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Zinsentscheid Türkische Zentralbank senkt den Zins erneut – Staatsbanken stützen die Lira

Gegen den drohenden Wirtschaftsabschwung setzt die Regierung in Ankara auf günstigeres Geld. Das könnte der Wirtschaft helfen, wenn da nicht die Schulden wären.
22.04.2020 - 14:27 Uhr Kommentieren
Die türkische Lira blieb nach der Zinsentscheidung vorerst stabil. Quelle: dpa
Wechselstube in Istanbul

Die türkische Lira blieb nach der Zinsentscheidung vorerst stabil.

(Foto: dpa)

Istanbul Die türkische Zentralbank hat den Leitzins zum achten Mal in Folge gesenkt. Am Mittwoch legte Notenbankchef Murat Uysal den einwöchigen Repo-Zinssatz auf 8,75 Prozent fest – ein Prozentpunkt oder 100 Basispunkte niedriger als zuvor.

Die Zentralbank stuft die Risiken für die Inflationsprognose zum Jahresende als rückläufig ein. „In diesem Rahmen hat der Verwaltungsrat beschlossen, den Leitzins um 100 Basispunkte zu senken“, heißt es in einer Erklärung des geldpolitischen Rats der türkischen Zentralbank (TCMB).

Im Zuge eines möglicherweise mehrmonatigen Stillstandes der Weltwirtschaft wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus setzt die Regierung in Ankara damit auf günstiges Geld, um die heimische Ökonomie am Leben zu halten.

Seit Juli 2019 hat die Zentralbank die Leitzinsen nun bereits acht Mal gesenkt: von 24 Prozent auf nun 8,75 Prozent. Dieser Repo-Zinssatz beschreibt, zu welchen Konditionen Geschäftsbanken innerhalb einer Woche Geld von der Zentralbank leihen können. In der Regel finden solche Transaktionen statt, um frisches Geld in Form von Krediten an Konsumenten oder Firmen zu vergeben.

Es gilt: Je niedriger der Leitzins, desto häufiger werden neue Kredite nachgefragt. Damit wird die Wirtschaft angekurbelt, und es werden Arbeitsplätze geschaffen. Gleichzeitig verwässert das neu ausgegebene Geld den Wert der heimischen Währung. Der Wechselkurs fällt dann in der Regel, und die Inflation steigt.

Piotr Matys, Stratege bei der Rabobank in London, sagt: „Eine weitere erhebliche Zinssenkung ist ein klares Indiz dafür, dass die Unterstützung der Wirtschaft trotz Rezessionsgefahr Priorität hat.“ Es bedeute aber auch, „dass die Lira noch weniger attraktiv sein wird, und dass die Zentralbank möglicherweise noch mehr für Deviseninterventionen ausgeben muss“.

Keine Priorität für Wechselkurs- und Preisstabilität

Die Analysten der türkischen Investmentfirma Oyak hatten mit einer Zinssenkung in genau dieser Höhe gerechnet. In einer Phase wie während der Coronakrise drohe der Wirtschaft das „signifikante Risiko“ einer Rezession, schreiben die Oyak-Experten. „Wir erwarten daher, dass die Zentralbank der Wechselkurs- und Preisstabilität keine Priorität zuordnen wird.“

Die türkische Lira blieb nach der Zinsentscheidung vorerst stabil und notierte am Nachmittag (Ortszeit) 0,2 Prozent schwächer bei 6,9966 Lira pro Dollar. Ein Euro kostete demnach 7,6086 Lira oder minus 0,39 Prozent. Innerhalb eines Quartals hat die türkische Währung rund elf Prozent zum Dollar verloren und acht Prozent zum Euro. Um die Lira zu stützen, haben türkische Staatsbanken der Agentur Bloomberg zufolge mit bis zu 300 Millionen Dollar an den Märkten interveniert.

Zieht man die Inflation der Lira von zuletzt 11,9 Prozent ab, hat die Türkei derzeit einen der niedrigsten Realzinsen weltweit. Notenbankpräsident Murat Uysal erklärte, dass nach Ansicht der Notenbank die Inflation im Zuge der Coronakrise kaum ansteigen werde, da der Ölpreis derart stark gesunken sei.

Derzeit geht die Zentralbank für das gesamte Jahr von einer Inflation in Höhe von 8,2 Prozent aus. „Obwohl die mit dem Rückgang von Produktion und Umsatz verbundenen Stückkostensteigerungen verfolgt werden, wird erwartet, dass der inflationsbegrenzende Effekt der Gesamtnachfragebedingungen zunimmt“, erklärte der geldpolitische Rat der TCMB.

Druck auf verschuldete Unternehmen wächst

Die türkische Wirtschaft ist, wie viele Länder, stark von den Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Virus betroffen. Bei den Automobilzulieferern standen seit März wochenlang die Bänder still, weil die großen Autobauer selbst im Moment keine Zwischenprodukte gebrauchen konnten. Ähnlich sieht es im Tourismus aus, eine der wichtigsten Devisenquellen des Landes. Freuen können sich hingegen Lebensmittelproduzenten. „Die Nachfrage aus Europa nach türkischen Früchten und Gemüse ist groß“, erklärt Yüksel Tavsan, Präsident der Vereinigung türkischer Großhändler.

Die erneute Zinssenkung dürfte den Wert der Lira in den kommenden Monaten weiter belasten, zumal die Zentralbank nicht ewig mit Interventionen gegen den Währungsabschwung vorgehen kann. Unternehmen, die stark im Export sind, dürften davon profitieren: Ihre Produkte werden im Ausland billiger.

Für Firmen mit hohen Dollarschulden wiederum wird der Druck auf die Bilanz zunehmen. Ihre Auslandsschulden werden immer teurer, je schwächer die Lira notiert. Dazu zählen die Analysten von Oyak Unternehmen wie Anadolu Efes, Odas, Migros und Zorlu Energy.

Mehr: Brasilien, Südafrika und die Türkei: Drei Schwellenländer in der Schuldenfalle.

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