Blockchain Digitalisierung der Geldanlage

Hamburg Der digitale Handel setzt sich in der Investmentwelt immer stärker durch. Mit der Blockchain lassen sich sogenannte Token – also digitalisierte Vermögenswerte – übertragen. Und das ohne Hilfe einer Bank oder einer Börse. Eines der neuesten Produkte ist ein stimmrechtsloses Genussrecht von Bloxxter. Die auf Sachwerte spezialisierte Gesellschaft bietet seit wenigen Wochen Anteile im Wert von 500 Euro an einem Immobilienpaket von 100 Millionen Euro an, das aus dem Städtischen Kaufhaus und dem Reclam-Carrée in Leipzig besteht.
Nur vier Klicks braucht der registrierte Anleger für sein Investment über die Blockchain. „Das ist so leicht wie der Kauf eines Turnschuhpaars“, sagt Bloxxter-CEO Marc Drießen, der bis 2019 bei Hansainvest die institutionelle Immobilienanlage verantwortete. Rund 40 Millionen Euro will er über die Plattform einsammeln.
Das Asset-Management liegt dabei nicht in der Hand von Drießen: „Wir vertreten nur die Interessen der Anleger.“ Ihnen verspricht er einen Marktplatz mit „garantiert ausreichender Liquidität, dass jeder jederzeit seine Anteile handeln kann“. Das soll günstiger sein als bei üblichen Fondslösungen: „Wir rechnen mit einer Gebühr von unter zehn Cent pro Trade.“
Drießen hofft, dass viele Finanzberater als Partner mitmachen: „Über unseren Zugang zu Premium-Sachwert-Investments können sie neue Kundengruppen gewinnen.“ Dem Finanzberater bietet Bloxxter Marketingunterstützung und für jeden Anleger, der sich über dessen Partner-Link registriert hat, einen 24-monatigen Kundenschutz.
Drießen setzt auf die Blockchain-Technologie, weil durch sie der Investmentprozess „transparenter, schneller und schlanker gestaltet wird“. Das erlaube Anlegern, „sich schon mit geringen Summen ein breit gefächertes Immobilien-Portfolio zuzulegen“.
Das ist auch für Simon Brunke, Vorstand von Exporo, Marktführer für digitale Immobilieninvestments in Deutschland, das zentrale Argument: Weil durch Blockchain die Mindestanlagesumme bis auf einen Euro reduziert werden kann, „wird eine einfache und gesunde Portfolio-Diversifizierung mit kleinsten Beträgen für jedermann möglich“. Bei Exporo haben in den letzten zwölf Monaten rund 7000 Anleger etwa 15.000 Deals über die Blockchain abgewickelt. Auf diesem Weg flossen 38,7 Millionen Euro in zwölf Immobilien.
Begonnen hatte die schöne neue Anlegerwelt bei Exporo im Juli 2019 mit einem Ärztehaus in Hamburg, dem ersten in der EU gebilligten Wertpapierprospekt für eine tokenbasierte Immobilienanleihe. 2020 wollen die Hamburger 100 Millionen Euro, 2021 sogar 300 Millionen Euro mittels Blockchain emittieren. Ein aktuelles Exporo-Angebot: „Villen am Kurpark“ in Binz auf Rügen hat ein Volumen von 4,3 Millionen Euro. Die erwartete Gesamtrendite aus Mietausschüttungen und Verkaufserlös am Ende der Laufzeit liegt bei rund 5,5 Prozent pro Jahr.
Jederzeit handelbar
Blockchain könnte auch Schiffsbeteiligungen neuen Rückenwind verschaffen. Kommanditanteile an Frach tern oder Containerpötten waren ab 2008 in die Kritik geraten, als in der Wirtschaftskrise Chartererträge und Schiffswerte rapide sanken. Auch die hohen Vertriebskosten von oft mehr als 30 Prozent trugen zur schlechten Performance bei. Anleger verloren viel Geld. Richard Heuser, Geschäftsführer der New Shore Invest, die jetzt digitale Schiffsinvestments ab 1000 Euro anbietet, sieht jetzt eine positive Veränderung: „Die Tokenisierung verbindet die klassischen Vorteile einer Beteiligung mit der Funktionalität einer Aktie, also Handelbarkeit und kleine Zeichnungsgrößen.“
Bei jeder Online-Zeichnung werden Security-Token auf der Blockchain generiert. „Zudem sind die Kosten für tokenbasierte Kommanditanteile niedriger als für herkömmliche Wertpapiere oder Fondsprodukte, da kein Agio oder keine Gebühren für eine Depotbank, Zahl- oder Clearing-Stelle anfallen“, sagt Hanno Tamminga, zweiter Geschäftsführer von New Shore. Zudem können Anleger Anteile jederzeit handeln und übertragen.
Aktuell bietet New Shore Beteiligungen in Form von KG-Token am Neubauprojekt „RHAS 5“ an. Der Mehrzweck-Frachter soll im Februar 2022 in Dienst gehen, die Beschäftigung des Schiffes sei „für die ersten drei Jahre gesichert“, so Tamminga. Bisher wurden gut 15 Prozent des Emissionsvolumens von 3,1 Millionen Euro platziert. „Für Anlageberater ist der Aufwand gering, weil Zeichnung und Investorenverwaltung online über New Shores Anlegerportal erfolgen“, sagt Tamminga. Für ihn sind tokenbasierte Beteiligungen „Beimischungen zum Depot“, die Renditekicker seien und Klumpenrisiken verringern könnten.
Anlegerschützer weisen stets darauf hin, dass Investoren Schiffsmiteigentümer sind, was im ungünstigsten Fall Totalverlust bedeuten kann. Sie gehen ein weiteres Risiko: Verliert ein Anleger seinen Private Key – vergleichbar mit PIN/TAN –, hat er möglicherweise keinen Zugriff mehr auf sein digitales Depot, kann die verwahrten Anteile nicht mehr übertragen, Gewinnausschüttungen erhält er weiter.
Seit Anfang 2020 sind in Deutschland Geschäfte mit digitalen Vermögenswerten reguliert. Jedes Unternehmen, auch ausländische, das tokenbasierte Produkte oder Dienstleistungen anbietet, braucht eine Erlaubnis der Bafin. Damit könnte die Blockchain-Technologie die Grundlage für eine breite Palette vollautomatischer Finanzdienstleistungen werden.
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