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Tebartz-van ElstEin Bischof in der Öffentlichkeitshölle

Er machte seinen Chauffeur zum „Bischöflichen Beauftragten“, lehnte Diskussionen über den Zölibat ab und irritierte Laienseelsorger: Lange vor dem Skandal um den überteuerten Amtssitz stand der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst in der Kritik: Der 53-Jährige vom Niederrhein gilt als autoritär, vatikantreu und exzentrisch. Eine Annährung.Désirée Linde 09.10.2013 - 13:33 Uhr Artikel anhören

Teuer als gedacht: Franz-Peter Tebartz-van Elst 2012 in der Kapelle des Bischofshauses auf dem Areal der alten Vikarie gegenüber dem Limburger Dom.

Foto: dpa

Limburg, Düsseldorf. Selbst als ihm Flammen entgegenschlugen, blieb er ruhig: Bei einer Messe im Februar 2012 hatte es jemand mit dem aromatisiertem Chrisamöl zu gut gemeint und zu viel davon auf dem Altar verteilt. Meterhoch schlug das Feuer Franz-Peter Tebartz-van Elst (53) entgegen. Es machte ihm nichts aus, er hat ein Faible für dramatische Effekte. Im Gegensatz zu verängstigen Gottesdienstbesuchern, die zum Teil aus der Krankenhauskapelle im hessischen Limburg flohen, wich der Bischof nicht zurück.

Ob er diesmal zurückweicht, ist offen – im Skandal um seinen stark überteuerten neuen Bischofssitz werden die Rücktrittsforderungen aus Kirchen und Politik immer lauter. Am Montagabend war bekannt geworden, dass sich die Baukosten für den Sitz auf dem Limburger Domberg vervielfachen werden. Nach einer verwaltungsinternen Kostenrechnung wird derzeit mit rund 31 Millionen Euro gerechnet.

Obwohl er mehrfach dazu aufgefordert worden sei, habe der Bischof weder Haushalte für 2012 und 2013 noch Einzelprojekte zur Genehmigung vorgelegt, wie es seine Pflicht gewesen wäre, sagte Jochen Riebel, ehemals Leiter der hessischen Staatskanzlei, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch). Das umstrittene Bauprojekt auf dem Limburger Domberg sei daher bis auf eine Anfinanzierung von 600.000 oder allenfalls 800.000 Euro nicht genehmigt gewesen.

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Es ist die Spitze eines Eisbergs, eines Konflikts, der vom Bistum Limburg, zwischen Köln und Frankfurt, schon lange bis nach Rom strahlt. Der neue Papst Franziskus hat bereits ein wachsames Auge auf Tebartz-van Elst, schickte im September noch Kardinal Giovanni Lajolo nach Limburg – zum „brüderlichen Gespräch“. Es war ein deutlicher Fingerzeig für Tebartz-van Elst – und womöglich der Letzte.

Dabei hat sich der als Exzentriker geltende Kleriker unter Papst Benedikt XVI mit einem vatikantreuen Haltungen hervorgetan – und ist damit häufiger angeeckt.

Tebartz-van Elst wurde am 20. November 1959 als Kind einer Bauernfamilie im marientreuen Wallfahrtsort Kevelaer am Niederrhein geboren und wuchs dort als Sohn eines Großbauern auf Die katholische Kirche faszinierte ihn zur Freude der frommen Mutter früh, als junger Ministrant nahm er begeistert am Hochamt teil.

Begeistert zeigt er sich bis heute von der Jungfrau Maria, predigt seine Madonnen-Verehrung. Nach der Priesterweihe 1985 arbeitete er zunächst als Kaplan, bevor er seine Studien in den USA fortsetzte.

Kritik aus der Kunst: Der Lichtkünstler Bienkowski projiziert den Schriftzug „Du sollst nicht stehlen“ und eine Karikatur Tebartz-van Elsts auf das Portal des Doms.

Foto: dpa
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Er gilt als ausgewiesener Experte für Pastoraltheologie und Liturgiewissenschaft. 2002 wurde er zunächst Theologieprofessor in Passau, seit 2003 war er Regionalbischof für die 530.000 Katholiken im westmünsterländischen Raum Steinfurt/Borken zuständig.

