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Geldpolitik Auf diese vier Punkte kommt es bei der EZB-Sitzung an

Der Renditeanstieg bei Anleihen sorgt für Unruhe an den Märkten. Auf der Ratssitzung berät die EZB, wie sie damit umgeht. Doch es gibt auch weitere wichtige Punkte.
11.03.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Die EZB-Präsidentin beantwortet am Donnerstag ab 14.30 die Fragen der Presse. Quelle: Reuters
Christine Lagarde

Die EZB-Präsidentin beantwortet am Donnerstag ab 14.30 die Fragen der Presse.

(Foto: Reuters)

Frankfurt Es kommt selten vor, dass sich Notenbanker bei Elektromusikern bedienen. Allein deshalb hat die jüngste Rede des italienischen EZB-Direktors Fabio Panetta für Aufsehen gesorgt. Seine Hauptbotschaft, so Panetta, könne mit dem Titel eines Songs des Elektromusik-Duos Daft Punk zusammengefasst werden: „Harder, better, faster, stronger“. Das französische Duo, das gerade seine Auflösung nach 28 Jahren bekanntgegeben hat, ist vor allem für seine treibenden Rhythmen bekannt.

Genau eine solche Herangehensweise wünscht sich der Italiener auch für die Geldpolitik. Wenn es nach ihm geht, sollte sich die EZB entschlossen gegen einen unerwünschten Anstieg der Anleiherenditen stemmen. Diese sind zuletzt in den USA, aber auch im Euro-Raum nach oben geklettert. Das bereitet den Notenbankern der EZB Sorgen. Sie fürchten, dass dies dazu führen könnte, dass die Finanzierungskosten für Unternehmen und Haushalte mitten in der Pandemie steigen.

Investoren werden daher sehr genau darauf achten, was EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf ihrer Pressekonferenz dazu sagt. Daneben dürfte auch der jüngste Anstieg der Inflation im Euro-Raum ein Thema sein sowie die neuen Prognosen der EZB zur Entwicklung von Wachstum und Inflation im Euro-Raum. Auf folgende vier Themen kommt es an:

1. Wie reagiert die EZB auf den Renditeanstieg am Anleihemarkt?

Seit Jahresbeginn haben die Renditen am US-Anleihemarkt deutlich zugelegt. Als wichtigster Treiber gilt das geplante Konjunkturpaket von US-Präsident Biden im Umfang von 1,9 Billionen Dollar. Dieses hat großen Optimismus für die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft geschürt, aber auch die Erwartung einer steigenden Inflation. Die Entwicklung in den USA hat auch die Anleiherenditen in Europa nach oben getrieben.

Mehrere hochrangige EZB-Vertreter einschließlich Präsidentin Lagarde haben deshalb erklärt, dass man die Situation genau beobachte. Der EZB-Experte der Commerzbank, Michael Schubert, rechnet deshalb damit, dass es im Rat weitgehende Einigkeit über einen Eingriff gibt, aber unterschiedliche Meinungen über das Ausmaß.

Aus Sicht von Allianz-Ökonomin Katharina Utermöhl ist „keine drastische Reaktion“ erforderlich. „Vorläufig sollte es für die EZB ausreichen, ihren Worten Taten folgen zu lassen, indem sie das Tempo ihrer wöchentlichen Anleihekäufe erhöht“, sagt sie. Ähnlich äußert sich die Ökonomin des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, Elga Bartsch, die wie Utermöhl dem vom Handelsblatt moderierten Schattenrat angehört, einem Expertengremium zur Geldpolitik der EZB.

Bartsch hält es in diesem Zusammenhang für unglücklich, dass die wöchentlichen Käufe der EZB zuletzt zurückgegangen sind, obwohl Lagarde und andere Top-Vertreter der EZB ihr Unbehagen über den Anstieg der Anleiherenditen geäußert haben.

Laut den am Montag veröffentlichten Daten kaufte die EZB in den fünf Tagen bis zum 5. März für netto 11,9 Milliarden Euro zusätzliche Anleihen. In der Vorwoche waren es 12,0 Milliarden Euro. Beides lag deutlich unter dem durchschnittlichen Kaufvolumen der vergangenen Monate. Seit Juni hat die EZB wöchentlich im Schnitt für netto 15 Milliarden Euro Anleihen gekauft.

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Die wöchentlichen Daten werden allerdings durch saisonale Faktoren beeinflusst, wie zum Beispiel das Auslaufen älterer Papiere aus dem Bestand. Auf der Sitzung am Donnerstag nun könnte die EZB eine Ausweitung der wöchentlichen Käufe in Aussicht stellen. In diese Richtung deuten Aussagen einiger Notenbanker im Vorfeld.

So hatte der französische Notenbankchef François Villeroy de Galhau gesagt, die EZB könne und müsse auf den Renditeanstieg reagieren, sofern dieser unerwünscht sei. Erster Ansatzpunkt dafür sei das Anleihekaufprogramm in der Corona-Pandemie, genannt PEPP.

Auch der griechische Notenbankchef Yannis Stournaras hatte mehr Tempo bei den Bond-Käufen gefordert. Die EZB hat das PEPP-Programm im Dezember auf 1,85 Billionen Euro ausgeweitet und bis März 2022 verlängert. Rund eine Billion Euro dieses Kaufrahmens sind bislang noch ungenutzt.

