Interaktiv und virtuell Aktionärsvertreter loben geplante Hauptversammlung der Deutschen Bank

Mit den neuen Regeln geht das Kreditinstitut über das hinaus, wozu es per Gesetz verpflichtet ist.
Frankfurt Bei ihren Aktionären hat die Deutsche Bank für gewöhnlich einen schweren Stand. Denn während das Institut seit Jahren den Aktionären bestenfalls Mini-Dividenden zukommen lässt, zahlt es vor allem seinen Investmentbankern regelmäßig Boni in Milliardenhöhe aus. Umso bemerkenswerter ist das einhellige Lob, das die Deutsche Bank für ihre geplante Hauptversammlung am 27. Mai erhält.
Denn die Bank will das rein virtuelle Aktionärstreffen so interaktiv gestalten wie bislang keine andere deutsche Aktiengesellschaft: Investoren sollen diesmal während der Hauptversammlung live in Bild und Ton reden können, wie aus der Einladung zur Hauptversammlung hervorgeht. Außerdem sollen Aktionäre Rückfragen „in beschränktem Umfang“ zu den Fragen stellen können, die sie vorab eingereicht haben.
Damit geht die Deutsche Bank über das hinaus, wozu sie per Gesetz verpflichtet ist. „Der Austausch mit unseren Aktionären ist für uns von größter Bedeutung“, sagte Aufsichtsratschef Paul Achleitner dazu.
„Die Deutsche Bank kommt den Aktionären deutlich entgegen, was sehr zu begrüßen ist. Sie nimmt eine Vorreiterrolle ein und widerlegt damit die defensive Argumentation anderer Unternehmen“, sagte Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deka, dem Handelsblatt.
„Der Vorstoß der Deutschen Bank ist zu begrüßen“, sagte der Vorstand der Fondsgesellschaft Union Investment, Jens Wilhelm.
Gesetzliches Fragerecht der Investoren wurde verbessert
Wegen der Corona-Pandemie sind die üblichen Aktionärstreffen schon zum zweiten Mal kaum möglich. Der Gesetzgeber hatte deshalb im vergangenen Jahr Onlineveranstaltungen ermöglicht, den Aktionären aus Sicht von Investoren dabei aber wenig Rechte eingeräumt. Mittlerweile wurden zwar die gesetzlichen Fragerechte der Investoren verbessert, aber kein Recht auf Liveauftritte oder Rückfragen verankert.
„Es ist wichtig, Fragen stellen zu können, die sich aus den Beiträgen von Vorstand und Aufsichtsrat oder von anderen Aktionären ergeben“, betont auch Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „So weit wie die Deutsche Bank gehen wenige Gesellschaften. Sie ist da klar ein Vorreiter und Standardsetzer“, so Nieding.
Markus Kienle, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), begrüßte, „dass die Deutsche Bank proaktiv die Aktionärsrechte der virtuellen HV weiterentwickelt und nicht auf Impulse aus der Politik und Gesetzgebung wartet“.
Schon im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Bank sich darum bemüht, ihren Anteilseignern mehr Möglichkeiten einzuräumen. Unter anderem hatte das Institut deshalb etwa die Reden von Aufsichtsratschef Paul Achleitner und Vorstandschef Christian Sewing schon vorab veröffentlicht.
Redebeiträge sollen per Losverfahren verteilt werden
Wunschlos glücklich sind die Investoren aber nach wie vor nicht. „Ein Ersatz für eine vollwertige Hauptversammlung mit allen Aktionärsrechten ist auch damit nicht gegeben“, sagt etwa Deka-Manager Speich. Die Einschätzung teilen auch andere. Das liegt unter anderem daran, dass die Nachfragen je Aktionär auf zwei Rückfragen beschränkt sind. Außerdem werden die Auftrittsmöglichkeiten der Investoren bei der interaktiven Variante der Deutschen Bank limitierter ausfallen als bei einer Hauptversammlung vor Ort.
Das Geldhaus plant dafür insgesamt nur eine Stunden ein. Ist das Interesse zu groß, soll per Losverfahren entschieden werden: Wollen sich mehr als 20 Aktionäre zu Wort melden, teilt die Deutsche Bank Fondsgesellschaften und Aktionärsvereinigungen, die einen Aktienbestand von nominal mehr als eine Million Euro vertreten, fünf Redebeiträge zu. Die übrigen Redeplätze werden unter allen anderen Interessenten ausgelost. Melden sich mehr als fünf Großaktionäre, entscheidet auch dort das Los.
Für viele ist das ein Wermutstropfen. „Wir wollen als Fondsgesellschaft natürlich unser Rederecht wahrnehmen, allerdings kann ein Rederecht per Losverfahren kein Modell für zukünftige Hauptversammlungen sein“, betont deshalb Union-Investment-Vorstand Wilhelm. Für SdK-Vorstand Kienle stellt der Vorstoß der Deutschen Bank deshalb „den Beginn, nicht etwa schon das Ende einer Entwicklung auf Einräumung der vollständigen Aktionärsrechte dar“.
Commerzbank erlaubt Rückfragen aber keine Liveauftritte
Unbestritten ist aber, dass bei der Deutschen Bank mehr möglich ist als in vielen anderen Fällen. Bei der Commerzbank etwa, die ihre Hauptversammlung nun am 18. Mai abhalten wird, soll es in diesem Jahr zwar möglich sein, Rückfragen zu den eigenen Fragen zu stellen. Doch Liveauftritte der Investoren sind nicht vorgesehen, geht aus der Einladung zur Hauptversammlung hervor.
Investoren können nur vorab schriftliche Stellungnahmen oder Videobotschaften erstellen, die auf dem Investorenportal eingestellt werden und auf der Hauptversammlung ausgestrahlt werden können.
Zumindest auf die Rede des neuen Vorstandsvorsitzenden Manfred Knof werden Aktionäre in ihren Statements aber Bezug nehmen können. Denn in diesem Jahr will auch die Commerzbank die Rede ihres Vorstandschefs vorab – nämlich am 12. Mai – veröffentlichen. „Der Dialog mit unseren Eigentümern ist uns sehr wichtig“, sagt Knof dazu.
Mit diesen Extras über das gesetzliche Minimum hinaus kann sich die Commerzbank zwar als fortschrittlich bezeichnen, doch nicht als Pionier.
„Die Art von Statements und Nachfragen wie bei der Commerzbank finden sich häufiger“, erklärt SdK-Vertreter Kienle. Elektronisch übermittelte Nachfragen etwa haben auch Aktiengesellschaften wie der Pharmakonzern Bayer oder der Konsumgüterhersteller Henkel zugelassen. „Den Versuch einer echten Interaktion bei Statements unternimmt unserer Kenntnis nach bislang nur die Deutsche Bank“, sagt Kienle.
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