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GastkommentarEU-Regeln gefährden Merz‘ Milliardenplan – Warnungen verhallten

Wenn die Verteidigungsfähigkeit der EU kurzfristig deutlich gestärkt werden muss, könnte am Ende kaum ein Weg an gemeinsamer Verschuldung vorbeiführen.Veronika Grimm 30.04.2025 - 10:45 Uhr Artikel anhören
Die Autorin Veronika Grimm ist Mitglied des Sachverständigenrats. Foto: Klawe Rzeczy [M]

Die erst im Jahr 2024 reformierten europäischen Fiskalregeln stehen der Nutzung der neuen Verschuldungsspielräume durch die zukünftige Bundesregierung im Weg. Was sich für manche überraschend anhört, war schon Mitte März in der Anhörung zu den Gesetzesentwürfen im Haushaltsausschuss klar. Mehrere Gutachter, auch ich selbst, hatten dies angemerkt und in ihren schriftlichen Stellungnahmen ausgeführt. Interessiert hat es aber niemanden.

Für Verteidigungsausgaben dürfte die Europäische Kommission lediglich eine temporäre Ausnahme von den Schuldenregeln für eng definierte Verteidigungsausgaben beschließen, sodass mittelfristig auch in Deutschland die Verteidigungsausgaben aus dem Kernhaushalt gestemmt werden müssten. Dies steht im Gegensatz zu den Plänen, Verteidigungsausgaben oberhalb von ein Prozent des BIP dauerhaft von der Schuldenbremse auszunehmen.

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Für weitere schuldenfinanzierte Investitionen lassen die reformierten EU-Fiskalregeln keine nennenswerten Spielräume. Eine einfache Lösung ist nicht in Sicht, denn viele andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union stehen einer Lockerung der europäischen Fiskalregeln mittlerweile skeptisch gegenüber.

Selbst wenn die Regeln gelockert würden – worauf in Deutschland manche hoffen –, wäre damit hochverschuldeten Staaten wie Frankreich, Italien oder Spanien wenig geholfen. Aufgrund ihrer ohnehin angespannten Finanzlage könnten diese Länder zusätzliche Verteidigungsausgaben kaum über neue Schulden finanzieren, da die Kapitalmärkte darauf mit höheren Risikoaufschlägen oder eingeschränkter Nachfrage nach ihren Anleihen reagieren würden.

Gedanken über eine gemeinsame europäische Verschuldung

Bereits kurz nach der Ankündigung der deutschen Schuldenpläne wurde daher die Forderung nach gemeinsamer europäischer Verschuldung wieder aufgegriffen. Europäische Anleiheemissionen unter Einbeziehung Deutschlands als finanzpolitischem Stabilitätsanker würden insbesondere hochverschuldeten Mitgliedstaaten neue Spielräume zu günstigeren Konditionen eröffnen. Für Deutschland selbst wäre eine Beteiligung jedoch ökonomisch wenig attraktiv, da es sich eigenständig günstiger finanzieren kann und bei gemeinsamer Verschuldung höhere Risiken mittragen und möglicherweise sogar auslösen würde.

Verwandte Themen Europäische Union Deutschland Friedrich Merz Finanzpolitik Schuldenbremse

Wenn aber die Verteidigungsfähigkeit der EU kurzfristig deutlich gestärkt werden muss, könnte am Ende kaum ein Weg an gemeinsamer Verschuldung vorbeiführen. Friedrich Merz sollte unbedingt vermeiden, den Fehler aus der Zeit vor den Koalitionsverhandlungen zu wiederholen: eine Zustimmung zu weiteren Schulden vor den Verhandlungen über die Ausgestaltung auf europäischer Ebene.

Nutzt der nächste deutsche Kanzler seine Verhandlungsposition, könnte er allerdings eine historische Chance ergreifen: Schafft er es, eine tiefere politische Integration und die Übertragung von Entscheidungsrechten – etwa in der Fiskalpolitik oder Verteidigung – auf die europäische Ebene durchzusetzen, könnte nicht nur Europas Position in einer polarisierten Welt gestärkt werden, sondern auch der Zusammenhalt innerhalb der EU.

Mehr: Merz plant mit gigantischen neuen Schulden – doch seine EU-Partner stellen sich zunehmend quer

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