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GastkommentarDeutschland muss eigene Energiequellen nutzen, um die Industrie zu retten

Der Gaspreisdeckel ist überfällig zur Rettung der deutschen Industrie. Jetzt müssen auch noch alle heimischen Energiequellen genutzt werden, fordert Daniel Stelter. 04.10.2022 - 11:11 Uhr Artikel anhören

Will der Westen den Aggressor Russland schwächen, so geht das nur über niedrigere Preise für Energie, nicht durch höhere.

Foto: dpa

Im März habe ich an dieser Stelle gefordert, dass die Bundesregierung so entschlossen handelt, wie es angesichts des russischen Angriffskriegs und des sich daraus ergebenden Wirtschaftskriegs nötig ist.

Leider müssen wir sechs Monate später feststellen, dass die deutsche Regierung immer noch nicht im vollen Umfang erkennt, wie dramatisch die Herausforderung ist, vor der wir stehen und wie drastisch die Maßnahmen sein müssen, wollen wir den Wirtschaftskrieg gewinnen und dabei unseren Wohlstand erhalten.

Will der Westen den Aggressor Russland schwächen, so geht das nur über niedrigere Preise für Energie, nicht durch höhere. Das setzt voraus, dass alles getan wird, um das weltweite Energieangebot zu erhöhen. Deutschland muss dazu einen Beitrag leisten.

Energiepreise senken: Deutschland muss eigene Energiequellen nutzen

Wer in diesem Umfeld die eigene Energieerzeugung reduziert (Atomausstieg), existierende Kapazitäten zurückhält (Kohlekraft) und vorhandene Ressourcen nicht nutzt (Gasvorkommen), schadet den Ärmsten der Welt, mit denen wir bei unserem globalen Energieeinkauf in Konkurrenz treten.

Wer zudem die eigene Industrie einem historischen Energiepreisschock aussetzt, ohne stützend einzugreifen, befördert den Trend der Deindustrialisierung, der bereits seit mehreren Jahren in Gang ist, nicht zuletzt aufgrund der schon vor dem Krieg hohen Energiepreise. Es führt dazu, dass wir Verlierer sein werden.

Der Autor: Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „beyond the obvious“, Unternehmensberater und Autor. Jeden Sonntag geht auf www.think-bto.com sein Podcast online.

Foto: Robert Recker/ Berlin

Gaspreisdeckel nur bei baldigen tieferen Energiepreisen sinnvoll

Es war höchste Zeit, dass die Bundesregierung einen Gaspreisdeckel für die Wirtschaft einführt, der den Preisanstieg dämpft und über die Zeit streckt. Modelle dafür liegen auf dem Tisch.

Für einen „Wirtschaftsrettungsfonds Gas“ können je nach Entwicklung 30 bis 60 Milliarden Euro pro Jahr nötig sein. Das klingt nach viel, ist aber verglichen mit den dadurch verhinderten Schäden vernachlässigbar. Der Deckel ist aber nur dann sinnvoll, wenn es Aussicht auf baldige tiefere Energiepreise durch Angebotsausweitung gibt.

Die Finanzierung ist kein Problem. Wir müssen nur die in Deutschland vorhandenen Gasreserven heben. Mit einem Zuschlag auf die Förderkosten können wir die aufgelaufenen Schulden im Laufe der 30 Jahre, die unsere Vorräte genügen, abtragen.

>> Lesen Sie hier: Alle aktuellen Entwicklungen zur Energiekrise im Newsblog

Das wäre nicht nur billiger, sondern auch umweltfreundlicher als Gas, das um die halbe Welt geschifft wird, von der Problematik der Menschenrechtsverletzungen in wesentlichen Lieferstaaten ganz zu schweigen.

Dann hätten wir die notwendige Brückentechnologie aus dem eigenen Lande auf dem Weg in die erneuerbare Zukunft. Fracking zu verweigern ist nur ein weiteres Beispiel für die in Deutschland herrschende Haltung: alles, bloß nicht in meiner Nachbarschaft. Kein Atomstrom! Aber aus Frankreich. Keine Kohle! Aber aus Polen. Kein Gas! Aber aus Katar. Wir sollten uns dafür schämen und endlich so handeln, wie es sich gehört.

Verwandte Themen Deutschland Wirtschaftspolitik Konjunktur Russland Industriepolitik

Mehr: Höchstens 15 Prozent teurer und fast keine Steuern – So bremsen andere Länder die Energiepreise.

Erstpublikation: 02.10.22, 14:40 Uhr.

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