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GastkommentarWarum der norwegische Aufstieg ins All auch eine Chance für Deutschland ist

Die Raumfahrtwirtschaft ist nicht mehr allein großen Nationen vorbehalten. Norwegen will Satelliten von Europas erster Startrampe ins All bringen – mithilfe der Münchener Isar Aerospace.Jan Christian Vestre 27.10.2023 - 10:09 Uhr Artikel anhören

Startrampe in Norwegen: Isar Aerospace aus München schießt seine Spectrum-Rakete von hier aus ins All.

Foto: Isar Aerospace

Für zukünftige nachhaltige Aktivitäten auf unserer Erde hängen wir von unseren Aktivitäten im Weltraum ab: Satelliten zur Navigation, Kommunikation und Überwachung sind für Makrophänomene wie Industrie 4.0 und das Internet der Dinge, Bevölkerungssicherheit, unser Verständnis des Klimawandels und unserer Fähigkeit, diesen zu bewältigen, von entscheidender Bedeutung.

Die Präsenz dort oben ist eine wichtige Bedingung dafür, dass wir hier unten wettbewerbsfähig sein können. Das Neue in unserer Zeit ist allerdings, dass die Raumfahrtwirtschaft nicht mehr nur den großen Nationen und den großen staatlichen Akteuren vorbehalten ist.

Auf der Insel Andøya, unter dem Oval des Nordlichts, am nördlichsten Punkt des Regierungsbezirks Nordland, hat Norwegen bereits seit sechzig Jahren wissenschaftliche Raketen ins All geschossen. Mithilfe dieser Raketen haben Forscher – nicht zuletzt deutsche Wissenschaftler – wichtige Daten für die Klimaforschung und das Weltraumwetter gewinnen können. Nun befindet sich dort die erste Satellitenstartrampe auf europäischem Boden im Bau.

Andøya wird zur maßgeschneiderten Startrampe der Isar-Aerospace-Rakete

Der Ort wurde nicht zufällig gewählt. Denn man kann nicht einfach von irgendwo etwas ins Weltall schießen.

Es gibt nur ziemlich wenige Orte, an denen dies möglich ist, wenn die Verhältnisse optimal sein sollen:

    Erstens sollte unterhalb der Raketenbahn möglichst Meer sein.Und zweitens sollte es weit nach Norden genug Platz geben, wenn die Satelliten in polare oder sonnensynchrone Bahnen eintreten sollen. Wenn Satelliten von Europa aus starten, sind genau diese Flugbahnen zentral.

Auf Andøya laufen die Bauarbeiten für die Anlage, die zum wichtigsten Weltraumbahnhof Europas werden kann: Andøya Spaceport. Das bedeutet, ein „Flughafen“ für den Start von Raketen von dreißig Metern Länge und hundert Tonnen Gewicht, die Satelliten von bis zu anderthalb Tonnen in ihre polaren Bahnen verbringen können.

Jan Christian Vestre ist Wirtschaftsminister von Norwegen.

Foto: imago/blickwinkel

Dies war lange Zeit ein Traum. Jetzt wird er wahr. Das deutsche Unternehmen Isar Aerospace mit Sitz in München hat eine eigene Rakete gebaut – Spectrum – und Andøya als Abschussort ausgewählt. Die Zusammenarbeit ist eng, denn dies ist kein einfaches Vorhaben. Es ist ja, wie man sagt, Rocket-Science.

Das Geschäftsmodell sieht wie folgt aus: Isar Aerospace hat eine eigene Rakete gebaut, mit Infrastruktur für Abschuss und Kontrolle. Andøya Spaceport baut eine maßgeschneiderte Startrampe für die Rakete.

Vieles von dem, was wir erreichen wollen – mit einer grüneren, smarteren und sichereren Gesellschaft, einer nachhaltigeren Wirtschaft mit mehreren Standbeinen – wird davon abhängen, wie wir uns im Weltraum behaupten.
Jan Christian Vestre

Andere kümmern sich um die Satelliten. Und wieder andere werden die Downstream-Dienstleistungen entwickeln und verkaufen – ein Feld mit enormem Wachstum: Kommunikation, Navigation und Präzision unserer Steuerungssysteme für alle Arten von Infrastruktur und Industrieproduktion und nicht zuletzt die Überwachung von Meer und Land, die Naturverwaltung und strategische Sicherheit.

Bei dem, was auf Andøya geschieht, geht es darum, wie unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten in der Zukunft aussehen werden, in Norwegen und in Europa, und darum, dass die Raumfahrtindustrie zukünftig zu einer der Wachstumsindustrien der Welt wird.

>> Lesen Sie hier: Geschäft mit dem Weltraum wird zur 1,25-Billionen-Euro-Chance – und eröffnet auch riesige Märkte für die deutsche Industrie

Es geht darum, sich der Tatsache zu stellen, dass vieles von dem, was wir erreichen wollen – mit einer grüneren, smarteren und sichereren Gesellschaft, einer nachhaltigeren Wirtschaft mit mehreren Standbeinen –, davon abhängen wird, wie wir uns im Weltraum behaupten.

Indem wir im Weltraum präsent sind, können wir die Möglichkeiten, welche die Raumfahrttechnologie eröffnet, steuern und die Lösungen und Dienstleitungen entwickeln, die wir benötigen.

Nationen und Sektoren, Unternehmen und Organisationen müssen mehr zusammenarbeiten

Mit dem, was auf Andøya passiert, melden wir uns in Norwegen nicht nur zum Wettbewerb an, wenn es darum geht, Satelliten von europäischem Boden in den Weltraum zu schicken, sondern wir möchten auch ein wichtiger Entwickler des Weltraums als Arena für die Technologien und smarten Lösungen von morgen für uns hier auf der Erde sein.

Doch für dieses Modell gilt: Es geht um die Zusammenarbeit zwischen Nationen und Sektoren und zwischen Unternehmen und Organisationen. Der Spaceport Andøya wird mit Isar Aerospace als Kunde realisiert und auf Grundlage der Entscheidungen, die wir in Norwegen getroffen haben, um Andøya als Basis für Raumfahrtaktivitäten zu entwickeln.

Verwandte Themen Norwegen Europa Rüstungsindustrie

Von europäischem Boden aus werden wir gemeinsam Satelliten ins All schießen. Das ist der Anfang eines neuen Kapitels.

Der Autor:
Jan Christian Vestre ist Wirtschaftsminister von Norwegen.

Mehr: Wettrennen ins All – während immer mehr Länder ins Weltall vorstoßen, verstolpert Europa seine Zukunft

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