Bilanz Deutschen Bank legte heute Quartalszahlen vor: Worauf Investoren achten sollten

Das Investmentbanking dürfte die bei Weitem wichtigste Ertragssäule bleiben.
Frankfurt Auf den ersten Blick sieht die Welt von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ziemlich in Ordnung aus. An diesem Mittwoch präsentiert er die Zahlen für das erste Quartal, und die Analysten sagen unter dem Strich einen Gewinn von 670 Millionen Euro voraus, nach einem Verlust von 43 Millionen im Vorjahr.
Vor Steuern gehen die Experten von einem Gewinn von 1,1 Milliarden Euro aus, fast so viel wie 2020 insgesamt – ein weiterer Meilenstein für den bis Ende 2022 angelegten Umbau des größten heimischen Geldhauses.
Doch die Realität ist komplexer. Noch immer nehmen die Investoren Sewing nicht ab, dass er sein Versprechen erfüllen kann, am Ende der Sanierung eine Rendite auf das materielle Eigenkapital von acht Prozent zu erreichen. Die Schätzungen der Analysten liegen weit entfernt von den Zielen der Deutschen Bank.
Für Ende 2022 sagen die Experten eine Rendite von lediglich 4,3 Prozent voraus, aber auch 2023 liegt die Vorhersage mit 5,0 Prozent noch deutlich unter dem Zielwert. Sewings wichtigste Aufgabe in den kommenden Monaten wird es sein, einen glaubhaften Weg in Richtung der versprochenen acht Prozent aufzuzeigen.
Fünf Punkte, auf die die Investoren bei der Vorstellung der Quartalszahlen besonders achten werden:
Deutsche Bank: Wie lange trägt die Sonderkonjunktur im Investmentbanking?
Die exzellenten Ergebnisse der meisten großen Wall-Street-Häuser zeigen, dass sich die gute Konjunktur im Investmentbanking im ersten Quartal noch einmal verbessert hat. Die Sparte dürfte auch bei der Deutschen Bank die bei Weitem wichtigste Ertragssäule bleiben.
Schon 2020 haben die Frankfurter von den coronabedingten Ausschlägen an den Märkten und der anschließenden Rekordjagd an den weltweiten Börsen profitiert. Für das laufende Quartal sagen die Analysten im Schnitt einen Vorsteuergewinn von 1,3 Milliarden Euro vorher, fast doppelt so viel wie im Vorjahr.
Dennoch ist auch der Blick auf diese Sparte nicht ungetrübt. In den vergangenen Monaten hat sich der Boom im Investmentbanking vom Anleihegeschäft in Richtung Aktien verschoben.
Die Deutsche Bank gilt traditionell als Anleihe- und Devisenhaus und hat sich im Zuge des Umbaus aus dem Aktienhandel zurückgezogen. Lediglich das Geschäft mit Börsengängen, Kapitalerhöhungen und der Platzierung großer Aktienpakete blieb erhalten.
Treffen die Prognosen der Analysten ein, dann hat die Bank mit Anleihen, Devisen und Derivaten in den ersten drei Monaten Einnahmen von rund 2,6 Milliarden Euro erzielt, mit Aktien dagegen nur rund 250 Millionen Euro. Die Experten von Morgan Stanley sehen deshalb im Moment den Schweizer Konkurrenten Credit Suisse trotz aller Skandale besser positioniert als die Deutsche Bank.
Wie stark fallen die Nebenwirkungen der jüngsten Skandale der deutschen Bank aus?
Bei den jüngsten Skandalen rund um den US-Hedgefonds Archegos und um den Lieferkettenfinanzierer Greensill behielt die Deutsche Bank, ganz im Gegenteil zu Credit Suisse, eine weiße Weste. Aber das heißt nicht, dass die Affären völlig spurlos an den Frankfurtern vorübergehen werden.
Vor allem der Greensill-Skandal dürfte Spuren in der Bilanz hinterlassen. Nach dem Kollaps des australischen Konzerns und seiner Bremer Bankentochter fielen Entschädigungszahlungen von rund drei Milliarden Euro an. Jetzt müssen die staatliche und die private Einlagensicherung wieder aufgefüllt werden.
Gemeinsam mit der Commerzbank und der Münchener HVB gehört die Deutsche Bank zu den Instituten, die dabei besonders stark in der Pflicht stehen. Die Frankfurter wollen die Belastung auf mehrere Quartale verteilen, heißt es in Finanzkreisen.
Erste, allerdings offenbar nicht signifikante Effekte dürften sich bereits im Zahlenwerk für die ersten drei Monate zeigen. Experten gehen davon aus, dass sich die Belastungen für einzelne Institute insgesamt auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag summieren könnten.
