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Grönemeyers SprechstundeWenn Süßes zur Falle wird – Zucker, die unsichtbare Gefahr

Zucker ist die Ursache vieler Erkrankungen. Aber wir benötigen ihn, nur nicht im Übermaß. Mit bewusster Ernährung und einer Zuckersteuer ließen sich Leiden verhindern.Dietrich Grönemeyer 31.05.2024 - 16:11 Uhr
Kolumnist Grönemeyer und der Zucker. Foto: PR/Getty

Der herkömmliche Zucker galt einst als ein Luxusgut. Heute ist er in unserer Ernährung allgegenwärtig. Sämtliche freie Mono-, Di- und Polysaccharide/Zucker sind gemeint, die Produzenten ihren Produkten zufügen. Er verbirgt sich nicht nur in Süßigkeiten, sondern auch in vielen alltäglichen Lebensmitteln, mit denen wir und besonders unsere Kinder verführt werden, von Frühstückscerealien bis hin zu einem Riesenangebot an Fruchtsäften und Fertiggerichten.

Der Deutsche konsumiert durchschnittlich rund 34 Kilogramm Haushaltszucker pro Jahr – weit mehr als die empfohlenen Mengen. Diese übermäßige Zuckeraufnahme hat gravierende gesundheitliche Folgen, die nicht länger ignoriert werden dürfen.

Selbstverständlich enthalten viele Lebensmittel natürlichen Zucker. Früchte wie Erdbeeren, Äpfel oder Weintrauben enthalten Fruktose, Gemüse wie Karotten und Süßkartoffeln Glukose und Fruktose, Milchprodukte Laktose, Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Linsen Saccharose und sogar Nüsse und Samen enthalten geringe Mengen an Zucker. Sie zählen nicht zu den freien Zuckern.

Diese natürlichen Zuckerquellen liefern jedoch neben der Süße auch wichtige Nährstoffe wie Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe, die helfen, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und ein Sättigungsgefühl zu fördern. Ganz anders verhält es sich mit dem Zucker in verarbeiteten Lebensmitteln.

Viele industriell hergestellte Produkte sind mit zugesetztem Zucker angereichert, der in isolierter Form kaum Nährstoffe bietet. Er versteckt sich hinter mehr als 60 verschiedenen Bezeichnungen auf den Zutatenlisten und erschwert es den Verbrauchern, den tatsächlichen Zuckergehalt zu erkennen. Zu den größten Übeltätern zählen Softdrinks, Joghurts, Soßen und Fertiggerichte.

Unser Körper kann nur die sogenannten Einfachzucker – Glukose, Fruktose und Galaktose – direkt aufnehmen und verwerten. Galaktose und Glukose sind übrigens etwa im gleichen Verhältnis in der Muttermilch enthalten. Glukose, der Traubenzucker, ist der wichtigste Einfachzucker im Kohlehydratstoffwechsel und ist wesentlich für den Energiestoffwechsel.

Wir Menschen benötigen ihn als schnellen Energielieferanten für unser Gehirn und unsere Muskeln sowie zur Membranbildung unserer Zellen. Aber in radikal geringerer Menge als unsere Vorfahren, die nicht tagtäglich im Übermaß bewegungslose „Sitzmonster“ und „Couch-Potatoes“ waren.

Mehrfachzucker, die wir durch die Nahrung aufnehmen, müssen erst im Verdauungstrakt in diese Einfachzucker gespalten werden. Insulin, ein Hormon, hilft dann, den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu transportieren, wo er als Energiequelle dient. Doch eine ständige Überladung mit Zucker führt zu gesundheitlichen Problemen.

Folgen können Diabetes oder Krebs sein

Zuckerreiche Ernährung kann zu Fettleibigkeit, Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes, dem medikamentenpflichtigen Altersdiabetes, an dem zunehmend Kinder erkranken, führen. Insgesamt gibt es circa 500 Millionen Diabeteskranke weltweit (Dunkelziffer: mindestens 250 Millionen mehr). Insulinresistenz entsteht, wenn die Zellen nicht mehr auf Insulin ansprechen, was den Blutzucker- und sogar auch Insulinspiegel erhöht und damit die Bauchspeicheldrüse überlastet.

