Kommentar Argentiniens Präsident hat viele Pläne – aber keinen richtigen

Über ein halbes Jahr hatte der argentinische Präsident Zeit, einen Wirtschaftsplan vorzubereiten
Es gebe einen Alberto Fernández für jeden Tag der Woche, spotten die Argentinier, die ihren neuen Präsidenten kritisch gegenüberstehen. Am Dienstag würde er das Gegenteil vom Montag behaupten, am Mittwoch erneut eine andere Meinung verkünden und so weiter.
Das war bei seiner mit Spannung erwarteten Rede bei der traditionellen Kongresseröffnung am gestrigen 1. März nicht anders: Statt einen Plan vorzustellen, wie er die angeschlagene Wirtschaft Argentiniens wieder zum Wachsen bringen und die Auslandsschulen zahlen will, hielt sich der Präsident in seiner 80-minütigen Rede mit klaren Stellungnahmen zum Thema zurück.
Das ist bemerkenswert: Immerhin war seit den Vorwahlen im August letzten Jahres ziemlich sicher, dass der Peronist Alberto Fernández im Oktober die Wahlen gewinnen und am 10. Dezember als nächster Präsident antreten würde. Inzwischen sind also fast sieben Monate vergangen und der Peronist Fernández weist immer noch keinen Plan vor, wie er die Wirtschaft aus der Bredouille retten will.
Dabei ist es höchste Zeit, in Gang zu kommen. Noch im März will Argentinien sich mit den privaten Gläubigern auf eine Umschuldung einigen. Im Mai stehen Tilgungen und Zinszahlungen in Milliardenhöhe an, welche die Devisenreserven gefährlich schrumpfen lassen würden. Argentinien steht also unter Zeitdruck, die Gläubiger weniger.
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Doch statt einen Umschuldungsangebot vorzulegen, redet Fernández davon, dass man zwar schon einen Plan habe, den man aber noch nicht vorstellen wolle. Selbst einen Plan B soll es geben. Beide wolle man nicht veröffentlichen, weil man es ja mit Profis auf der anderen Seite zu tun habe, man also lieber mit verdeckten Karten spiele. Der Wirtschaftsminister Martín Guzmán prophezeite den Gläubigern bereits Frust.
Präsident will Prioritäten setzen
Derzeit ruht sich der Präsident darauf aus, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) gerade die Schulden Argentiniens als unbezahlbar eingestuft und die Gläubiger zu Zugeständnissen aufgefordert hat. Auch der argentinische Papst, sowie europäische Regierungschefs von Merkel bis Macron hätten sich solidarisch gezeigt, erklärt Fernández immer wieder stolz.
Man müsse Prioritäten setzen, forderte Fernández jetzt in der Ansprache. Die Besitzenden müssten den Besitzlosen helfen, Argentinien müsse wieder wachsen. Auch einen Entwicklungsplan bis in die nächste Dekade wolle er vorstellen.
Übersetzt bedeutet das etwa: Die Regierung Fernández wird von den Gläubigern mehrere Jahre Tilgungsstopp verlangen und versuchen, die Rückzahlungen möglichst der nächsten Regierung aufzuhalsen.
Sollten die Gläubiger das nicht schlucken wollen, hat Fernández bereits vorgesorgt: Die Zentralbank soll untersuchen, wie viel von dem IWF-Hilfskredit in Höhe von 44 Milliarden Dollar direkt ins Ausland auf Privatkonten geflossen seien. Damit wäre der Weg geebnet, die Auslandsschulden als illegitim einzustufen und die Zahlungen zu verweigern. Die Gläubiger sollten sich in Argentinien auf ein neues Default-Szenario einstellen.
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