Veranstaltungsausfall Abgesagtes Wacken-Festival belastet Versicherer Gothaer

Die Corona-bedingte Absage verursachte große Schäden beim Versicherer Gothaer.
München Das weltgrößte Heavy-Metal-Festival in Wacken und die Konzerte von Helene Fischer könnten unterschiedlicher nicht sein. Trotzdem haben sie für den Versicherer Gothaer eine gemeinsame Bedeutung: Die Absage des Wacken-Festivals und die verschobenen Konzerte des Schlagerstars haben in diesem Jahr den Großteil der Schäden in der Veranstaltungsausfallversicherung verursacht.
Insgesamt 30 Millionen Euro musste der Kölner Versicherer für in Summe 191 Schadensfälle in diesem Jahr leisten. Und „die Nachwehen der Pandemie werden auch auf 2021 ausstrahlen“, blickt Oliver Schoeller bereits in das kommende Jahr.
Die Gothaer, die in diesem Jahr ihren 200. Geburtstag feierte und zu den mittelgroßen Anbietern am deutschen Markt zählt, will deshalb mit neuer Strategie durchstarten, nachdem sie sich in diesem Jahr dem hohen Schadenaufkommen durch die Pandemie nicht entziehen konnte.
Das Konzernergebnis, das noch im Vorjahr 115 Millionen Euro erreicht hat, wird diesmal nur bei 70 bis 80 Millionen Euro liegen, so die Planzahlen. Die Beitragseinahmen steigen minimal auf 4,53 Milliarden Euro.
Zum Ergebniseinbruch haben neben den Aufwendungen für den Event-Bereich auch die zahlreichen Betriebsschließungen in diesem Jahr beigetragen. Rund 21 Millionen Euro wurden in 1230 Fällen an Kunden ausgezahlt, die allermeisten Schäden stammten aus der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr. Rund 77 Prozent der Kunden akzeptierten dabei die sogenannte „bayerische Lösung“. Dabei boten die Versicherer ihren Kunden schnell und pauschal bis zu 15 Prozent der Schadensumme als Entschädigung an.
Die Strategie für die nächsten fünf Jahre steht fest
Schoeller sieht diese Ausgangslage allerdings auch als Gelegenheit, um den Konzern nach seinen Vorstellungen umzugestalten. Der 49-Jährige übernahm im Sommer den Vorstandsvorsitz beim Kölner Versicherer und hat nach einem knappen halben Jahr an der Spitze am Dienstag seine Strategie für die kommenden fünf Jahre präsentiert.
Unter dem Namen „Ambition 2025“ entstand dabei ein Mix aus finanziellen Zielen, einer klaren Wertestrategie im Haus und einem Ausbau des Angebots. Über das reine Versicherungsgeschäft hinaus will die Gothaer stark wachsen.
Ein wesentlicher Fokus soll dabei auf dem Ausbau des Firmenkundengeschäfts liegen. Kleine und mittelständische Unternehmen gehörten bisher schon zu der Kerngruppe. Nun sollen vor allem die Bereiche Cyberkriminalität und erneuerbare Energien ausgebaut werden.
Gerade in Zeiten der Pandemie, die bei vielen Kunden zu einer abrupten Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Homeoffice führten, hat sich die Zahl der Angriffe erhöht. Erst in dieser Woche wurde bekannt, dass beispielsweise der Duft- und Aromenhersteller Symrise Opfer eines schweren Cyberangriffs geworden ist.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in den nächsten Jahren auf der Krankenversicherung. In den Fokus der Öffentlichkeit geriet die Gothaer dabei gleich im Januar, als beim bayerischen Autozulieferer Webasto der erste Corona-Fall in Deutschland bekannt wurde.
Die Gothaer war mit einem Team von zehn Mitarbeitern vor Ort und koordinierte mit mehr als 30 weiteren Partnern die Abläufe rund um die zahlreichen Fragen der Mitarbeiter. Innerhalb von drei Tagen entstand ein Portal im Internet. „Wichtig ist es, dass die Mitarbeiter rund um die Uhr Fragen stellen können, bis hin zu einem telemedizinischen Zugang zu Ärzten per Videotelefonie“, sagte Oliver Schoeller damals.
Die Erfahrungen bei Webasto dienen dem Versicherer heute als Blaupause für die Entwicklung von einem betrieblichen Krankenversicherer hin zum Anbieter von betrieblichem Gesundheitsmanagement.
Versicherungsgeschäfte in einigen Ländern Osteuropas verkauft
Bereinigt ist mittlerweile auch das wenig lukrative Engagement in einigen Ländern Osteuropas. Nachdem das Geschäft in Polen schon im vergangenen Jahr verkauft wurde, kam vor wenigen Tagen die Nachricht, dass das Geschäft in Rumänien an die dortige Allianz-Tochter verkauft wurde.
Deutliche Veränderungen stehen auch beim Management des eigenen Finanz-Portfolios an. Die seit Jahren anhaltende Niedrigzinspolitik der Zentralbanken, die mittlerweile vielerorts zu einer Negativpolitik geworden ist, gilt als Treiber der Entwicklung. Seit dem Jahr 2018 ist der Anteil an klassischen Anlagen wie Staats- und Unternehmensanleihen sowie Aktien bereits von 81,3 auf 77,3 Prozent gefallen. Entsprechend gestiegen ist der Anteil der Alternativen Anlagen.
In diesem Tempo soll es auch in den kommenden Jahren weitergehen. Speziell der Anteil an Baufinanzierungen in den Niederlanden und Dänemark ist stark gewachsen. Im kommenden Jahr sollen Hypothekendarlehen von 500 Millionen Euro in Frankreich und Belgien aufgebaut werden. Daneben sollen bis zu 500 Millionen Euro in Handelsfinanzierungen fließen. Dafür soll der Anteil an Unternehmensanleihen und Pfandbriefen abgebaut werden.
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