Neueste Studien weisen auf die unterschätzte Bedeutung dieser erhöhten Blutkonzentrationen für die Entstehung des Bauchspeicheldrüsenkrebses (Pankreaskarzinom) hin. 20.000 Neuerkrankte gab es allein 2020 in Deutschland. Als Schirmherr der Arbeitsgemeinschaft der AGS e.v., der Arbeitsgemeinschaft der Bauchspeicheldrüsenkrebserkrankten, warne ich vor diesem Killerkrebs, dessen Entstehung unbemerkt verläuft. Hier besteht dringendster Handlungs- und großer Finanzierungsbedarf für die medizinische Versorgung sowie Forschung und Entwicklung neuer Diagnose- und Therapieverfahren.

Langfristig kann es auch zu anderen ernsthaften Gesundheitsproblemen wie Entzündungen in allen Organen und Gefäßen kommen. Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle oder eine geschwächte Immunabwehr können die Folge sein.

Ein hoher Zuckerkonsum wird auch mit Zahnfleischentzündungen (Paradontitis) und Karies in Verbindung gebracht, bei denen Bakterien im Mund den Zucker zu Säuren fermentieren, die den Zahnschmelz angreifen.

Es gibt jedoch Alternativen zu herkömmlichem Zucker. Zum Beispiel der nicht insulinwirksame Bio-Erythrit oder Galactose. Agavendicksaft, Ahornsirup, Honig, Dattelsirup, Reissirup und Apfelmark in geringen Maßen genommen, bieten Optionen, die neben ihrer Süße auch Ballaststoffe und Nährstoffe liefern können.

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Diese Alternativen haben oft einen niedrigeren glykämischen Index und führen zu einem langsameren Anstieg des Blutzuckerspiegels. Dennoch sollten auch sie in Maßen genossen werden, da übermäßiger Konsum jeglicher Süßungsmittel gesundheitliche Probleme verursachen kann.

Eine Steuer auf Zucker würde helfen

Um den übermäßigen Zuckerkonsum zu reduzieren, bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung von Verbrauchern, Gesundheitsexperten und Regulierungsbehörden. Eine transparentere Kennzeichnung von Lebensmitteln und Bildungsinitiativen könnten das Bewusstsein für die Risiken eines hohen Zuckerkonsums schärfen.

In Großbritannien hat die Einführung einer Zuckersteuer 2018 auf Softdrinks mit einem besonders hohen Zuckeranteil zu einer signifikanten Reduktion des Zuckergehalts in diesen Produkten geführt. Auch wurde bereits in wissenschaftlichen Studien ein signifikanter Rückgang von Adipositas bei Mädchen und sogar – zur Überraschung aller – circa acht Prozent verringerte Asthmafälle registriert. Eine ähnliche Steuer würde auch in Deutschland dazu beitragen, den Konsum zu senken und langfristig Gesundheitskosten zu reduzieren. Aus meiner Sicht ein MUSS!

Neben einer Zuckersteuer sollten auch Werbeeinschränkungen für Süßigkeiten und Fastfood in Betracht gezogen werden. Kinder sind besonders anfällig für Werbebotschaften und sehen im Durchschnitt 15-mal am Tag Werbung für ungesunde Lebensmittel. Warnhinweise auf Verpackungen könnten ebenfalls dazu beitragen, das Bewusstsein für den hohen Zuckergehalt vieler Produkte zu schärfen.

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Die gesundheitlichen Auswirkungen von Zucker sind weitreichend und betreffen jeden von uns. Durch eine bewusste Ernährung, die Reduktion von Zucker in verarbeiteten Lebensmitteln und politische Maßnahmen wie eine Zuckersteuer und schnellste Investitionen in Forschung und Entwicklung von Diagnose- und Therapieverfahren und Aufklärung der Bevölkerung können wir viele der damit verbundenen Leiden verhindern oder reduzieren.

Es ist an der Zeit, den übermäßigen und falschen Zuckergebrauch als eine der größten Gefahren für uns und insbesondere für die Gesundheit unserer Kinder zu erkennen und entsprechend zu handeln. TIME TO CHANGE!

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