Buchrezension Wie Corona alles verändert – und warum das nicht unbedingt schlecht sein muss

Nicht nur die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise sind groß.
Düsseldorf Am 16. März veröffentlichte Matthias Horx den zehnseitigen Text „Die Welt nach Corona“ auf seiner Website und trat eine Lawine los. „Innerhalb von 24 Stunden hatte ich 1,5 Millionen Textanfragen auf meiner Website. In einer Woche waren es fast drei Millionen. Innerhalb von zehn Tagen war der Text durch Leser in 20 Sprachen übersetzt und ging rund um die Welt“, erklärt Horx.
Seine positive Einstellung zur Zukunft nach der Pandemie schien die Menschen abzuholen. In seinem neuen Buch „Die Zukunft nach Corona“ liefert er den Lesern noch mehr davon und teilt mit ihnen seine Gedanken zur Krise.
Horx kennt sich mit dem Blick ins Ungewisse aus, denn er arbeitet als Trend- und Zukunftsforscher und ist Dozent an der Zeppelin-Universität am Bodensee. Schon vor mehr als 20 Jahren gründete er außerdem das „Zukunftsinstitut“, einen Prognose-Thinktank, der heute zahlreiche, auch internationale Unternehmen aus verschiedenen Branchen berät.
Vor seiner akademischen Karriere arbeitete Horx als Publizist und Journalist und hat sich mittlerweile auch als Autor einen Namen gemacht. Von seinen zahlreichen Büchern wurden einige zu Bestsellern.
Sein neues Buch hat es ebenfalls auf die Bestsellerliste geschafft, was nach dem Interesse an seinem zehnseitigen Vorab-Essay niemanden verwundern dürfte. Die Coronakrise hält nach wie vor die Welt an. Sie greift mitten ins Leben ein, verändert den Alltag, Kommunikationsformen und die Art, wie wir arbeiten, fühlen und denken. Und diese Erfahrungen machen gerade alle: In jeder Gesellschaftsschicht und in jedem Land ist die Pandemie spürbar.

Matthias Horx: Die Zukunft nach Corona.
Econ Verlag
144 Seiten
15 Euro
Der Autor bezeichnet sie deshalb als „Tiefenkrise“: „Während die Finanzkrise 2009 eher das Bankensystem und die Finanzströme betraf und die ‚Flüchtlingskrise‘ 2015 eher auf die Politik (und das mediale System) einwirkte, wirkt die Tiefenkrise direkt sowohl auf unser individuelles als auch auf unser kollektives Sein“, schreibt Horx. Kein Wunder also, dass sich die Menschen von jemandem, der sich mit der Zukunft auskennt, etwas Verbindliches erhoffen. Etwas, an dem sie sich entlanghangeln können.
Horx kann den Lesern zwar ebenfalls keinen Blick in die Zukunft gewähren, aber er kann zumindest „eine Gegenthese aufstellen gegen die katastrophalen Erwartungen“. Er analysiert die bisherigen Auswirkungen der Coronakrise und liefert alternative Blickwinkel. So hat die Krise gezeigt, dass wir „das, was wir lange Zeit regelrecht gefürchtet und gemieden hatten, nämlich Langsamkeit, Stille, Selbstbetrachtung, ganz selbstverständlich erleben konnten“, heißt es da.
Oder dass wir „plötzlich merkten, dass wir vieles, was wir unbedingt gebraucht hatten, gar nicht schrecklich vermissten“. Horx scheint seinen Lesern in jedem seiner Kapitel lautstark „Wir schaffen das!“ zurufen zu wollen.
Es tut tatsächlich gut, sich einmal die positiven Möglichkeiten einer weltweiten Pandemie vor Augen führen zu lassen. Die verständlichen und sehr kurzweiligen Lektionen lassen sich an einem Tag locker lesen und stimmen den Leser durchaus hoffnungsvoll. Horx macht dazu viele Abstecher in die Psychologie und untermauert seine Erzählungen mit Erkenntnissen anderer Wissenschaftler.
Ökonomisch wird das Buch erst gegen Ende. In kleinen Teilkapiteln setzt sich der Autor mit dem „System der Wirtschaft“, dem „System der Politik“ oder dem „System der Arbeit“ auseinander. Aber auch hier legt er den Fokus eher auf die positiven Folgen der Krise, statt auf Dinge wie Arbeitslosigkeit oder Insolvenzen einzugehen.
Horx ist stattdessen beeindruckt von der „erstaunlichen Erfindungskraft und Wandlungsfähigkeit vieler Kleinunternehmer in der Krise“ und prophezeit den „Aufstieg der vielen kleinen mobilen Bastler, Tüftler, Denker“.
Leser, die dringend einmal einen hoffnungsvollen und positiven Blickwinkel nach mehr als sechs Monaten Coronakrise benötigen, werden hier fündig. Eine fundierte ökonomische Analyse über die wirtschaftlichen Auswirkungen liefert das Buch zwar nicht. Zum Nachdenken regt Horx aber trotzdem an.
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