Commerzbank: Scholz versucht ein gefährliches Hochrisikospiel

Dass ein Bundeskanzler aus dem Ausland die Innenpolitik kommentiert, hat Seltenheitswert. Noch größeren Seltenheitswert hat, dass sich ein Kanzler in das Ringen um eine Bankenfusion einmischt. „Feindliche Übernahmen sind nicht das, was für Banken eine gute Sache ist“, schimpft der Kanzler. Die Bundesregierung lehne eine Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit ab.
Das Kanzlerdonnern war wohlkalkuliert, wirkte aber schon fast wie eine Verzweiflungstat. Auf jeden Fall spielt der Kanzler ein Hochrisikospiel. Gewinnt Unicredit die Machtprobe gegen Berlin, steht Scholz belämmert da. Er wäre dann dafür verantwortlich, dass von Deutschlands zweitgrößter Bank nicht viel übrig bleibt.
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Die Bundesregierung gibt in dem Übernahmepoker bislang keine gute Figur ab. Dass sie mit dem Verkauf ihres Aktienpakets eine Übernahme heraufbeschworen hat, hat sie überrascht und in eine Klemme gebracht. Eine EU-Bankenunion predigen, aber eine europäische Bankenfusion ablehnen? Schwierig.
Nachdem die Unicredit ihren Anteil an der Commerzbank nun ohne jede Rücksicht auf Berlin nochmals erhöht hat, reichte es Scholz. Mit seiner überraschenden Kampfansage hat der Kanzler den Übernahmepoker endgültig politisiert. Mehr noch, er hat ihn auf die Ebene der Regierungschefs gehoben.
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Eine Übernahme der Commerzbank wäre neben der Krise des Autobauers Volkswagen ein zweites Symbol für den Niedergang des Standorts. Scholz’ Kontrahent Friedrich Merz spricht bereits von einem „Desaster“.
Scholz wiederum wittert die Chance, sich nach Meyer Werft, Thyssen-Krupp und VW auch bei der Commerzbank als Arbeitsplatzretter zu profilieren. Am Ende zählt aber nur das Ergebnis. Der Kanzler muss die Übernahme eben auch wirklich verhindern.
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Erstpublikation: 24.09.2024, 13:42 Uhr