Prüfers Kolumne: Zurück ins Büro? Nicht ohne meine Hängematte
Tillmann Prüfer ist Mitglied der Chefredaktion des „Zeit-Magazins“.
Was ich nach der Pandemie sehr vermissen werde, ist die Tatsache, dass ich nicht mehr zu jeder Stunde des Tages einfach einschlafen darf. Das Homeoffice fand für mich vor allem im Bett statt. Immer wenn ich das Bedürfnis hatte, einfach mal kurz einzunicken, konnte ich das.
Immer wieder überkam mich der Schlaf, noch während meine Finger auf der Tastatur tippten. Ich hoffe, dass ich nicht schlafwandelnd E-Mails verschickt habe. Ich frage mich, wie es in der Evolution der Büromöblierung überhaupt zu so etwas wie einem Schreibtisch kommen konnte. Von Ludwig XVI. weiß man, dass er gern vom Bett aus regiert hat.
Im Bett zu arbeiten galt früher einmal als Privileg. Die Welt musste an die Matratze herantreten, wenn sie etwas wollte. Dem Souverän wäre es nicht eingefallen, sich, um seine Geschäfte zu betreiben, an einen Tisch zu begeben.
Von Hugh Hefner, dem Erfinder des „Playboys“, weiß man, dass er im Hausmantel gearbeitet hat, vom Schlafzimmer aus. Dazu brauchte er nicht einmal das Internet. Es ist mir völlig unverständlich, dass sich mit Durchsetzung der Heimarbeit nicht die ganze Wirtschaft einfach in die Kissen zurückgezogen hat.
Schlafen? Am besten 10 Minuten in einer Hängematte
Ich habe nun in der „Welt am Sonntag“ gelesen, dass der Mittagsschlaf durchaus Gegenstand wissenschaftlicher Bemühungen ist. Man weiß nämlich nicht genau, wie der Mensch schliefe, wenn er dürfte, wie er wollte – oder was das gesündeste Schlafmaß ist. Man weiß, dass der Schlaf, wie wir Europäer ihn pflegen, ein Industrieprodukt ist. Wir schlafen so, wie unsere Arbeitgeber es wollen.
Früher, als es noch keine Schichtarbeit gab, pflegten die Menschen früher ins Bett zu gehen, nachts aber noch einmal aufzustehen, um ein paar einfachere Heimarbeiten zu erledigen. Es gab also keinen Acht-Stunden-Schlaf. Genauso hatte man angenommen, dass der Mensch auch zum Mittagsschlaf neigt, der uns aber von unseren Jobbeschreibungen nicht gegönnt wird.
Allerdings haben Untersuchungen mit Angehörigen von Gesellschaften, die heute noch als Jäger und Sammler unterwegs sind, ergeben, dass die Siesta dem Homo sapiens keineswegs in die Gene geschrieben ist. Die Jäger ruhen zwar am Mittag, um der Sonne zu entgehen. Aber sie halten kein Nickerchen. Es ist nicht einmal gesagt, dass ein Mittagsschlaf immer gesund ist.
Chinesische Forscher haben herausgefunden, dass sich bei Menschen, die länger als einer Stunde während des Tages schlafen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten um ein Drittel erhöht. Als erholsamste Schlafzeit haben sich bei Tests mit Studenten zehn Minuten herausgestellt. Am besten soll man dabei schwingend in einer Hängematte liegen. Wenn eine solche in meinem Büro aufgehängt wird, komme ich gern aus dem Homeoffice zurück.