Morning Briefing: Google zeigt seine neuen KI-Ideen

Suchpotenzial – Wie uns Google mit KI das Leben leichter machen will
Liebe Leserinnen und Leser,
die Liste, die die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai am Dienstag verschickte, war kurz: Batterieteile 25 Prozent, Halbleiter 50 Prozent, E-Autos 100 Prozent, hieß es darin unter anderem. Tai führte Importgüter aus China auf, die künftig mit neuen Handelsbarrieren belegt werden sollen. Insgesamt sind es 14 Posten.
Zum Vergleich: Die Strafzoll-Listen während der Amtszeit von Donald Trump, der China mit weitreichenden Sanktionen überzog, waren teilweise hundert Seiten lang und umfassten Tausende Produkte.
Doch von der Kürze der Liste sollte man sich nicht täuschen lassen, sie hat es in sich. Laut unserer Washington-Korrespondentin Annett Meiritz betreffen die zum Teil erhöhten und zum Teil neu verhängten Strafzölle genau jene Schlüsselbranchen, die die USA von der Billigkonkurrenz aus China am meisten bedroht sehen.
„Die Wende hin zum Protektionismus ist mittlerweile Konsens in Washington“, erklärt die Sicherheitsexpertin Liana Fix von der Washingtoner Denkfabrik Council on Foreign Relations. Denn:
Wie so oft wird die Außenhandelspolitik von der Innenpolitik bestimmt: US-Präsident Joe Biden kämpft um seine Wiederwahl. Doch in den wichtigen Swing-Staaten, die im November über den Einzug ins Weiße Haus entscheiden, liegt er in Umfragen hinter seinem Herausforderer Trump. Indem Biden China zum Feindbild erhebt, könnte er Aufwind bekommen, so das Kalkül demokratischer Strategen.

Das Ausbluten der US-Industrie im Zuge der Globalisierung spielte schon eine zentrale Rolle im Wahlkampf 2016 zwischen Trump und Hillary Clinton. Trump vermochte es, die Existenzängste von Arbeitern zu thematisieren und gewann die Wahl.
Biden lernte aus Clintons Fehlern: Bei den Präsidentschaftswahlen 2020 holte er sich die Unterstützung der Gewerkschaften und trat mit einem protektionistischen Wahlprogramm an. Mit Erfolg, er eroberte Michigan, Wisconsin und Pennsylvania für die Demokraten zurück. Ein ähnliches Rezept soll nun Bidens zweite Amtszeit sichern. Die industrielle Abwanderung sei ein Warnsignal gewesen, aus dem die USA ihre Lehren gezogen hätten, sagte Biden kürzlich vor Großspendern in Los Angeles.
Wie viel zusätzliches Wachstum kann die Welt durch den Boom der Künstlichen Intelligenz (KI) erwarten? Dieser Frage ist mein Kollege Torsten Riecke nachgegangen – und die richtige Antwort ist gar nicht so einfach zu finden. Denn die Wachstumsprognosen in den einschlägigen Studien streuen ähnlich breit wie die Behauptungen eines schlecht geprompteten, aber dafür sehr selbstbewussten Chatbots.
Die TFP ist eine Kenngröße, die es sich in diesem Zusammenhang zu verstehen lohnt. Sie bezeichnet nicht nur den Produktivitätsbeitrag der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital, sondern insbesondere auch des technischen Fortschritts. Bisherige Revolutionen in der Informationstechnologie haben sich erstaunlicherweise kaum in der TFP niedergeschlagen – obwohl Google Maps und iPhone das Leben doch unzweifelhaft einfacher gemacht haben. Es gilt nach wie vor der Satz des verstorbenen Wirtschaftsnobelpreisträgers Robert Solow:
Die spannende Frage lautet: Wird die KI dieses Produktivitätsparadoxon durchbrechen oder einmal mehr bestätigen?
Zumindest sorgt KI dafür, dass sich die Internetsuche von Google 27 Jahre nach dem Start der Suchmaschine erstmals drastisch verändern wird. „Google übernimmt das Googeln für Sie“, sagte Konzernchef Sundar Pichai gestern auf der jährlichen Entwicklerkonferenz in Mountain View. Die neue Funktion wird in den nächsten Wochen in den USA zur Verfügung stehen. Deutschland und weitere Länder sollen „bald“ folgen.
Nutzerinnen und Nutzer erhalten zuerst eine lange, zusammenfassende Antwort. Die kann zudem Bilder, Karten und Videos enthalten. Erst dann folgt die klassische Liste mit Links zu weiteren Internetseiten. Microsofts Google-Konkurrent Bing bietet bereits seit dem vergangenen Jahr eine Suchfunktion, bei der in einem Chat passende Informationen bereitgestellt werden – ohne die Notwendigkeit, weiterführende Internetseiten aufzurufen.
Google zeigte gestern zudem Beispiele, wie die eigenen KI-Angebote den Alltag der Nutzer erleichtern sollen. So kann die erweiterte Google-Suche Bilder und Videos analysieren – und Nutzern etwa sagen, wo sie ihre Brille verlegt haben, wenn sie vorher ihre Umgebung abgefilmt haben. „Sie lag auf deinem Schreibtisch, neben einem roten Apfel“, erklärte die KI in einem Demonstrationsvideo auf Nachfrage.
Hier erkennen wir die Grenzen von KI: Wenn ich meine Lese- oder Sonnenbrille besonders lange suche, habe ich sie meistens auf die Stirn geschoben. Da hilft das Abfilmen der Umgebung natürlich nichts.

US-Außenminister Antony Blinken hat in der ukrainischen Hauptstadt nicht nur über Waffenlieferungen gesprochen, sondern auch musikalisches Talent bewiesen. Der 62-Jährige betrat am Dienstagabend in einer Kiewer Bar die Bühne und griff zur Gitarre. „Ich weiß, das sind wirklich schwere Zeiten“, sagte der US-Chefdiplomat. Aber die Menschen in der Ukraine sollten wissen, dass die USA und die freie Welt hinter ihnen stünden. Dann fing die Band auf der Bühne an, Neil Youngs „Rockin' in the Free World“ zu spielen. Blinken begleitete den 1989 erschienenen Song auf der Gitarre und sang den Refrain mit.
Gemäß der Doktrin der Bundesregierung, bei Hilfen für die Ukraine stets im Gleichschritt mit den USA vorzugehen, ist die Mission für Außenministerin Annalena Baerbock nun klar: Gitarre einpacken, ab in den Zug nach Kiew und auf dem Maidan jenes Lied anstimmen, das man in weiten Teilen der USA ohnehin für die heimliche deutsche Nationalhymne hält: „Looking for Freedom“ von David Hasselhoff.





Ich wünsche Ihnen einen Tag, an dem Freiheit auf keinen Fall fehlt.
Herzliche Grüße,
Ihr
Christian Rickens
PS: Wie führe ich richtig in der Transformation? So gut wie alle, die in Unternehmen Verantwortung tragen, dürfte diese Frage gerade beschäftigen. Die Handelsblatt-Redaktion möchte sie im Rahmen ihrer Management Summer School beantworten. Vom 28. Juni bis zum 19. Juli werden wir uns deshalb mit einem Themenschwerpunkt an Führungskräfte wenden. Wenn Sie drei Minuten Zeit haben, nehmen Sie gern hier an unserer Umfrage zum Thema Transformation teil. Die Ergebnisse fließen in eine Studie des Handelsblatt Research Institute ein, die wir im Rahmen der Summer School vorstellen wollen.