In Münster weihte ihn 2004 der damalige, dem Opus Dei nahestehende Ortsbischof zum Weihbischof. Seit dem dem 20. Januar 2008 ist er Bischof in Limburg. Seine Ämter trat er stets auch mit den Ziel an, seinen Schäfchen eine „missionarische Spiritualität“ nahezubringen. Die allerdings verstörte er mit allerlei Äußerungen und Richtungsentscheidungen immer wieder. So warnte er etwa vor vor einer theologischen Überbewertung der Pfarrgemeinden.

Das wurde als Angriff auf gewachsene kirchliche Strukturen verstanden. Er wolle damit die Pfarrei auf den „zweiten Platz der Seelsorge“ verbannen. Dann verkündete Tebartz-van Elst, ganz im Sinne des damaligen Papstes Benedikt XVI, die Bezeichnung „Seelsorger“ solle den geweihten Amtsträgern vorbehalten bleiben. Das irritierte Pastoral- und Gemeindereferenten, die zwar theologisch kompetent sind, aber damit als „Laien“ gelten.

Er machte keinen Hehl aus seiner konservativen Haltung, wollte das Bistum nach Rom ausrichten und entlang seines stark autoritär geführten Amtes. Im Kreuzgang seines Amtssitzes ließ er laut FAZ diverse Gewänder und die roten Schuhe des Papstes wie kleine Heiligtümer ausstellen.

Unter seinen Vorgängern verpönte Ehrentitel wurden wieder feierlich an seine Gewährsleute vergeben. So wurde der Personalchef zum Prälaten, der zweite Mann in der Bistumshierarchie zum „Apostolischen Protonotar". Sein Chauffeur machte als „Bischöflicher Beauftragter" für die Verwahrung von Reliquien, „persönlicher Sekretär" sowie „Bischöflicher Zeremoniar" gleich mehrfach Karriere.

Eine Aufweichung des Zölibats ist für ihn nicht diskussionswürdig. Bis dahin machte Tebartz-van Elst keine bundesweite Aufmerksamkeit. Das änderte sich als er den Wetzlarer Pfarrer Peter Kollas als Bezirksdekan abberief. Kollas hatte in Anwesenheit eines evangelischen Geistlichen und des Oberbürgermeisters im Wetzlarer Dom einem homosexuellen Paar den Segen erteilt.

Dann der nächste Paukenschlag: Nach seiner Reise nach Indien schrieb der „Spiegel“, dass sich der Bischof auf dem Flug in die First Class habe umbuchen lassen – dank der Bonusmeilen seines Generalvikars und einer Zuzahlung. Er versicherte unter Eidesstaat dass das nicht der Wahrheit entspreche. Die Ermittlungen laufen noch. Nach Angaben des „Kölner Stadt-Anzeigers“ geht dem Bischof diesbezüglich ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Hamburg zu, es drohe sogar eine Vorstrafe. Das Bistum dementierte am Mittwochabend. Damit bleibt natürlich diese Sache mit dem überteuerten Bischofssitz.

Dabei hatte er noch in einem Hirtenbrief vor einem Jahr die Bedeutung der Caritas für das christliche Leben hervorgehoben. „Das Gewand des Bettlers sei Christi Kleid“, schrieb er und forderte eine „neue Achtsamkeit für den Anderen und für das, was ihm fehlt“.

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Der Bischof selbst will sich bislang nicht äußern. Er kündigte an, auf die Prüfung durch die Deutsche Bischofskonferenz zu warten. Wegen der andauernden Kritik an dem teuren Bau soll eine Kommission der Bischofskonferenz die Finanzierung prüfen.

Das Bistum Limburg ist eine der kleineren Diözesen in Deutschland mit um die 660.000 Katholiken. Das Bistum umfasst große Teile des Rhein- Main-Gebiets mit den Großstädten Frankfurt am Main und Wiesbaden. Es wurde in den vergangenen Jahrzehnten von eher liberalen Bischöfen geführt und verfügt über starke Laiengremien. So hatte sich Bischof Franz Kamphaus, der Vorgänger von Tebartz-van Elst, als einziger Bischof längere Zeit der päpstlichen Anordnung widersetzt, aus dem System der staatlichen Schwangerschaftsberatung auszusteigen.

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