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Kleinleins KlartextDie Diskriminierung der Metaller

Bei der betrieblichen Altersvorsorge galt die Metallrente einst als leuchtendes Vorbild. Doch die Regelung der Überschussbeteiligung ist intransparent und benachteiligt Geringverdiener und ältere Mitarbeiter.Axel Kleinlein 29.05.2013 - 13:34 Uhr Artikel anhören

Axel Kleinlein gilt aktuell als einer der schärfsten Kritiker der Versicherer. Er ist Vorsitzender des Vorstandes beim Bund der Versicherten.

Foto: Handelsblatt

Die sogenannte Metallrente wird gerne als Vorzeigeprojekt der betrieblichen Altersvorsorge angesehen. Gejubelt haben fast alle, als sie vor zwölf Jahren eingeführt wurde: Die Gewerkschaften, die Arbeitgeber, viele Politiker und insgeheim natürlich auch die Allianz.

Denn der Platzhirsch der deutschen Lebensversicherer hat den Zuschlag bekommen, die Metallrente als Konsortialführer umzusetzen. Da passiert es schon mal, dass sich dann ein Fehler aus dem normalen Privatgeschäft auch in die Metallrente einschleicht. Wie Ökotest jetzt im aktuellen Test der betrieblichen Altersvorsorge aufdeckt, werden wie auch bei der Allianz-Riesterrente auch bei der Überschussbeteiligung der Metallrente besonders die gutverdienenden und jungen Menschen bevorzugt – und die Niedrigverdiener und älteren Kunden diskriminiert.

So klar ersichtlich ist die Diskriminierung erst mal für niemanden. Die Überschussbeteiligung ist sowieso schon sehr kompliziert und bei der Metallrente noch schwieriger zu durchschauen als bei vielen anderen Angeboten. Wenn man den Weg nachzeichnet, den der neugierige Metallrenten-Kunde gehen muss um zum Beispiel zu erfahren ob und welche Kostenüberschüsse er bekommt, dann kann einem schwindelig werden.

Zuerst findet der Kunde in den Verbraucherinformationen den Hinweis auf die Tarifbezeichnung seiner Metallrente (es ist ein „StR“-Tarif). Im Kleingedruckten findet er zusätzlich den Hinweis, dass er weitere Informationen zur Überschussbeteiligung im Geschäftsbericht der Allianz finden würde.

Das stimmt aber nur zum Teil. Nur wenn er den Vertrag gerade erst abschließen will oder vor kurzem abgeschlossen hat ist der Geschäftsbericht das richtige Schriftstück. In ein paar Jahren muss er sich als gesondertes Dokument die „Anhangangabe der Überschussanteilsätze“ besorgen.

Den Geschäftsbericht und die Anhangangabe findet ein Kunde ganz einfach und transparent, indem er auf der Internetpräsenz der Allianz den Privatkundenbereich verlässt und sich für „Investor Relations“ interessiert.
Dort findet er im Bereich „Ergebnisse und Berichte“ erst mal den Geschäftsbericht der Allianz Gruppe und der Allianz S.E. Er muss dann nach unten scrollen und findet als Link den Geschäftsbericht der Allianz Lebensversicherung AG und einen Link zur „Anhangangabe“.

Kurz und schmerzhaft: alle Kolumnen Foto: Handelsblatt

Natürlich weiß der Kunde, dass er bei der Allianz Lebensversicherung AG nachschauen muss, weil Geschäftsberichte der Konzerngruppe oder der „Allianz S.E.“ natürlich nicht einschlägig sind. Im Geschäftsbericht der Allianz-Lebensversicherung AG findet sich dann der Hinweis, dass ein „StR“-Tarif in die Überschussgruppe „EZ und GZ“ fällt (hat nichts mit GZSZ zu tun) und ein paar Seiten weiter erfährt der Kunde, dass Kostenüberschüsse durch „Zusatzüberschussanteile“ ersetzt werden.

Die Überschüsse bekommen bei „EZ und GZ“ nur diejenigen Kunden, deren Garantiekapital mindestens 40.000 Euro beträgt. Dem Kunden muss dann natürlich bekannt sein, dass das „Garantiekapital“ genau die Summe ist, die ihm als Auszahlung zu Rentenbeginn garantiert wird, falls er das Kapitalwahlrecht wahrnehmen möchte.

Ein solches Garantiekapital kann aber nur ein Kunde erhalten, der auch genügend in den Vertrag einzahlen kann. Wer wenig verdient, der wird keine 40.000 Euro erreichen. Und wer älter ist und nur eine kürzere Zeit zum Sparen hat, dem wird das auch nicht gelingen.

Pech gehabt! Denn auch wenn diese Kunden, wie alle anderen auch, kalkulatorisch überhöhte Kosten berappen müssen, werden sie eben nicht an den Kostenüberschüssen beteiligt. Wer also wenig verdient oder älter ist, der muss sich eben damit abfinden, dass er von diesen Kostenüberschüssen nichts sieht.

Wem das bekannt vorkommt sollte sich nicht wundern. In einer früheren Kolumne habe ich ein ähnliches Problem schon skizziert (siehe: „Arroganz der Macht“). Die Allianz hat nämlich schon Erfahrung mit diesem System aus der Riesterrente.

Dort geht sie ähnlich vor, nur dass durch eine zusätzliche Regelung bei der Berechnung des Garantiekapitals auch noch zusätzlich diejenigen keine Kostenüberschüsse bekommen, die wegen vieler Kinder hohe Kinderzulagen erhalten.

Auch das hat Ökotest aufgedeckt – schon vor zwei Jahren. Und hier liegt auch schon ein erstes Gerichtsurteil des Landgerichts Stuttgart vor, erstritten vom Bund der Versicherten und der Verbraucherzentrale Hamburg. Hier hat die Allianz verloren (Az.: 11 O 231/12). Sie hat aber mittlerweile Berufung eingelegt.

Anders als bei der Allianz-Riesterrente sind bei der Metallrente aber auch noch andere Versicherer mit im Boot. Im Konsortium sind zusätzlich Ergo, R+V, Generali und Swiss Life vertreten. Ob diese Unternehmen begeistert davon sind, dass auch in ihrem Namen die Niedrigverdiener und älteren Arbeitnehmer benachteiligt werden?

Und auch für die Arbeitgeber kann es knifflig werden. Weil es sich ja um betriebliche Altersvorsorge handelt, müssen sie darauf hoffen, dass sich nicht überraschende Ansprüche der diskriminierten Arbeitnehmer ergeben. Für solche müssten nämlich womöglich die Arbeitgeber einstehen. Da wäre es dann auch interessant zu wissen, was denn wohl die Tarifparteien zu dem Problem sagen. Es bleiben also noch viele Fragen offen…

PS: In der aktuellen Ausgabe von Ökotest wird sich die Metallrente wohl selbst auch zu dem Sachverhalt äußern. Man kann gespannt sein… 

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Axel Kleinlein (Jahrgang 1969) gilt aktuell als einer der schärfste Kritiker der Versicherer. Kleinlein ist Diplom-Mathematiker und arbeitete im Aktuariat der Allianz Lebensversicherung. Ab 2000 betreute er bei der Stiftung Warentest den Bereich Lebensversicherung und Altersvorsorge. Weitere Stationen führten Kleinlein zur Rating-Agentur Assekurata wo er mehrere Branchenuntersuchungen zu Lebensversicherungen leitete und für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich war. Danach gründete Kleinlein das versicherungsmathematische und fachjournalistische Büro Math Concepts und war Vorsitzender des Vorstandes des Bundes der Versicherten.

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