Gastkommentar: Fakten statt Fake News
Professor an der Stanford University
Foto: BloombergVorbei scheinen die Zeiten, in denen westliche politische Führer Glaubwürdigkeit als ihr höchstes Gut ansahen. Von den Präsidenten und Premierministern abwärts koppeln sich viele Vertreter der politischen Klasse immer weiter von ihren Wählern ab. Was sind die Gründe für diese krisenträchtige Entwicklung – und was die Konsequenzen?
Zum einen begünstigen die heutigen sozialen Medien derzeit offensichtlich extreme Aussagen gegenüber sachlichen, faktenbasierten Analysen. In einer polarisierten medialen Welt und oft auch gespaltenen Gesellschaften sind Politiker mehr daran interessiert, ihre radikalisierte Basis zu füttern als Mäßigung und Kompromisse anzubieten.
Zum anderen liegen Prognosen eben oft daneben. Die Behauptung beispielsweise, die Inflation sei nur „vorübergehend“, mag anfangs noch einigermaßen plausibel gewesen sein, wurde aber mit jedem Monat zweifelhafter. Hinzu kommt, dass Bürger oft ein anderes Verständnis von „vorübergehend“ haben als Ökonomen. Viele Bürger assoziierten den Begriff mit „schnell vorbei“ – erlebten dann aber, dass die Inflationsraten sogar weiter stiegen.
Da neue Wirtschaftsdaten später nicht selten revidiert werden müssen, kann sogar eine Beschreibung der aktuellen Lage in die Irre führen. Bei vielen Bürgern dürfte das für erheblichen Verdruss sorgen, solange sie von der „Vorläufigkeit“ der Daten kaum etwas wissen. Außerdem hassen es Politiker, dem Volk schlechte Nachrichten zu überbringen. Sie schieben die Probleme lieber ihren politischen Gegnern oder wirtschaftlichen Feindbildern wie der Öl- und Gasindustrie in die Schuhe.