Asia Techonomics: Singapur und Malaysia verbünden sich im Wettbewerb mit China

Bangkok. Singapur und Malaysia verschärfen mit einer ungewöhnlichen Kooperation den Standortwettbewerb in Asien. Statt wie bisher getrennt um Investitionen von Unternehmen zu buhlen, die nach einer Alternative zu China suchen, treten die beiden südostasiatischen Länder künftig als Partner an. Sie gründen dafür eine gemeinsam betriebene Sonderwirtschaftszone, die zu einem neuen industriellen Zentrum der Region werden soll.
Von einer „einzigartigen Initiative“ sprach Malaysias Regierungschef Anwar Ibrahim am Dienstag bei der Unterzeichnung des entsprechenden Abkommens mit Singapur. Schließlich sei es „sehr selten, dass man zwei Staaten findet, die als Team zusammenarbeiten“. Sein singapurischer Amtskollege Lawrence Wong sprach von einem wichtigen Vorhaben, das beiden Ländern dabei helfe, wettbewerbsfähiger zu werden „und gemeinsam mehr Investitionen in unser Gebiet zu ziehen“.
Vorgesehen ist für das Projekt eine Fläche von 3500 Quadratkilometern im malaysischen Bundesstaat Johor, der an den Stadtstaat Singapur grenzt. Schon in wenigen Jahren soll die Sonderwirtschaftszone, so die Hoffnung der Behörden, die lokale Wirtschaftsleistung um jährlich 26 Milliarden Dollar erhöhen.
Gezielt umworben werden unter anderem Investitionen in Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI) und Hightech-Produktionsstätten. Die nötige Infrastruktur für die Fabriken stellt Malaysia bereit, Singapur will Unternehmensansiedlungen finanziell unterstützen.
Wette auf eine umfangreiche Verschiebung der Lieferketten
Das Vorhaben ist eine Wette auf eine weitere umfangreiche Verschiebung der Lieferketten in Asien: Bereits in den vergangenen Jahren hatten sich Unternehmen angesichts wachsender geopolitischer Spannungen zum Ziel gesetzt, ihre Abhängigkeit von der Produktion in China zu verringern. Sie wichen unter anderem nach Vietnam und Indien aus. Mit der Sonderwirtschaftszone in Johor wollen Malaysia und Singapur nun Boden gutmachen.
Für ausländische Unternehmen ist die wachsende Konkurrenz eine gute Nachricht: Sie können bei ihren Diversifizierungsbemühungen mit erheblichen Vergünstigungen rechnen. Die malaysisch-singapurische Sonderwirtschaftszone lockt mit Unternehmensteuern von lediglich fünf Prozent über anderthalb Jahrzehnte. Fachkräfte müssen zunächst nur 15 Prozent Einkommensteuer zahlen. Mit den finanziellen Anreizen reagieren die beiden Länder auch auf Milliardensubventionen und Steuernachlässe, mit denen regionale Mitbewerber wie Indien und Indonesien ebenfalls um China-Abwanderer werben.

Malaysia und Singapur setzen darauf, dass sie mit vereinten Kräften eine besondere Attraktivität entfalten. Ihre Kooperation basiert auf einem Erfolgsmodell, das man in China schon lange kennt: Die Industriemetropole Shenzhen, in der unter anderem der E-Auto-Konzern BYD seinen Hauptsitz hat, profitierte bei ihrem Aufstieg von der Nähe zu dem benachbarten Finanzzentrum Hongkong, das Kapital und Know-how bereitstellte. Singapur könnte nun für die neue Sonderwirtschaftszone eine ähnliche Funktion erfüllen.
Singapurs Industrie leidet unter Platzmangel
Der Stadtstaat ist bereits jetzt eines der wichtigsten Investitionsziele ausländischer Unternehmen in Asien und besonders bei Hightech-Unternehmen beliebt. Der Münchener Chipzulieferer Siltronic steckte zuletzt etwa zwei Milliarden Euro in eine neue Fabrik in Singapur.
Doch die Mini-Nation, die kleiner ist als Hamburg, verfügt nicht über genug Platz, um ihre industriellen Kapazitäten massiv auszubauen. Die Kooperation mit Malaysia, das sowohl über freie Flächen als auch vergleichsweise günstige Arbeitskräfte verfügt, ist ein logischer Schritt.
Vorgenommen haben sich die beiden Länder für die kommenden fünf Jahre zunächst, 50 Großprojekte in der neuen Sonderwirtschaftszone anzusiedeln. Der Erfolg hängt unter anderem davon ab, ob es Singapur und Malaysia wie versprochen gelingt, ihre Volkswirtschaften enger miteinander verzahnen, sowohl was den grenzüberschreitenden Personen- und Warenverkehr angeht als auch mit Blick auf die Angleichung ihrer Regulierung.
Einfach wird das nicht. Bislang sind schon Großprojekte im Streit gescheitert wie eine mögliche Schnellzugstrecke zwischen Kuala Lumpur und Singapur. Das zeigt, dass die Kompromissbereitschaft der Regierungen Grenzen hat.
Dennoch ist der neue Versuch der beiden Länder, wirtschaftlich enger aneinanderzurücken, vielversprechend. Er bringt nicht nur internationalen Konzernen bei der Standortsuche eine neue Wahlmöglichkeit, sondern könnte im Erfolgsfall auch die anderen Staaten Südostasiens zu einer vertieften Zusammenarbeit im globalen Wettbewerb inspirieren.






Die 700 Millionen Einwohner große Region, die von Thailand bis zu den Philippinen reicht, könnte damit ihrem Aufstieg zum neuen ökonomischen Kraftzentrum einen kräftigen Schub verleihen.
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