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KommentarTrumps willkürliches Agieren dient den Interessen seines größten Gegners Xi

Trump agiert erratisch, Xi plant stoisch. Doch beide setzen auf Druck und Stärke. Für China ist Trumps Umgang mit Putin der Beweis, dass Durchhalten mehr bringt als Nachgeben – und dass Geduld am Ende belohnt wird.Martin Benninghoff 21.08.2025 - 04:09 Uhr
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Xi Jinping und Wladimir Putin: Ewige Freundschaft. Foto: via REUTERS

US-Präsident Donald Trump bietet seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin eine Bühne – und stärkt damit auch indirekt China. In Peking registriert man nämlich genau, wie die USA mit Moskau umgehen und wie kompromisslos Washington bei der Durchsetzung eigener Interessen agiert. Für Staatschef Xi Jinping ist das eine Bestätigung. Härte lohnt sich, Geduld zahlt sich aus, und Spaltungen im sogenannten Westen (die Einheit ist brüchiger denn je) lassen sich ausnutzen. Eine strategische Multioptionalität, die es China erlaubt, sowohl mit Russland als auch mit den USA im Spiel zu bleiben, schafft zudem Vorteile.

Kurz gesagt: China musste von Trump nichts Neues lernen, denn Pekings Außenpolitik folgt ohnehin einem langfristigen Plan. Doch die beispiellose Politik des US-Präsidenten kommt Peking zugute, obwohl Trump genau das eigentlich verhindern wollte. Zudem verstummen ausgerechnet in Washington jene Stimmen, die am härtesten vor Chinas Aufstieg warnten. Für Chinas Strategen ist das eine Bestätigung, dass ihr Kurs aufgeht.

Was Trump Putin gewährt – Anerkennung trotz Aggression –, ermutigt Peking, in Taiwan, im Handelsstreit und in der Chip-Politik unnachgiebig zu bleiben. China hält durch, vermeidet Zugeständnisse, selbst wenn die Kosten steigen. Denn Xi sieht: In einer Welt, in der der Multilateralismus erodiert, wird Durchhaltevermögen belohnt. So wie Trump Putins brutales Vorgehen indirekt aufwertet. Es ist die Rückkehr zum Recht des Stärkeren. Und China ist einer der Stärksten.

Druck als politisches Mittel

Trump hat China zudem eine zweite Bestätigung geliefert: die Logik des Hebels. In der Geschäftswelt gilt es als Binsenweisheit, Druckmittel einzusetzen. Trump perfektionierte diese Methode, indem er Zölle als Drohkulisse nutzte und so ganze Handelsbeziehungen in Geiselhaft nahm. Für Peking ist das vertrautes Terrain, denn auch China nutzt Exportkontrollen bei kritischen Rohstoffen, droht mit Marktbeschränkungen für westliche Konzerne oder bindet Unternehmen mit der Bedingung der „Lokalisierung“ enger an die eigene Wirtschaft.

Ein Unterschied bleibt jedoch bestehen: Trump agierte erratisch, oft widersprüchlich und änderte Entscheidungen von heute auf morgen. China hingegen agiert stoisch, ist rhetorisch zurückhaltender, plant langfristig und verzichtet auf abruptes Zurückrudern. Gerade diese Nüchternheit verschafft Peking im globalen Süden zusätzliche Sympathien. Während Washington unter Trump als unberechenbar und eigennützig galt, präsentiert sich China als verlässlicher und geduldiger Partner, der Krisen aussitzt, anstatt sie zu verschärfen. Und genau damit sammelt Peking Sympathiepunkte.

Doch bei einem Punkt gleichen sich beide: der Bereitschaft, Partnern mit Druck zu begegnen. Die US-Strategie des „maximum pressure“ zielte zunächst auf Nordkorea und anschließend auf Russland. Das Ergebnis war ernüchternd: Pjöngjang hielt an seinem Atomprogramm fest, und Moskau überstand die Sanktionen, indem es seine Märkte in Asien und anderswo ausbaute. Für China war das eine weitere Lektion.

Schon seit Jahren bereitet sich die Volksrepublik auf vergleichbare Druckszenarien vor. Unter Xi wurde der Kurs auf wirtschaftliche Autonomie eingeschlagen: Schlüsselindustrien sollten weniger abhängig vom Ausland werden, Technologien sollten selbst entwickelt und Lieferketten im In- und Ausland stabilisiert werden.

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Ein Beispiel hierfür ist die Chipindustrie. Milliarden flossen in den Aufbau nationaler Champions wie SMIC und Huawei. Letzterer wandelte sich vom Zielobjekt amerikanischer Sanktionen zu einem Symbol der Selbstbehauptung und schuf mit neuen Smartphones, die mit eigenen Chips produziert wurden, sogar Momente des nationalen Stolzes. Peking machte aus der Not eine Tugend. Die Botschaft lautet: China kann Druck aushalten und daraus sogar Stärke gewinnen.

Putin ist wieder raus aus seiner Isolation: US-Präsident Donald Trump (r.) und der Kremlchef in Alaska im August 2025. Foto: dpa

Trumps Russlandkurs könnte diese Einschätzung noch verstärken. Sollte er in einem zweiten Anlauf tatsächlich eine Verständigung mit Putin suchen und damit den Ukrainekrieg einfrieren oder gar beenden, wäre China strategisch gut vorbereitet. Die Partnerschaft mit Moskau bliebe bestehen, und die schärfste Kritik an Pekings Russlandunterstützung würde an Gewicht verlieren. Dann könnte Xi gegenüber seinen eigenen Kritikern behaupten, seine Strategie sei aufgegangen. China habe unbeirrt Kurs gehalten und am Ende gezeigt, dass Durchhalten mehr Erfolg bringt als Nachgeben.

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Die entscheidende Frage ist nun: Sind die USA auf diese chinesische Methode überhaupt vorbereitet? Pekings Strategie ist kein spontanes Reaktionsmuster, sondern Teil einer systematisch eingeübten Taktik. Während Washington zwischen Konfrontation und Dialog schwankt, verfeinert China Schritt für Schritt seine Instrumente, die auch über die nächste US-Wahl und den nächsten Präsidenten im Weißen Haus hinausreichen werden.

Für Xi Jinping ist die Lehre aus den Trump-Jahren eindeutig: Härte bei den Kerninteressen, klug gesetzte Hebel und eiserner Widerstand gegen Druck sind kein chinesischer Sonderweg, sondern der Werkzeugkasten, aus dem sich auch die USA unter Trump bedienen. Das erhöht die Legitimität, genau so weiterzumachen. Es sind die Werkzeuge im Instrumentenkasten einer internationalen Staatenwelt, die von Großmächten dirigiert wird.

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