Landesbanken LBBW-Chef warnt vor übereilten Fusionen im öffentlich-rechtlichen Sektor

Der Chef der LBBW zweifelt an positiven Folgen durch Fusionen zwischen Landesbanken.
Frankfurt Der Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Rainer Neske, zeigt sich skeptisch gegenüber Zusammenschlüssen von Landesbanken. Solche Fusionen bräuchten laut Neske erhebliche Investitionen – und diese würden sich für die Eigentümer nur lohnen, wenn letztlich eine höhere Rendite herauskomme als zuvor. „Das ist schwer rechenbar“, sagte Neske an diesem Dienstag.
Es gibt neben der LBBW noch drei große Landesbanken, die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die BayernLB und die NordLB. Derzeit loten die Helaba und der Fondsdienstleister der Sparkassen, die Dekabank, aus, ob sie enger zusammenrücken. Sparkassenpräsident Helmut Schleweis sieht eine Fusion von Helaba und Deka als Ausgangspunkt auf dem Weg hin zu einem einzigen Zentralinstitut der Sparkassen.
Wie andere Geldhäuser auch ringen Sparkassen und Landesbanken mit den Negativzinsen in der Euro-Zone. Zudem gilt der Wettbewerb auf dem deutschen Bankenmarkt als hart. Und die größten Konkurrenten der Sparkassen, die Volks- und Raiffeisenbanken, kommen seit Längerem mit einem einzigen Spitzeninstitut, der DZ Bank, aus.
„Der Druck ist hoch genug“, sagte Neske. „Aber eine wirtschaftlich tragfähige Lösung zu finden ist das, womit sich alle schwertun.“ Die LBBW habe vor einigen Jahren mit guten Argumenten die SachsenLB und die Rheinland-Pfalz-Bank übernommen und sei dann im Zuge der Finanzkrise vor die Wand gefahren. Das zeige, dass Milliardenverluste drohten, wenn Fusionen nicht richtig analysiert würden oder es ein schwieriges Umfeld gebe.
Neske bezweifelt zudem, dass die LBBW über Fusionen Kosten einspare: Im Geschäft mit Unternehmenskunden könne man kaum Kostensynergien schaffen. Das Privatkundengeschäft der LBBW wiederum, das die Tochter BW-Bank betreibt, befinde sich bereits auf der Sparkassen-Plattform. Man werde durch Zusammenschlüsse auch weder neue Produkte noch neue Kundenzugänge gewinnen.
Spitzeninstitut ohne Länderbeteiligung
Schleweis wirbt seit Längerem für ein einziges Spitzeninstitut der Sparkassen. Ihm schwebt vor, dass keine Bundesländer mehr an einem künftigen Zentralinstitut der Sparkassen beteiligt sind. Das allerdings wirft die Frage auf, ob die Sparkassen den Ländern tatsächlich diese Anteile abkaufen können. An der LBBW sind das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart sowie der regionale Sparkassenverband beteiligt.
Helaba-Chef Herbert Hans Grüntker hatte sich Ende vergangener Woche für eine Fusion mit der Deka ausgesprochen. Allerdings bestehen in der Sparkassen-Finanzgruppe bereits Zweifel, dass es tatsächlich zu einer Verschmelzung kommt. Zum einen gibt es Gegner einer Fusion – unter anderem kam auf einer Deka-Verwaltungsratssitzung im Dezember Widerstand vom Sparkassenverband Baden-Württemberg.
Zum anderen bestehen etliche Hürden für einen Zusammenschluss. So ist die Deka zwar komplett in der Hand von knapp 400 deutschen Sparkassen. Die Helaba gehört mehrheitlich regionalen Sparkassen, doch auch die Länder Hessen und Thüringen halten Anteile.
Anders als die Helaba, die einen „spürbaren Personalabbau“ angekündigt hat, sieht Neske keinen Anlass für ein „dramatisches Kostenprogramm“, wohl aber dafür, kontinuierlich an den Kosten zu arbeiten. Deshalb werde auch die Zahl der Mitarbeiter beständig sinken. Mitte 2019 hatte der LBBW-Konzern gut 9.900 Mitarbeiter. Wie das Geschäft im vergangenen Jahr lief und wie viele Mitarbeiter die LBBW zuletzt hatte, wird sie am 12. März bekanntgeben.
Weniger Autoanteile
Eine Zahl aber nannte Neske bereits: Angesichts der großen Veränderungen, vor denen die Autobranche steht, senkt die LBBW ihren hohen Autoanteil am Kreditportfolio. Gegen Ende 2019 betrug der Autoanteil an allen Firmenkundenkrediten 15 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es 17 Prozent gewesen. Das liegt über dem Niveau anderer deutscher Geldhäuser.
Das absolute Volumen der Autokredite ist laut Neske nur leicht gesunken. Vielmehr hat die LBBW im vergangenen Jahr mehr Kredite an Unternehmen aus anderen Branchen vergeben, darunter die Sektoren Versorger und Energie sowie Pharma und Gesundheit.
Die Autoindustrie steht in der wohl schwierigsten Umbruchphase ihrer Geschichte. Die Unternehmen müssen in die Elektromobilität investieren, ohne dass das unmittelbar in entsprechende Aufträge und Umsätze mündet.
Diese strukturelle Transformation wird zudem durch eine konjunkturelle Schwäche mit sinkenden Auftragseingängen bei den konventionellen Modellen überlagert. Nach Schätzungen in der Automobilwirtschaft ist fast die Hälfte der Autozulieferer überhaupt nicht auf den Wandel zur Elektromobilität eingestellt.
„Wir schauen sehr genau auf die Geschäftsmodelle der einzelnen Unternehmen. Wir begleiten die Unternehmen in der Transformation. Aber uns ist klar, dass das nicht bei jedem gehen wird“, sagte Neske. Bei der Risikovorsorge für Kredite gebe es „keine dramatische Veränderung“, betonte er. Auch in nächster Zeit befürchtet Neske noch keine größeren Ausfälle.
Die Unternehmen hätten sich gut durchfinanziert und zinsgünstige Kredite langfristig gesichert. Insgesamt werde die Wertschöpfung in der Autoindustrie mit der Transformation zur E-Mobilität weniger werden. Die Herausforderung der Transformation sei groß, aber die Voraussetzungen seien auch gut.
„Wir werden kein Ruhrgebiet“, betonte Neske. Im Moment entstehe der Eindruck, Baden-Württemberg könne nur Verbrennungstechnologie. „Aber es gibt da weit mehr.“
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