Gastkommentar – Expertenrat: Was Voltaire, Veteranen und glückliche Japaner mit einem langen Leben zu tun haben

Lachen, sich mit positiven Menschen und positiven Worten umgeben – das ist Teil des japanischen Konzepts Ikigai, das für ein erfülltes und glückliches Leben steht.
Schon Voltaire wusste: „Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen, glücklich zu sein.“ Diesem Grundsatz folgt auch Ikigai, ein philosophisches Konzept aus Japan über ein erfülltes und glückliches Leben.
Es basiert unter anderem auf der Idee, sich mit optimistischen Menschen zu umgeben, sich auch über die kleinen Dinge zu freuen, von positiven Erlebnissen zu erzählen und vor allem viel zu lachen und eine positive Sprache zu verwenden.
Dass positiv gestimmte Menschen mehr vom Leben haben, darüber gibt es keinen Zweifel. Aber sind sie auch gesünder? Lange war wissenschaftlich umstritten, ob Optimisten oder Pessimisten länger leben.
Den Pessimisten wurde zugutegehalten, dass sie sich mehr um ihre Gesundheit sorgen. Unter ihnen finden wir auch häufiger Hypochonder.
Die Frage spielt auch deshalb derzeit eine aktuelle Rolle, weil sich zwei Jahre Pandemie und nun der Ukrainekrieg auf den Gemütszustand vieler Menschen in Deutschland auswirken.
Wer positiv denkt, tut seinem Herzen Gutes
Inzwischen gibt es Befunde, dass Optimisten bessere Chancen haben, älter zu werden als Pessimisten. Bereits im Jahre 2009 hat die Universität Pittsburgh dafür Belege gefunden.
In einer Studie mit 97.253 Frauen, die sich alle einem Persönlichkeitstest unterzogen hatten, wurde nachgewiesen, dass optimistische Frauen signifikant seltener eine koronare Herzerkrankung bekommen hatten und entsprechend im Untersuchungszeitraum auch eine niedrigere Sterblichkeit an dieser Krankheit.
In einer aktuellen Studie fragten sich Wissenschaftler der Boston University School of Medicine, wer wohl länger lebt: Pessimisten, die sich mehr Gedanken um ihre Gesundheit machen, oder Optimisten, die eher davon ausgehen, dass die von ihnen registrierten Beschwerden schon nicht so schlimm seien.
Die Forscher analysierten die Gesundheitsdaten von rund 71.000 Personen. Sie nutzten zwei Datenbanken, in denen seit Jahrzehnten die Krankengeschichte von Krankenschwestern und Veteranen gespeichert werden. So erhielten die Wissenschaftler Informationen über den Gesundheitszustand und die Lebensführung von fast 70.000 Krankenschwestern und 1429 Veteranen.
Bei allen war mithilfe von Fragebögen und Tests ermittelt worden, ob sie eher optimistisch oder pessimistisch sind. Die Forscher hatten die Frauen in vier Gruppen von sehr optimistisch bis sehr pessimistisch eingeteilt. Bei den Veteranen waren es fünf Gruppen.
Es zeigte sich eindeutig, dass sich eine optimistische Lebensweise positiv auf die Lebenserwartung auswirkt. In dieser Studie hatten Optimisten eine 50- bis 70-prozentig größere Chance, 85 Jahre oder älter zu werden als Pessimisten.
Die Daten zeigten ferner, dass besonders optimistische Frauen im Schnitt um 15 Prozent länger leben als die pessimistischen Frauen der untersuchten Gruppe.
Bei den Männern betrug dieser Wert elf Prozent. Interessant: Auch bei ähnlicher Lebensführung lebten Optimisten länger als Pessimisten. Richtig alt werden nur Optimisten.
Optimisten erholen sich besser vom Stress
Die Wissenschaftler untersuchten ferner, ob die höhere Lebenserwartung daran liegen könnte, dass Optimisten grundsätzlich gesünder leben, also zum Beispiel regelmäßiger zum Arzt gehen, weniger rauchen oder trinken und mehr Sport treiben. Rechneten die Forscher solche Unterschiede in die Lebensführung mit ein, schwächte sich das Ergebnis ab, aber weiterhin waren die Optimisten klar im Vorteil.
Neben der höheren Lebenserwartung bringt Optimismus laut Studie auch noch andere Vorteile mit sich. Optimisten erholen sich besser von Schwierigkeiten und Stresssituationen. Sie sind außerdem besser in der Lage, Emotionen und ihr Verhalten zu regulieren.
Zudem sind Optimisten sozial besser integriert. Gute soziale Kontakte sind ein wesentlicher Faktor für ein langes Leben.
Kann man Optimismus erlernen?
Man betrachtet Menschen als Optimisten, die daran glauben, dass gute Dinge passieren werden und dass die Zukunft erstrebenswert ist. Sie haben das Gefühl, die Dinge unter Kontrolle zu haben.
Optimisten setzen sich erreichbare Ziele, die den eigenen Möglichkeiten entsprechen, machen kleine Schritte und bleiben realistisch. Sie akzeptieren Dinge, die sie ohnehin nicht ändern können.
Und: Optimisten sind dankbar für die vielen schönen kleinen Dinge im Leben. Das ist der Weg optimistischer Personen.
Niemand kommt dabei als Optimist oder Pessimist auf die Welt. Negative Grundeinstellungen und Sichtweise lassen sich unter anderem mit Therapien und Trainingsmethoden ändern, wenn wir feststellen, dass sie uns daran hindern, das Beste aus unserem Leben zu machen. Oder wie der Autor Rolf Merkle so schön sagt: „Jeder kann dem Klub der Optimisten beitreten. Die Mitgliedschaft ist auf vollkommen freiwilliger Basis.“


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