Asia Techonomics: Chinesische Firmen drängen selbstbewusst auf den deutschen Markt

Produkte „made in China“ fristeten in Deutschland lange ein Schattendasein. Nur wer genau hinsah, entdeckte, wo überall China drinsteckte: Man erkannte es am Label in der Hose, am Aufdruck unter dem Spielzeugauto oder am Aufkleber auf dem Wasserkocher.
Doch inzwischen kommen aus China nicht mehr nur Elektrogeräte, Kleidung, Plastikspielzeug und Smartphones. Immer mehr Unternehmen drängen jenseits dieser Bereiche auf den deutschen Markt – und das unter eigenem Namen.
In Berlin sind sie inzwischen überall sichtbar: An S-Bahnbrücken und Bauabsperrungen in der deutschen Hauptstadt hängen Plakate des Billigmode-Anbieters Shein, auf den Straßen sieht man E-Autos der Marken Nio oder Lynk & Co. In einer der teuersten Einkaufsmeilen Berlins hat Lynk & Co sogar einen großen Flagship-Store eröffnet.
Neben Elektroautoherstellern versuchen insbesondere chinesische Onlinehändler, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. So startete Ochama, ein Ableger des chinesischen Online-Handelsriesen JD.com, 2022 in den Niederlanden und ist inzwischen laut Unternehmensangaben auch in einzelnen Städten in Deutschland vertreten.
Vom Tiefkühlfleisch bis zum Eierkocher kann man dort alles kaufen und sich liefern lassen – selbst chinesische Spezialitäten werden angeboten. Der chinesische Onlinehändler Temu liefert laut Branchenschätzungen bereits 200.000 Pakete pro Tag aus.
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Statt wie bisher vor allem im Auftrag anderer Unternehmen zu produzieren, wollen chinesische Unternehmen selbst bekannter werden. So plakatiert der Modehändler Shein nicht nur Werbung, sondern öffnete in Berlin im vergangenen Jahr auch für einige Tage Pop-up-Stores.
Und auch an anderen Stellen ist der chinesische Einfluss immer sichtbarer. Die lange so typischen China-Restaurants mit Namen wie „Kaiser Palast“ oder „Lotus-Blüte“, die beim All-You-Can-Eat-Büfett gebratene Nudeln und gebackene Bananen anbieten, existieren zwar auch noch. Doch sie wirken heute aus der Zeit gefallen, wie ein Klischee-Abziehbild von dem China, wie man es sich früher vorstellte.
Heute sind in deutschen Großstädten neue Restaurants beliebt, die authentische Gerichte aus China anbieten. Etwa Hot Pot, ein scharfer Eintopf, Teigtaschen wie Jiaozi und Baozi – oder Jianbing, ein herzhafter Pfannkuchen.
Die hitzigste Debatte haben jedoch die chinesischen E-Autos ausgelöst. Beobachter erwarten eine wahre Flut von neuen Modellen aus der Volksrepublik. Denn die Hersteller haben Überkapazitäten aufgebaut, die die Nachfrage in ihrem Heimatmarkt weit übersteigen. Die EU fürchtet Preisdumping und hat bereits eine Untersuchung eingeleitet.
Bislang sieht man zwar nur vereinzelt chinesische Modelle auf deutschen Straßen – die Statistik bestätigt den Eindruck: „Die Gefahr einer Übernahme des deutschen Automobilmarktes durch chinesische Hersteller ist im Moment mehr Schwarzmalerei als Realität“, heißt es in einer aktuellen Analyse der ING-Bank. Zumindest in den unteren Preissegmenten könnten chinesische Hersteller in den nächsten Jahren jedoch „zu einer ernsthaften Bedrohung“ werden.

In der Kolumne Asia Techonomics schreiben Sabine Gusbeth, Dana Heide, Martin Kölling und Mathias Peer im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt.
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