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Prüfers KolumneDer leere Handy-Akku, Sinnbild der Endlichkeit

Smartphones werden künftig wohl immer mit Strom versorgt sein – durch die Luft. Dabei hat die tägliche Existenzkrise durch Energieverlust etwas Hochphilosophisches.Tillmann Prüfer 05.02.2022 - 11:00 Uhr Artikel anhören

Tillmann Prüfer ist Mitglied der Chefredaktion des „Zeit-Magazins“.

Foto: Handelsblatt

Ich habe gehört, dass zurzeit an Smartphones gearbeitet wird, die keinen Akku mehr benötigen. Das soll wirklich möglich sein. Diese Smartphones werden quasi an der frischen Luft aufgeladen, durch Radiowellen. Wenn erst der neue Mobilfunkstandard 6G eingeführt ist, soll die große Stunde der batterielosen Handys schlagen.

Ich werde mich sehr daran gewöhnen müssen. Ich habe ja noch die Zeit erleben dürfen, als es normale Handys gab. Jene waren von Siemens oder AEG. Die Displays dieser Handys konnten Sachen darstellen wie die Uhrzeit, die Stärke des Mobilfunksignals – und den Ladestand des Akkus.

Das aber war die uninteressanteste Information. Denn der Akkustand änderte sich wenig. Man hatte Strom für Wochen. Für das, was ein Handy konnte, Anrufe und SMS, genügte das. Smartphones hingegen können ein bisschen mehr, verbrauchen dabei aber in etwa so viel Energie wie eine Kleinstadt. Und sowohl Leistung als auch Verbrauch steigen von Jahr zu Jahr. Ist der Akku aber alle, kann man nichts mehr machen. Weil man für ungefähr alles das Smartphone braucht.

Das Batteriesymbol auf dem Display ist mein Leitstern. Ist der Ladestand des Akkus bei 20 Prozent angekommen, gerate ich in innere Not. Geht es auf die fünf Prozent zu, ähnelt mein Zustand dem auf dem Totenbett. Was kann ich jetzt auf den letzten Metern noch zustande bringen, was ist das Allerwichtigste?

Bald ist der Akku bei einem Prozent – und ich im Stadium der letzten Worte. Gibt die Batterie dann auf, ist dies für mich wie ein Nahtoderlebnis: Man ist noch da, kann sich aber nicht mehr bemerkbar machen. Man könnte nicht einmal mehr seinen Standort teilen. Für die Umwelt ist man verschwunden, bald vergessen.

Um nicht in Vergessenheit zu geraten, bin ich stets darauf aus, mich in der Nähe einer Steckdose aufzuhalten. Der Großteil meines Lebens findet zwischen 94 und sechs Prozent statt. Das ist nervenaufreibend, sorgt aber für eine gewisse Dramatik im Leben. Wer kennt nicht diese atemlosen Gespräche, wenn man weiß, der Akku ist gleich weg? Nach jedem Wort könnte der andere verschwunden sein. Das ist ein Sinnbild der Endlichkeit.

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Das gab es früher schon, wenn beim Fernsprecher die letzten Groschen durchrutschten. Ich kann mir kaum vorstellen, dass das irgendwann nicht mehr zu unserem Leben gehören wird. Dass die Geschichten vom leeren Akku einmal die Erzählungen von Großvätern sein werden. Was haben wir gelitten – und die kommenden Generationen werden es nicht verstehen.

Dafür werden sie sich sorgen, gerade nicht genügend Radiowellen zu empfangen, um Smartphones betreiben zu können. Es wird niemals mehr so sein, dass jemand einfach so telefoniert.

Mehr: Was hat der QR-Code zu verbergen?

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