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Gastkommentar Wie Europa Vorreiter beim Klimaschutz werden könnte

Mit dem Green Deal will Europa bis 2050 klimaneutral wirtschaften. Mit einer hohen CO2-Steuer und einer Klimadividende könnte dies gelingen, sagen Daniel Dettling und Jochen Wermuth.
10.03.2021 - 10:11 Uhr Kommentieren
Daniel Dettling (l.) ist Zukunftsforscher und leitet den Thinktank Institut für Zukunftspolitik. Jochen Wermuth ist Investor und Mitglied des Anlageausschusses des Staatsfonds Kenfo. Quelle: dpa, Edgar Rodtmann
Die Autoren

Daniel Dettling (l.) ist Zukunftsforscher und leitet den Thinktank Institut für Zukunftspolitik. Jochen Wermuth ist Investor und Mitglied des Anlageausschusses des Staatsfonds Kenfo.

(Foto: dpa, Edgar Rodtmann)

Zum Jahresbeginn hat Deutschland eine Steuer für den Ausstoß von CO2 eingeführt. Die Steuer soll helfen, Treibhausgase zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen. Der Preis für eine Tonne CO2 soll zunächst 25 Euro betragen und bis 2025 schrittweise auf bis zu 55 Euro steigen.

Eine nationale Steuer, die am Ende die Verbraucher belastet, wird das Ziel der Klimaneutralität verfehlen. Stattdessen braucht es eine europäische und möglichst hohe CO2-Steuer, verbunden mit einer Dividende für alle Bürger.

Bereits 1993 schlug Al Gore als US-Vizepräsident eine CO2-Steuer und eine Dividende vor. 2019 forderten dies 28 US-Nobelpreisträger und mehr als 2000 US-Volkswirte aus beiden politischen Lagern. Um die Energie-, Verkehrs-, Finanz- und die Agrarwende zum Erfolg zu führen und wieder wettbewerbsfähig zu werden, sollten Deutschland und die EU Vorreiter werden und eine CO2- Steuer, eine Dividende und einen Grenzzoll auf Vollkostenbasis einführen.

Die EU sollte im Rahmen ihres „Green New Deal“ das Ziel der Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft bis spätestens 2050 – somit innerhalb einer Generation – jetzt angehen.

Doch wie lassen sich die von einer Tonne verursachten Kosten berechnen? Das Bundesumweltamt geht auf der Basis internationaler Studien davon aus, dass eine heute emittierte Tonne CO2 über 100 Jahre nachwirkt und dabei 640 Euro an gesellschaftlichen Kosten verursacht.

Warum fordern „Scientists for Future“ und „Fridays for Future“ dann nur einen Preis von 180 Euro pro Tonne? Dies sind die abdiskontierten Kosten über 100 Jahre. In einer normalen Volkswirtschaft mit positiven Zinsen würde es reichen, wenn der Emittent einer Tonne heute 180 Euro überweisen würde, das Geld würde über 100 Jahre treuhänderisch angelegt und über die Jahre mit Zinseszinsen 640 Euro an Entschädigung generieren.

Wenn die Verursacher voll für den Schaden aufkommen müssten, wäre im Nullzinsumfeld aber 640 Euro pro Tonne das angemessene Niveau der CO2-Steuer. Nur ein solch hoher Preis würde Fehlsteuerung von Ressourcen wirksam vermindern. Ein Beispiel: Ein Auto mit Verbrennungsmotor stößt ungefähr zwei Tonnen CO2 im Jahr aus. Bei 40 Euro pro Tonne sind das 80 Euro, bei 180 pro Tonne 360 Euro, bei 640 pro Tonne wären es 1280 Euro Zusatzkosten. Je höher die Steuer, desto rascher wird der Umstieg auf Fahrrad, Bus, Bahn und Elektroauto gelingen, desto besser für das Klima.

Die Zusatzeinnahmen müssen den Bürgern zurückgegeben werden

Würde Deutschland heute eine Steuer von 180 Euro pro Tonne CO2 einführen, könnte der Staat mit jährlichen Zusatzeinnahmen von fast 140 Milliarden Euro rechnen, bei 640 Euro wären es knapp 500 Milliarden Euro. Zum Vergleich: In diesem Jahr dürfte die wichtigste staatliche Einnahmequelle, die Einkommensteuer, 340 Milliarden erreichen, die Umsatzsteuer 240 Milliarden.

Als regressive Steuer belastet eine CO2-Steuer ärmere Haushalte überproportional und verschärft auf diese Weise die ungleichmäßige Einkommensverteilung im Lande. Durch diese Steuer steigen dann die Preise von Verbrauchsgütern. Damit man sich die weiter leisten kann, sollten die Einnahmen einer CO2-Steuer daher unabhängig vom individuellen Verbrauch auf Pro-Kopf-Basis an die Bürger zurückerstattet werden – oder gar vorab auf der Basis des erwarteten durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauchs in Deutschland von zehn Tonnen CO2 ausgeschüttet werden.

Wer weniger CO2-Emissionen verursacht als der Durchschnitt, auf dessen Basis die Dividende ausgeschüttet wird, gewinnt, wer überdurchschnittlich CO2 ausstößt, zahlt drauf. Bei der CO2-Steuer geht es jedoch nicht um die klassische Erzielung von Steuereinnahmen, im Gegenteil. Gerade weil sie so hoch ist, schafft sie sich irgendwann selbst ab, nämlich dann, wenn kein CO2 mehr emittiert wird.

Europa könnte Vorreiter beim Klimaschutz werden

Eine EU-weite CO2-Steuer würde einen Wettbewerb um die Ansiedlung CO2-intensiver Unternehmen von vornherein verhindern. Durch einen CO2-Ausgleichszoll würden Produkte verteuert, die in Ländern außerhalb der EU ohne Rücksicht auf Klimafolgen hergestellt und hier billig angeboten werden.

Die EU ist der weltgrößte Binnenmarkt. Mit einer effizienten CO2-Steuer könnte Europa Vorreiter beim Klimaschutz werden, gleichzeitig aber auch die Grundlage für zukunftsfähige Firmen und Arbeitsplätze schaffen und international wettbewerbsfähig bleiben. „Mit Wumms und klimaneutraler Wirtschaft aus der Krise“ müsste zum Motto des Wiederaufbaus nach Corona werden.

Daniel Dettling ist Zukunftsforscher und leitet den Thinktank Institut für Zukunftspolitik. Jochen Wermuth ist Investor und Mitglied des Anlageausschusses des Staatsfonds Kenfo.

Mehr: Klimaschutz braucht den modernen Staat

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