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DebatteDiese Sparmaßnahmen würde die Handelsblatt-Leserschaft favorisieren

Der Stopp der E-Auto-Förderung und das mögliche Ende der Agrarsubventionen sorgen für Diskussionen. Welchen Weg Leser gehen würden, zeigt diese Auswahl an Kommentaren.Johanna Müller 22.12.2023 - 07:30 Uhr

Tausende Landwirte protestierten diese Woche gegen das mögliche Aus der Agrardiesel-Subvention – eine der vielen geplanten Sparmaßnahmen, mit denen die Ampelkoalition das Milliardenloch aus dem Haushaltsurteil schließen will. Auch der erhöhte CO2-Preis und das vorzeitige Aus der E-Auto-Prämien sind umstritten. Wir haben bei der Leserschaft nachgefragt, welche Sparmaßnahmen sie für sinnvoll hält.

Viele Leser befürworten grundsätzlich den Weg der Ampelkoalition. Dass beispielsweise „die E-Auto-Prämie gestrichen wurde, und zwar sofort“ sei „richtig“, schreibt ein Leser. Zwei Leser hätten sich dabei jedoch längere Auslaufzeiten gewünscht: „Der Stopp“ hätte „stufenweise erfolgen können“, das „wäre akzeptabler gewesen“, so ein Leser.

Über die Agrarmaßnahmen herrscht Uneinigkeit. Dass Aus der Dieselsubventionen hält ein Leser für „richtig“, ein anderer hätte stattdessen „andere Agrarsubventionen gestrichen“. Ein Leser argumentiert dagegen: Durch einen Stopp könnten sonst zahlreiche Jobs verloren gehen, schreibt er.

Insgesamt finde „noch zu wenig Subventionsabbau“ statt, meint ein Leser. Er schlägt vor, im „Sozialetat“ zu kürzen, und erhält Zustimmung: „keine Erhöhung des ‚Bürgergelds‛, weniger Zuschüsse zur Rentenkasse“, zählt ein anderer Leser auf.

Es gibt auch alternative Lösungsvorschläge. So rät ein Leser, die fehlende Summe fair auf die Ressorts aufzuteilen, abhängig von der jeweiligen Ressortgröße. Das hätte den Vorteil, dass der Haushaltskompromiss gegebenenfalls eine größere „öffentliche Unterstützung“ erfahren könnte, so der Leser. Ein anderer schlägt vor, die „237 reichsten Bürger des Landes um eine freiwillige Spende“ zu bitten.

Für die aktuelle Ausgabe unseres Leserforums haben wir aus den unterschiedlichen Zuschriften eine Auswahl für Sie zusammengestellt.

Das bescheidene Weihnachtsgeschenk

 „Hü, hott – erst wollen wir Liberalen den Abbau von Subventionen – aber bitte nicht, wenn es mir wehtut! Insgesamt hat die Koalition gute Arbeit geleistet; zwar etwas mutlos wie stets – aber das war bei der Vorgängerregierung nicht besser. Uns verwöhnten Wohlstandsbürgern möchte man nichts zumuten. Wir werden wie unmündige Kinder behandelt, die zuverlässig schreien, sobald man ihnen irgendein Spielzeug wegnimmt.

Mein Vorschlag: Damit das bescheidene Weihnachtsgeschenk Elektroauto doch noch auf den Gabentisch kommt, sollte der liebe Herr Habeck doch bitte die Subvention ausnahmsweise für Elektroautos von VW – arg gebeutelt in diesem Jahr! – und auch für BMW und Mercedes bis Ende Januar weiterlaufen lassen. Ich bin sicher, Habeck hat ein Herz für Kinder.“
Andreas John

Ein weißes Blatt Papier

„Wenn dem Staat Geld fehlt, dann hilft der Hinweis auf das Wirtschaften der schwäbischen Hausfrau genauso wenig wie das Herumfrickeln an einzelnen Ausgaben.

Wenn der Staat inklusive Ländern und Gemeinden wirklich so pleite ist, wie zum Beispiel auch von der Opposition oft und gerne behauptet, warum handelt man dann nicht adäquat zu dem, wie oft beispielsweise Unternehmen bei finanziellen Nöten in solchen Fällen kurzfristig handeln? Wie wäre es mit einem ‚Zero budget budgeting‛ – oder anders ausgedrückt: einem weißen Blatt Papier, auf das nur geschrieben wird, was jetzt und unmittelbar erforderlich ist? Für das, was auf dem Blatt steht, wird Geld ausgegeben, für alles andere nicht (mehr)!

