breitling

Derart oft falsch ausgesprochen wird wohl kein anderer Name eines Uhrenmodells. Das Kunstwort leitet sich ab von Navigation und Zeitnahme. Mit Navy hat es folglich nicht das Geringste zu tun. Übrigens hatte der einschlägig erfahrene Spezialist die Produktion des innovativen Flieger-Chronographen schon 1952 aufgenommen. Im Vor-Computer-Zeitalter half das mit einem Handaufzugswerk und damals ausgesprochen praktischer Rechenscheibe ausgestattete Instrument beispielsweise Piloten unter anderem bei der Ermittlung von Reichweiten unter Berücksichtigung des verfügbaren Kraftstoffs sowie der Wetterbedingungen oder bei der Umrechnung von Meilen in Kilometer und umgekehrt.

Im Laufe der Jahrzehnte erlebte dieser Klassiker zahlreiche technische Metamorphosen. Die Funktionalität und damit auch die Optik sind geblieben. Obwohl heutzutage niemand mehr einen Rechenschieber braucht, resultiert daraus jener Wiedererkennungswert, welcher diese Armbanduhr weiterhin erstrebenswert macht.

Vor rund 25 Jahren gab es den stählernen, 38 Millimeter großen Navitimer ’92 mit Eta-2824-Automatik und Chronographen-Modul von Kelek für rund 2430 Euro. Im aktuellen Nicht-Manufaktur-Navitimer tickt das Automatikkaliber Valjoux 7750 oder das SW 500 genannte Pendant von Sellita. Erkennbar an den senkrecht angeordneten Totalisatoren und dem Fensterdatum bei „3“. Der Preis liegt bei rund 5800 Euro.

Fazit: Der zeitschreibende Klassiker von Breitling schlechthin. Extrem hoher Wiedererkennungswert. Wird trotz seines betagten Rechenschiebers vermutlich niemals unmodern.

Der Regulateur von Chronoswiss (*1988)

Ein Muss für Liebhaber des überlieferten Regulator-Looks.

Foto: Chronoswiss

Präzise Regulatoren, welche in Observatorien und Uhrenfabriken für die Bewahrung der genauen Zeit sorgten, inspirierten Gerd-Rüdiger Lang, den inzwischen im Ruhestand weilenden Chronoswiss-Gründer zur Kreation des Regulateur. Weil es bei diesen Pendeluhren primär auf die Sekunde ankam, verfügten sie über ein so genanntes Dreikreis-Zifferblatt. Folglich konnte der exzentrisch positionierte Stundenzeiger das ebenfalls außermittig angeordnete Pendant für die Sekunden nicht überdecken.

Die limitierte und deshalb von Sammlern besonders gesuchte Erst-Edition von 1988 verfügte über ein nicht mehr produziertes Handaufzugswerk. Im 1990 lancierten „Regulateur Automatique“ mit 38-Millimeter-Stahlgehäuse tickte das exklusive, auf einem alten Enicar-Kaliber basierende C.122. Dafür wurden vor 20 Jahren umgerechnet 1.700 Euro fällig. Seit 2013 heißt dieser Edelstahl-Zeitmesser mit nunmehr 40 Millimetern Durchmesser „Regulator Manufacture“. Zu haben ist die Referenz CH-1243.1 mit massivem Sterlingsilber-Zifferblatt nun für rund 6.000 Euro.

Fazit: Obwohl schon mehr als 30 Jahre alt, lebt die Chronoswiss-Ikone in alter Frische weiter. Sie ist ein Muss für Liebhaber überlieferten Regulator-Looks.

Heuer Carrera (*1963)

Zur Steigerung der Wasserdichtigkeit wölbte sich über der Vorderseite ein armiertes Plexiglas mit Metall-Spannring.

Foto: Carrera

Als Ingenieur wusste Jack W. Heuer, worauf es bei Chronographen ankam. In den frühen 1960er-Jahren galten 36 Millimeter Durchmesser noch als Standard. Mit Blick auf die Ablesbarkeit tendierte der Chef des gleichnamigen Familienunternehmens zu einem reduziert gestalteten, andererseits aber möglichst großen Zifferblatt.

Und genau hier gelang ihm ein echter Kunstgriff. Zur Steigerung der Wasserdichtigkeit wölbte sich über der Vorderseite ein armiertes Plexiglas mit Metall-Spannring. Dessen schräge, dem Zifferblatt zugewandte und bislang ungenutzte Fläche bot Platz für die wichtige Sekundenskala. Dieser Trick brachte ein Plus von fast zwei Millimetern.

Etwas tiefer gesetzte Nebenzifferblätter für Permanentsekunde und Totalisatoren bescherten dem Zifferblatt überdies eine bemerkenswerte Dreidimensionalität. Bei der Namenssuche half Ricardo Rodriguez. Der Rennfahrer verwies auf die verwegene „Carrera Panamericana“. Und damit hieß der 1963 vorgestellte Newcomer Carrera. Die Weltpremiere erfolgte gleich in mehreren Ausführungen, darunter die ikonographische „Carrera 12“. 1996, aus Heuer war mittlerweile TAG Heuer geworden, brachte das Comeback dieses Kult-Chronographen, ausgestattet mit dem Handaufzugskaliber Lémania 1873.

Die brandneue „Carrera 42 mm Calibre Heuer 02 Automatic“ knüpft an die lange und beredte Vergangenheit an. Sie besitzt ein bis zu zehn Bar wasserdichtes Stahlgehäuse. In ihm verbaut die Manufaktur das hauseigene Automatikkaliber Heuer 02 mit Rotor-Selbstaufzug, 80 Stunden Gangautonomie, Fensterdatum bei „6“ und Schaltrad-Chronographen. Die klassische Ausführung mit Lederband kostet 5050 Euro.

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Fazit: 57 Jahre und immer noch jugendlich.

Wer im deutschsprachigen Raum nach einem echten Experten für Uhren sucht, kommt an Gisbert L. Brunner nicht vorbei. Der mittlerweile pensionierte bayerische Beamte hat Hunderte von kostbaren Zeitmessern gesammelt, aber auch Dutzende von Büchern über die unterschiedlichsten Marken geschrieben.

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