Gastkommentar: Was die Zerstörung der US-Wissenschaft für die Welt bedeutet
In den US-Wissenschaften herrscht Chaos: Internationale Studenten bangen um ihre Visa, Universitäten kämpfen um ihre Wissenschaftsfreiheit. Der von US-Präsident Trump vorgelegte Haushaltsentwurf sieht Kürzungen von mehr als 50 Prozent für die National Science Foundation vor. Das Budget der Nasa soll um fast ein Viertel gekürzt werden, ihr Forschungsbudget um ungefähr die Hälfte.
Zielscheibe ist auch die Klimaforschung. Das weltbekannte Goddard Institute for Space Studies (GISS) der Nasa steht kurz vor der Schließung, nachdem die Trump-Behörden das Gebäude räumen ließen, in dem das Institut seit den 1960er-Jahren in New York beheimatet war. Die Mitarbeiter sollen ihre Arbeit von zu Hause aus ausführen, angeblich um der Regierung Kosten zu sparen.
Die Zukunft des Instituts, das eine Säule der internationalen Klimaforschung war, ist ungewiss. Seine Beobachtungsdaten der globalen Oberflächentemperatur und weitere Datensätze werden weltweit genutzt.
Die Nasa-Leiter scheinen allesamt vor der neuen Behörde für Regierungseffizienz („Doge“) der Trump Administration eingeknickt zu sein – zumindest kam keinerlei Protest gegen die Räumung. Möglicherweise wollten sie ihre eigenen Stellen oder den Rest ihres Budgets schützen.
Doch hilft das mehrheitliche Wegducken? Was ist aus der „Heimat der Mutigen“, wie sie in der amerikanischen Nationalhymne besungen wird, geworden?
Satellitendaten der Nasa sind das Rückgrat wissenschaftlicher Publikationen
Hunderte von Positionen der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) wurden bereits von Trumps „Doge“ abgeschafft, brillante Wissenschaftler und gewissenhafte Arbeiter entlassen, Doktoranden in verschiedensten Forschungsinstitutionen mitten in der Promotion das Projekt entzogen.
Die Folge ist schon jetzt ein Rückgang bestimmter Beobachtungsdaten, die noch weiter abnehmen könnten, sollten die Budgets schrumpfen. Das ist für die globale Wissenschaft ein herber Verlust.
Satellitendaten der Nasa bilden das Rückgrat Tausender wissenschaftlicher Publikationen, die geografisch die ganze Welt umspannen. Dazu gehören wichtige Projektionen für die Landwirtschaft oder die Verbesserungen von Vorhersagen von Wetterextremen.
Viele transatlantische Forschungskooperationen sind durch die noch bevorstehenden Kürzungen infrage gestellt. Kurzum: Der Rückzug der staatlichen Förderer aus den US-Wissenschaften wird die Sicht auf die Folgen der Klimakrise verschleiern, die noch in diesem Jahrhundert einen Zivilisationsbruch auslösen könnte. Ähnlich bedrohlich sind die Kürzungen für die Forschung im Bereich der globalen Gesundheit.
Obwohl nun international Kräfte gebündelt werden müssten, um die Vermeidung von Treibhausgasen, die Anpassung an Klimafolgen zu beschleunigen oder die nächste Pandemie zu verhindern, wird in den USA diese Krisenprävention blockiert.
Angeführt wurde der Feldzug gegen die Forscher von dem inzwischen aus dem Amt geschiedenen Elon Musk, der Berichten zufolge schwer drogenabhängig seinen Posten ausführte und offenkundig Interesse an der Privatisierung von Forschung und Entwicklung hat.
Das ist nicht nur für die globale Wissenschaft ein Tiefschlag, sondern auch für die betroffenen Forscher: Beim Verlust der Arbeitsstelle droht in den USA ein harter Fall. Die Arbeitslosigkeit führt schnell zum Wegbrechen einer zuverlässigen Gesundheitsversorgung, für chronisch Kranke ein Horrorszenario.
Viele Amerikaner sind zudem verschuldet. Hypotheken und fehlende Absicherungen bereiten einen Nährboden für Angst, die das effektivste Instrument der Trump-Regierung zur Aushebelung der Demokratie geworden ist.
China investiert massiv in Forschung und Entwicklung
Während die Auswirkungen in den USA verheerend sind, bedeuten die Kürzungen mittelfristig globale Risiken. US-Wissenschaftler prägten internationale Gremien, wie etwa den Weltklimarat (IPCC).
Die USA haben finanzielle und technische Unterstützung für den Rat aufgekündigt. Wissenschaftler, die an staatlichen Institutionen arbeiteten, durften nicht zu den Plenarsitzungen reisen.
Neben den Forschern, die als Autoren zu den IPCC-Berichten beitragen, nehmen Regierungsvertreter an Verhandlungen des Rats teil, die zur internationalen Legitimation der Ergebnisse dienen. Diese Synthesen bieten eine wissenschaftliche Grundlage für die internationalen Klimaschutzverhandlungen. Die US-Regierungsdelegation fehlte bei der letzten Sitzung des Gremiums.
Während die USA ihre Wissenschaften beschneiden, investiert China massiv in Forschung und Entwicklung. Schon 2023 überholte China die USA im sogenannten Nature Index, welcher die wissenschaftlichen Leistungen vergleicht. Nun wird China diesen Vorsprung massiv ausbauen.
Die chinesische Autokratie setzt auf die Wissenschaft, während ein wankendes Amerika sich themenübergreifend von evidenzbasierter Arbeit abwendet, sei es in der Wirtschafts-, Klima- oder Gesundheitspolitik.
Deutschland sollte diese Krise auch als Chance verstehen, Talente abwerben, Forschungsaustausch fördern und mehr Führung in der internationalen Wissenschaftspolitik anstreben. Denn eine offensivere Forschungsförderung ist Grundstein für langfristige Wettbewerbsfähigkeit – wirtschaftlich wie auch im Wettstreit der politischen Systeme.
Die Autorin: Kira Vinke leitet das Zentrum für Klima und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
