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CDU-ParteitagIn einer Linie mit Adenauer und Kohl

SPD und Grüne werfen Friedrich Merz vor, das europapolitische Erbe der Union zu zerstören. Das ist falsch. Ein Gastkommentar von CDU-Politiker und Helmut-Kohl-Enkel Johannes Volkmann. 02.02.2025 - 14:51 Uhr Artikel anhören
Johannes Volkmann ist das jüngste Mitglied im CDU-Bundesvorstand und ein Enkel von Bundeskanzler Helmut Kohl. Foto: Tobias Koch

Mit ihren Anträgen im Deutschen Bundestag in der vergangenen Woche schlägt die Union Zurückweisungen für illegal Einreisende in das Bundesgebiet vor. Rot-Grün stellt die Rechtmäßigkeit dieser Vorhaben infrage. Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (EU) können Grenzkontrollen und Zurückweisungen durchgeführt werden, wenn dies zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit erforderlich ist.

Eine finale Bewertung der Anwendung von Artikel 72 im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kann jedoch nur der Europäische Gerichtshof (EuGH)  vornehmen. In der Praxis ist es bereits heute so, dass acht Mitgliedstaaten Grenzkontrollen notifiziert haben – darunter seit dem Sommer auch Deutschland.

Deutschlands Unterlassen in der Migrationspolitik spaltet Europa

Das bestehende europäische Asyl- und Migrationssystem hat sich als untauglich und dysfunktional erwiesen. Von 2015 bis 2023 hat die EU insgesamt über 6,5 Millionen Asylsuchende aufgenommen. Davon haben 38,5 Prozent einen Antrag in Deutschland gestellt.

Nahezu alle Antragsteller in Deutschland sind Sekundärmigranten, die es nach dem Sinn der Dublin-Regeln gar nicht geben dürfte. Schließlich sehen diese vor, dass Asylanträge im Erstbetretungsland in der EU zu stellen sind. Rücküberstellungen nach den Dublin-Kriterien funktionieren in der Praxis häufig nicht – so auch bei den Tätern von Aschaffenburg und Solingen.

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Die politische Verantwortung für ein dysfunktionales Asylsystem in Europa ist nicht bei unseren Nachbarstaaten zu suchen. Deutsche Bundesregierungen haben sich mit ihrer Weigerung, Pull-Effekte für Migration in die Bundesrepublik zu reduzieren, unter den Mitgliedstaaten zunehmend isoliert. Zwar wurde im Rahmen der Reform des Gemeinsamen Europäisches Asylsystems (GEAS) im vergangenen Jahr eine Grundsatzeinigung auf ein neues Asylsystem erzielt – in vielen Fragen geht diese jedoch nicht über Minimalkompromisse hinaus.

Die Ampel-Regierung war hierbei gespalten: Während die Grünen in der Bundesregierung den Vorschlag unterstützten, stimmten sie im Europäischen Parlament dagegen.

Friedrich Merz’ Vorschlag ist eine Hinwendung zu den politischen Mehrheiten der Europäer

Bereits im Mai 2024 forderten 15 Mitgliedstaaten in einem offenen Brief erhebliche Nachbesserungen an den Beschlüssen. Insbesondere die Durchführung von Asylverfahren in sicheren Drittstaaten findet außerhalb Deutschlands große Unterstützung. In vielen Mitgliedstaaten hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es einen Politikwechsel hin zur Begrenzung des Zustroms in der Migration braucht. So wurde der Aufruf unter anderem von sozialdemokratischen Regierungen in Dänemark und Malta sowie einer schwarz-grünen Regierung in Österreich unterstützt.

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Friedrich Merz’ Vorschlag, mit dem Behelf nationaler Zurückweisungen für mehr Ordnung in der Migration zu sorgen, ist daher kein Akt der Abkehr von Europa, sondern eine Hinwendung zu den politischen Mehrheiten der Europäer und ihrer Regierungen. Es handelt sich nicht um eine Abgabe europäischer Verantwortung im Sinne eines nationalen Alleingangs, sondern um die Schaffung einer politischen Grundlage, auf der eine dauerhaft tragfähige europäische Lösung erst entstehen kann.

„Europäische Lösungen“ dürfen nicht länger eine Chiffre für politisches Nicht-Handeln in der Migrationsfrage sein. Sonst drohen sich strukturelle Mehrheiten in Migrationsfragen zu Mehrheiten gegen die Idee eines Europas offener Binnengrenzen zu verfestigen – eine Entwicklung, die sich an den Wahlurnen vieler Mitgliedstaaten bereits abzeichnet.

Mit Friedrich Merz verbinden viele in Brüssel die Hoffnung auf eine Rückkehr zu den Wurzeln deutscher Europapolitik, die einen echten Gestaltungsanspruch entwickelt.
Johannes Volkmann

Friedrich Merz’ Europaidee steht in der Tradition großer Christdemokraten der Bonner Republik wie der beiden Bundeskanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl. Diese Idee beruht auf der Erkenntnis, dass die Bundesrepublik Deutschland den Zusammenhalt in Europa nur mit Rücksichtnahme auf kleinere Mitgliedstaaten und ihre Mehrheiten sichern kann. Deshalb ist eine Abkehr von deutschen Sonderwegen in der Migrationspolitik, die längst keine Mehrheiten in Europa haben – oder diese vielleicht nie hatten –, dringend geboten.

Die Union steht für eine Europapolitik, in der Europäer ihre Herausforderungen gemeinsam lösen. Dafür braucht es Vertrauen in die europapolitische Verlässlichkeit der Bundespolitik. Bei unseren Partnern in Mittel- und Osteuropa ist dieses Vertrauen vor dem Hintergrund energiepolitischer Alleingänge wie den Nordstream-Pipelines beschädigt worden. Auch ein erratischer Kurs in der Unterstützung der Ukraine mit Rüstungsgütern – von 5000 Helmen bis zu verzögerten Leopard-Lieferungen – hat wenig vertrauensbildend gewirkt.

Mit Friedrich Merz verbinden viele in Brüssel die Hoffnung auf eine Rückkehr zu den Wurzeln deutscher Europapolitik, die einen echten Gestaltungsanspruch entwickelt.

Verwandte Themen CDU Europäische Union Deutschland Wirtschaftspolitik

Der Autor: Johannes Volkmann ist das jüngste Mitglied im CDU-Bundesvorstand und ein Enkel von Bundeskanzler Helmut Kohl. Er kandidiert für die CDU bei den Bundestagswahlen im Wahlkreis Lahn-Dill und war von 2020 bis 2025 Büroleiter eines CDU-Abgeordneten im EU-Parlament.

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