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Bandung-KonferenzDie unerfüllte Mission der „Blockfreien“

Die früheren Kolonien haben einen großen Erfolg erreicht: Sie arbeiten wirtschaftlich eng zusammen. Doch auf einem wichtigen Gebiet sind sie noch nicht am Ziel.Thomas Hanke 08.01.2025 - 11:15 Uhr Artikel anhören
Containerschiff im Hafen von Qingdao: China ist längst selbst eine Supermacht. Foto: dpa

Düsseldorf. Vor 70 Jahren trafen sich 29 Länder, die sich gerade von ihren Kolonialherren befreit hatten, in Indonesien. Auf der Bandung-Konferenz wollten sie einen Weg finden, der sie aus kolonialer Unterentwicklung und der Blockkonfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion herausführen sollte.

Eine neue Weltordnung gleichberechtigter Nationen jenseits des Konflikts der Supermächte, das erhoffte sich die „Bewegung der Blockfreien“, wie sie später genannt wurde. Vieles ist gelungen – doch unabhängig von Supermächten sind längst nicht alle Teilnehmer der Konferenz.

Länder wie China, Thailand, die Türkei, Japan, Indonesien und Indien nahmen an der Bandung-Konferenz teil. Vor allem Länder Afrikas fehlten. Viele waren damals noch Kolonien.

Eines der wichtigsten Ziele der Bandung-Konferenz war es, den vom Kolonialregime verzerrten Nord-Süd-Handel durch einen Austausch zwischen den Südländern zu ergänzen. Die Vereinten Nationen übernahmen die „Süd-Süd-Zusammenarbeit“ als wichtiges Ziel, das sie seit 1974 unterstützen.

Handel hat sich vervielfacht

Das Volumen des Handels zwischen den Ländern des globalen Südens hat sich im Laufe der Jahrzehnte tatsächlich vervielfacht. Der Wert stieg laut der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) von rund 600 Milliarden US-Dollar im Jahr 1995 auf 5,3 Billionen US-Dollar im Jahr 2021. Das Handelsvolumen ist demnach heute höher als das des Nord-Süd-Handels und wächst schneller als der Weltdurchschnitt.

Allerdings haben sich die Länder des Südens ökonomisch zum Teil stark gewandelt. Früher arme Nationen wie China und Indien zählen mittlerweile zu den reicheren. Aber nicht alle Länder des Südens haben sich derartig entwickelt. Und so haben sich längst nicht alle Länder aus der Unterentwicklung herauslösen können – trotz der engeren wirtschaftlichen Verflechtung.

Viele Länder des globalen Südens sind immer noch von Rohstoffexporten abhängig, heißt es etwa von Experten der Unctad. Ökonomen der Welthandelsorganisation (WTO) führen das darauf zurück, dass diese im Kolonialismus begründeten Branchen eine Konzentration des Reichtums in wenigen Händen begünstigen. Anders als etwa in Norwegen wurden weniger Gewinne in die Förderung anderer Branchen gesteckt.

Handelsblatt-Autor Thomas Hanke analysiert in der Kolumne interessante Daten und Trends aus aller Welt. Foto: Klawe Rzeczy

Immerhin die Hälfte der Staaten, die laut UN einen hohen oder sehr hohen Stand der Entwicklung erreicht haben, sind frühere Kolonien. Doch ein mit vielen Ressourcen gesegnetes Land wie Bandung-Konferenz-Ausrichter Indonesien schafft es nur ganz knapp in die obere Gruppe des Indexes. Große Erdöl produzierende Länder wie Angola und Nigeria liegen nach wie vor am unteren Ende des Indexes, der wirtschaftliche und soziale Faktoren abbildet.

China: Nicht mehr benachteiligt, sondern selbst eine Supermacht

Und auch die Supermächte heißen heutzutage anders, die Sowjetunion existiert nicht mehr. Andere sind emporgetreten, etwa China, 1955 Teilnehmer der Konferenz. Die „neue“ Supermacht lässt inzwischen ihrerseits Abhängigkeiten entstehen.

Chinas Politik, Länder des Südens als verlängerte Werkbank zu betrachten oder durch große Infrastrukturprojekte zu Schuldnern zu machen, trifft in Asien und Afrika vermehrt auf Unmut. „Doch Länder wie Vietnam haben zwar einen sehr umfangreichen Chinahandel, sind aber dennoch voll in globale Wertschöpfungsketten integriert“, nuanciert eine WTO-Ökonomin.

Russland hingegen ist politisch und wirtschaftlich abgestiegen, versucht aber teils erfolgreich, Partner für Länder gegen ehemalige Kolonialmächte zu sein. In der Sahelzone hat Russland teils Frankreich verdrängt und greift mit Unterstützung der dortigen Militärherrscher nach Ressourcen wie Gold und Uran.

Als Gastgeber des BRICS-Gipfels von 24 Staaten zeigte Russland im Oktober vergangenen Jahres, wie es den Anschluss an diese Gruppe sucht und aus der früheren Nord-Süd- eine West-Süd-Konfrontation machen will.

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Die 1955 in Bandung erhoffte neue Weltordnung gleichberechtigter Nationen jenseits des Konflikts der Supermächte ist also nicht entstanden.

Mehr: Die gängige Technik kann solche Katastrophen verhindern – wäre da nicht die Politik

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