Vielleicht hilft ein solches Verfahren der Koalition dann auch dabei, ihre interne Integritäts- beziehungsweise Loyalitätskrise zu überwinden …(?)

Das ständige Verschlimmbessern an immer undurchsichtigeren Finanzierungs- und Subventionszusagen des Staates kollabiert schon seit sehr vielen Jahren. Der Start von einem weißen Blatt Papier aus könnte ein erfrischender Blick und Impuls in die Zukunft sein, insbesondere wenn aus einem solchen Anfang mit einer Perspektive für die nächsten 20–30 Jahre entwickelt würde – bedeutet Orientierung und Planbarkeit für Bürger und Unternehmen.“
Michael Langenberger

>> Lesen Sie auch: unser Interview mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

Gewinner und Verlierer

„Eine Regierung mit einer klaren Mehrheitsmeinung ist auch in einer Krise in der Lage, notwendige schwere Entscheidungen zu treffen und diese in der öffentlichen Diskussion durchzuhalten. Für die derzeitige Ampel als heterogene Mehrparteienkoalition wird dies zu einer immer größeren Herausforderung.

Vor diesem Hintergrund könnte die gleichmäßige Verteilung des Haushaltsfehlbetrags entsprechend den anteiligen Ressortgrößen als ‚gerechte‛ Lösung ins Spiel kommen. Dies mag als Politik des ‚kleinsten gemeinsamen Nenners‛ anmuten, hätte jedoch den Vorteil, den Fokus nicht weiter auf die jeweiligen ‚Gewinner‛ und ‚Verlierer‛ des notwendigen Haushaltskompromisses lenken und auf diese Weise gegebenenfalls eine größere öffentliche Unterstützung erfahren zu können.“
Edgar Neufeld

Wenn der Landwirt aufgibt

„Hinter den Landwirten und deren Familien stehen Hunderttausende Jobs in Deutschland, die alle vom Landwirt abhängig sind. Wenn der Landwirt aufgibt und seinen Hof schließt, dann fallen diese Jobs weg. Das sind ganz sicher mehr Jobs, als die Regierung durch die milliardenschwere Förderung von Halbleiter-Firmen, mit jetzt schon traumhaften Renditen, schaffen kann!

Wenn’s dem Landwirt gut geht, dann investiert er vor Ort in Stallung, Maschinen, Personal und Handwerker – und fliegt nicht zweimal mehr nach Mallorca oder sonst wohin in den Urlaub. Leider ist das vielen im Bundestag nicht bewusst, wenn über solche Haushaltskompromisse diskutiert wird, die absolut keine sind!“
Philipp Schurr

Kompromisslose Korrekturen

„Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen, wenn sie den Mut aufbringt, bedingungslos an alle Subventionen und Vergünstigungen zu gehen. Das Vertrauen entsteht, wenn existierende und gefühlte Ungerechtigkeiten in Angriff genommen werden.

Weil diese ‚Revolution‛ Zeit braucht, die jetzt nicht da ist, kommt es auf das unmissverständliche Signal an, heute damit zu beginnen und die Korrektur kompromisslos fortzusetzen.“
Wolfgang Hähnel

Zu wenig Subventionsabbau

„Das ist genau der richtige Weg. Noch zu wenig Subventionsabbau. Den Agrardiesel hätte ich allerdings billig gelassen, dafür andere Agrarsubventionen gestrichen, die in die falsche Richtung lenken (riesige Monokulturen im Anbau, Milch, Fleisch etc.). Im Sozialetat fehlt ebenfalls ein Sparansatz.“
Bernd Weirich

Die 237 reichsten Bürger bitten

„Jeder, der den am 12.12.2023, 20:15 Uhr im ZDF ausgestrahlten Bericht über die Milliardäre in Deutschland zur Kenntnis genommen und verstanden hat, weiß, dass der Staat auch ein Problem auf der Einnahmenseite hat.

Man kann die 237 reichsten Bürger des Landes um eine freiwillige Spende bitten, in der Hoffnung, dass so ein beträchtlicher Betrag in die Staatskasse gelangt, am besten 60 Milliarden – bei 1,4 Billionen Vermögen durchaus machbar –, oder ihnen deutlich machen, dass es ohne die Einführung einer Vermögenssteuer nicht gelingen wird, die anstehenden Ausgaben des Staates zu begleichen.

Steuern zahlen, statt zum Beispiel Sportvereine im Ausland zu kaufen, sollte man den Vermögenden deutlich machen, ist jetzt staatsbürgerliche Pflicht.

