Kommentar: 52 Milliarden Euro Defizit im Staatshaushalt sind kein Grund zur Panik

Die Bundesregierung schnürt in der Coronakrise milliardenschwere Hilfspakete, während die Steuereinnahmen wegbrechen: Die Staatsfinanzen rutschen ins Minus.
Die Coronakrise reißt ein Milliardenloch in die Staatskasse. Im ersten Halbjahr haben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen ein Defizit von 51,6 Milliarden Euro eingefahren. Was auf den ersten Blick nach einer Schreckensnachricht aussieht, ist bei näherem Betrachten halb so schlimm.
Dass die schwerste Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik bei den Staatsfinanzen Spuren hinterlässt, ist weder überraschend, noch ist es ein Grund zur Panik. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug das Defizit 3,2 Prozent. Viele Staaten liegen schon in wirtschaftlich guten Zeiten deutlich darüber.
Und so hatten Ökonomen auch mit einem höheren Defizit gerechnet. Schließlich plant allein der Bund in diesem Jahr mit einer Neuverschuldung von 218 Milliarden Euro. Dagegen ist das Minus in den ersten sechs Monaten relativ gering.
Der Staat nimmt in der Krise eine Ausgleichsfunktion wahr. Auf die einbrechenden Steuereinnahmen reagiert er nicht mit Kürzungen, sondern stützt die Wirtschaft mit seinen Ausgaben. Im ersten Halbjahr gingen die Steuereinnahmen um 8,1 Prozent zurück. Gleichzeitig hat der Staat Milliarden aufgewendet: Er finanziert die Kurzarbeit genauso wie die milliardenschweren Hilfsprogramme für Unternehmen. So wird ein noch tieferer Absturz der Wirtschaft verhindert.
Diese Krisenpolitik funktioniert, auch das zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamts. Trotz der dramatischen Wirtschaftskrise sind etwa die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte nur geringfügig um 0,8 Prozent gesunken. Hier werden die segensreichen Wirkungen von staatlichen Hilfen wie der Kurzarbeit deutlich. In Deutschland steigt die Arbeitslosigkeit anders als in vielen Staaten bisher nur moderat.
All das hilft, die Coronakrise besser und schneller durchzustehen. In der Finanzkrise ist das schon einmal geglückt: Damals stieg die Staatsverschuldung ebenfalls von rund 60 Prozent des BIP auf über 80 Prozent. Dank des Wirtschaftswachstums gelang dann in den folgenden Jahren der Schuldenabbau fast unbemerkt.
Das muss nun wieder das Ziel sein: In der Krise ist es gefährlich, wenn die Politik zu knauserig ist. Das würde die wirtschaftliche Erholung bremsen. Nach der Krise ist dann jedoch die Zeit der Konsolidierung
Noch mag es zu früh sein, diese zu planen. Zu unsicher ist die weitere Wirtschaftsentwicklung angesichts der steigenden Infektionszahlen. Doch auf den Sankt-Nimmerleins-Tag kann sie auch nicht geschoben werden. Schließlich braucht es bei der nächsten Krise wieder Spielraum im Haushalt, damit der Staat gegensteuern kann.
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