Im Fall des kollabierten US-Hedgefonds Archegos hat sich die Deutsche Bank gerade noch rechtzeitig von einem laut Finanzkreisen rund vier Milliarden Dollar schweren Aktienpaket getrennt. Das Geldhaus hat bereits signalisiert, dass ihm aus der Archegos-Pleite keine nennenswerten Verluste drohen.
Wo will die Deutsche Bank noch sparen?
Wie jedes Jahr wird die Deutsche Bank auch dieses Mal die Bankenabgabe komplett im ersten Quartal verbuchen. Doch dieses Mal schmerzen die erwarteten rund 600 Millionen Euro Beitrag für den europäischen Abwicklungsfonds besonders.
Denn eigentlich hatten die Frankfurter mit einem deutlich niedrigeren Betrag gerechnet und schon einmal 300 Millionen Euro an Einsparungen in ihre Pläne eingearbeitet. Trotz dieses Rückschlags hält die Bank an ihrem Kostenziel von 16,7 Milliarden Euro für 2022 fest. Ziel ist es, das Geld an anderer Stelle einzusparen, wo genau, ist allerdings noch unklar.
Wie geht es mit der Bad Bank weiter?
Seit der Verkündung ihrer neuen Strategie 2019 nennt die Deutsche Bank eine hauseigene Bad Bank ihr Eigen, die Bilanzpositionen abbauen soll, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören. Offiziell heißt die Einheit Capital Release Unit oder kurz CRU, weil sie helfen soll, ab 2022 fünf Milliarden Euro an Kapital an die Aktionäre auszuschütten.

Wird er einen glaubhaften Weg in Richtung der versprochenen acht Prozent Rendite aufzeigen?
Doch immer mehr Investoren fragen sich, wie teuer die Bank dieser Plan zu stehen kommt. Bislang hat die CRU insgesamt 5,4 Milliarden Euro an Verlusten angehäuft, und die Analysten erwarten bis Ende 2022 ein weiteres Minus von knapp drei Milliarden Euro. Bei ihrer großen Investorenkonferenz im vergangenen Dezember gab die Bank einen detaillierten Überblick über all ihre Geschäftsbereiche mit Ausnahme der Bad Bank.
Finanzvorstand James von Moltke bestätigte lediglich, dass das in der CRU gebundene Kapital bis 2022 von 13 auf acht Prozent sinken soll, das wären drei Prozentpunkte mehr als im ursprünglichen Sanierungsplan vorgesehen.
Deutsche Bank Aktie: Wie sieht der Ausblick aus?
Zuletzt sah die Stimmung der Investoren gegenüber europäischen Banken sehr viel freundlicher aus als noch zu Beginn der Coronakrise. Bei einer Umfrage von Morgan Stanley unter Großanlegern zeigten sich 72 Prozent zuversichtlich, was die Kurschancen von Bankaktien angeht, nur acht Prozent zählten sich zum Lager der Pessimisten.
Ein Grund für den Optimismus ist die Hoffnung auf einen robusten Konjunkturaufschwung, sobald die Pandemie überwunden ist. Aber genau hier beginnen die Probleme für Vorstandschef Sewing: Die Analysten von Morgan Stanley sehen andere Banken wie die französische BNP, die spanische Santander oder die italienische Unicredit besser platziert, um von der Wiederöffnung der europäischen Wirtschaft zu profitieren.
Ein Grund für diese Skepsis sind Schwächen in zentralen Geschäftsbereichen jenseits der Investmentbank. Am größten ist die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit in der Unternehmensbank, jenem Bereich also, der eigentlich den Kern der neuen Deutschen Bank bilden soll.
Im Dezember 2020 kappte Sewing das Wachstumsziel für die Sparte von drei auf ein Prozent. Auch in der Privatkundensparte läuft es nicht wie geplant. Hier senkte Sewing das jährliche Wachstumsziel von zwei Prozent auf null.
Im vergangenen Jahr schnitt keine europäische Bankaktie besser ab als die Aktie der Deutschen Bank. Diese Entwicklung hat sich inzwischen relativiert. Der Kurs des Geldhauses kletterte zwar seit Anfang Januar um rund zwölf Prozent, der Stoxx-600-Banken-Index legte im gleichen Zeitraum allerdings um rund 20 Prozent zu.
Derzeit empfiehlt nur einer von 30 vom Informationsdienst Bloomberg erfassten Analysten die Aktie der Deutschen Bank zum Kauf, und mit 9,34 Euro liegt das durchschnittliche Kursziel ungefähr auf dem aktuellen Niveau.
Bei allen Fortschritten hat Vorstandschef Sewing also noch reichlich Überzeugungsarbeit vor sich.
Mehr: Europas neue Skandalbank: Aufseher erhöhen den Druck auf Credit Suisse.
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