Und das Thema muss von den Medien bis zu den Kanzeln in den Kirchen aufgenommen werden. Es braucht keine Unternehmensberater, sondern Volkswirte, die jetzt unsere Entscheidungsträger im Land beraten. Diese Klientelpolitik ist einfach nur erbärmlich, weil sie zulasten der Falschen geht!“
Heinz Bauer

>> Lesen Sie auch: Wie die Ampel 2024 im Haushalt 11,1 Milliarden Euro einsparen will

Einschnitte im Sozialbereich

„Statt den Bauern den Agrardiesel zu kürzen, sollte die Bundesregierung im Sozialbereich Einschnitte vornehmen: keine Erhöhung des Bürgergelds, weniger Zuschüsse zur Rentenkasse.

Dafür könnte der Steuerfreibetrag für 2024 noch höher ausfallen als vorgesehen. Mehr Geld für Bildung bliebe dann auch noch. Die Streichung der Kaufprämie für E-Autos finde ich richtig.“
Ronald Wiltscheck

Tut’s nicht auch die Hälfte?

„Subventionen dürfen nur Anschubfinanzierungen sein. Deshalb ist Subventionsabbau richtig – durchaus auch mit kurzen Fristen, nur nicht Nullfristen.

Das Dieselprivileg für Pkw kann man ersatzlos streichen, aber dann auch die KfZ-Steuer vereinheitlichen. Die Dienstwagenbesteuerung könnte auch einheitlich mit einem Prozent erfolgen. Und warum bekommt Intel zehn Milliarden?

Ohne geht es wohl nicht, aber tut’s nicht auch die Hälfte? Nicht zuletzt muss irgendwann auch mal jemand die völlig überbordenden Sozialleistungen überprüfen: Arbeit muss sich wieder lohnen.“
Matthias Moser

Lebensstandard zurückfahren

„Die Ukrainer verteidigen auch unsere Freiheit, dafür müssen wir auch bezahlen! Um weiter alles wie bisher im Durchschnitt genießen zu können bei gleichzeitiger Verringerung unserer durchschnittlichen Ressourcen-Entnahme aus der Natur, müssen wir im Durchschnitt mehr selber leisten als bisher.

Fazit: Die Politik muss endlich erklären und zugeben, dass unser durchschnittlicher Lebensstandard (vorübergehend?) zurückgefahren werden muss.

Dass wir eher an unserem Konsum anstatt an der Finanzierung unserer (nur sinnvollen) Produktion Kürzungen vornehmen müssen, sollte einleuchten.

Zu den Bauern: Deutschland hat sich zu einem wohlhabenden Industrieland entwickelt. Wir sollten eher den ärmeren Entwicklungsländern den Sektor Agrar (weiter) überlassen und nicht Entwicklungshilfe zahlen müssen, weil wir sie mit unseren Agrarprodukten immer weiter vom Weltmarkt fegen.“
Michael Kaatz

Kommentar

Warum es richtig ist, die E-Auto-Prämie zu streichen

Martin Murphy

Es ist der richtige Weg

„Der Haushaltskompromiss ist nur ein Anfang. Dass den Landwirten die Subventionen gestrichen werden, ist richtig. Es werden immer noch zu viele Lebensmittel weggeworfen. Ein Zeichen für ein Überangebot und niedrige Preise für Lebensmittel. Dass die E-Auto-Prämie gestrichen wurde, und zwar sofort, ist auch richtig. Die Autoindustrie muss nicht subventioniert werden. Sie hat den Markt verpennt und glaubt, immer nur zu zucken und die Subventionen fließen. Für den Markterfolg ist die Autoindustrie selbst verantwortlich.

Verwandte Themen Robert Habeck PISA Deutschland Wirtschaftspolitik ZDF

Und mit der Arbeitsplatzverlust-Erpressung kommt die Autolobby auch nicht weit. Es gibt nicht genug Fachkräfte. Also wen wollen die Lobbygruppen entlassen? Es können noch weiter Subventionen gestrichen werden, zum das Dienstwagenprivileg.“
Klaus Fuchs

Wenn auch Sie sich im Forum zu Wort melden möchten, schreiben Sie uns per E-Mail an forum@handelsblatt.com oder auf Instagram unter @handelsblatt.

Mehr: Warum deutsche Schüler beim Pisa-Test immer schlechter abschneiden, darüber debattierte die Handelsblatt-Leserschaft in der vergangenen Woche.

Erstpublikation: 21.12.2023, 12:31 Uhr.

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