Dadurch gibt es hier noch viel Spielraum. Allianz-Ökonomin Utermöhl hält ein Vorziehen von Anleihekäufen für geboten, um die Renditen in Schach zu halten. Aus ihrer Sicht könnte das dazu führen, dass am Ende sogar weniger Käufe der EZB erforderlich sind, weil sie dadurch ihre Glaubwürdigkeit erhöhen würde.

2. Gibt Christine Lagarde Signale für eine weitere Lockerung der Geldpolitik?

EZB-Präsidentin Lagarde könnte darüber hinaus Signale für eine weitere Lockerung der Geldpolitik geben. Ihr Direktoriumskollege Panetta machte in seiner jüngsten Rede nicht nur eine Referenz an Daft Punk, sondern brachte auch eine Steuerung der Zinskurve ins Spiel.

Damit ist eine neue Form der Zinspolitik gemeint, bei der die Notenbank nicht nur die sehr kurzfristigen Leitzinsen festsetzt. Stattdessen wird die gesamte Zinskurve, also das Niveau der Renditen von Staatsanleihen über alle Laufzeiten hinweg, in einem engen Korridor gehalten. Japan verfolgt die Strategie schon länger.

Experten gehen davon aus, dass eine explizite Kontrolle der Zinskurve auf starken Widerstand innerhalb des EZB-Rats stoßen würde. Quelle: dpa
EZB-Zentrale in Frankfurt

Experten gehen davon aus, dass eine explizite Kontrolle der Zinskurve auf starken Widerstand innerhalb des EZB-Rats stoßen würde.

(Foto: dpa)

Die Chancen, dass es dazu kommt, sind allerdings gering. Die EZB ist anders als die japanische Notenbank nicht nur für ein einzelnes Land zuständig, sondern für insgesamt 19 Mitgliedsländer des Euro-Raums. Allein dadurch ist die Umsetzung viel schwieriger und rechtlich kompliziert.

Erst vor wenigen Wochen sagte Chefvolkswirt Philip Lane, es sei „glasklar, dass wir uns nicht mit einer Steuerung der Zinskurve beschäftigen“. Der Ökonom des Schweizer Vermögensverwalters Pictet, Frederik Ducrozet, geht davon aus, dass eine explizite Kontrolle der Zinskurve auf starken Widerstand innerhalb des EZB-Rats stoßen würde, und rechnet daher nicht mit einem solchen Schritt.

3. Wie äußert sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde zur Inflation?

Ein weiteres heißes Thema ist derzeit die Inflation. Vor allem in den USA gibt es die Sorge, dass es wegen des sehr hohen Umfangs des Konjunkturpakets zu einer Überhitzung der Wirtschaft und einer hohen Inflation kommt. Auch in der Euro-Zone ist die Inflation zu Jahresbeginn gestiegen. Ökonomen gehen davon aus, dass sich der Trend nach oben im weiteren Jahresverlauf fortsetzt – vor allem in Deutschland.

Allerdings führen sie das hauptsächlich auf Einmaleffekte zurück, wie zum Beispiel die Normalisierung der Mehrwertsteuer nach der temporären Senkung im vergangenen Jahr, die Einführung der CO2-Abgabe und sogenannte Basiseffekte bei den Energiepreisen. Weil der Ölpreis im Zuge der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr stark gesunken ist, dürfte er jetzt im Vergleich zu den niedrigen Vorjahreswerten höher liegen.

Ein dauerhafter Trend einer höheren Inflation ist aber bisher nicht absehbar. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte kürzlich, dass dafür vor allem die Löhne stärker steigen müssten. Angesichts der gestiegenen Arbeitslosigkeit im Zuge der Pandemie ist damit vorerst nicht zu rechnen.

Die meisten Ökonomen halten den Anstieg der Inflation in diesem Jahr daher für ein vorübergehendes Phänomen und sehen darin eine kommunikative Herausforderung für die EZB.

Vor allem in Deutschland gilt die Bevölkerung als besonders sensibel mit Blick auf die Inflation.
„Christine Lagarde sollte in der Pressekonferenz klarmachen, dass der EZB-Rat bei seinen geldpolitischen Erwägungen durch diese Einmaleffekte hindurchgucken wird,“ rät Blackrock-Ökonomin Elga Bartsch.

4. Welche Entwicklung erwartet die EZB für Wachstum und Inflation?

Auf ihrer Pressekonferenz nach der Ratssitzung wird Christine Lagarde auch neue Prognosen der EZB zur Entwicklung von Wachstum und Inflation im Euro-Raum bis 2023 präsentieren. Im Vergleich zum Dezember wird wahrscheinlich die Inflationsprognose für dieses Jahr angehoben und für 2022 reduziert.

Die Ökonomen des Schattenrats prognostizieren für 2021 ein Wachstum von 4,3 Prozent, für 2022 von 3,9 Prozent sowie für 2023 von 1,9 Prozent. Die EZB prognostizierte im Dezember für dieses Jahr ein Wachstum von 3,9 Prozent, für 2022 von 4,2 Prozent und für 2023 von 2,1 Prozent.

Für die Inflationsentwicklung sagen die Ökonomen des Schattenrats für 2021 einen Wert von 1,4 Prozent voraus, für 2022 von 1,2 Prozent und für 2023 von 1,3 Prozent. Die EZB rechnet in ihrer Dezember-Prognose für 2021 mit 1,0 Prozent, für 2022 mit 1,1 Prozent und für 2023 mit 1,4 Prozent.

Mehr: Olivier Blanchard im Interview: „Die Gefahr ist, das Inflations-Monster zu wecken.“

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