Kommentar: Auch mit dem neuen Lobbyregister können Mauscheleien munter weitergehen

Ein Lobbyregister ist gut. Doch es braucht mehr.
Gegen Lobbyismus lässt sich überhaupt nichts einwenden. Natürlich gehört es zum Prozess der demokratischen Willensbildung, dass Interessenvertreter ihre Sichtweisen gegenüber der Politik artikulieren und sogar versuchen, ihre Belange in die direkte Gesetzgebung umzumünzen.
Allerdings dürfen Unternehmen, Beratungsfirmen, Anwaltskanzleien, Thinktanks oder Public-Affairs-Agenturen nicht zu „Mini-Gesetzgebern“ werden. Leider hat sich in den vergangenen Jahren der Eindruck verfestigt, dass vor allem illegitime Einflussversuche auf die Politik vorherrschen oder Akteure an Gesetzen mitschreiben, von denen die Öffentlichkeit nichts weiß – und auch nichts wissen soll.
Wie es im politischen Berlin tatsächlich zugeht, hat zuletzt der Fall Philipp Amthor eindrücklich gezeigt. Der junge CDU-Abgeordnete machte sich mit einem Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier für das amerikanische Start-up „Augustus Intelligence“ stark – bei dem er selbst als „Direktor“ amtierte und für das er Aktienoptionen besaß.
Und im Fall des mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard betrieb der frühere CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Lobbyarbeit direkt im Kanzleramt.
Schätzungen zufolge laufen bis zu 7000 Lobbyisten durch Berlin. Die brave Auflistung von Verbänden als politische Interessenvertretungen, wie sie seit 1972 im öffentlichen Verbänderegister des Bundestags erfolgt, mutet da geradezu lächerlich an.
Lücke im Gesetzentwurf
Transparenz muss also her. Da ist es ein wichtiger Schritt, dass nun nach jahrelanger Debatte endlich ein Lobbyregister geschaffen werden soll. Dabei ist es bezeichnend für den geringen Transparenzwillen der Regierung, dass der Gesetzentwurf nur vorsieht, ein öffentliches Verzeichnis der Lobbyisten für den Bundestag einzurichten.
Mittlerweile haben Union und SPD immerhin signalisiert, dass die Regelungen auch auf die Bundesregierung ausgeweitet werden sollen. Das ist das Mindeste. Denn etwa 80 Prozent aller Gesetzgebungsinitiativen gehen von der Bundesregierung aus, kommen also aus den Ministerien.
Von einem „legislativen Fußabdruck“ ist Deutschland allerdings noch weit entfernt. Dieser würde aufzeigen, wer an welchen Stellen am Gesetzgebungsprozess tatsächlich mitgewirkt hat. Das könnte nicht nur aktuell auf einer Internetplattform öffentlich gemacht, sondern auch in der Begründung zu Gesetzentwürfen dokumentiert werden.



Diese Lücke, die im Entwurf zum Lobbyregister noch klafft, muss auch an diesem Donnerstag bei der öffentlichen Anhörung im Bundestag bloßgelegt werden. Denn bis hierzulande ein legislativer Fußabdruck geschaffen wird oder sogar der Posten eines Lobbybeauftragten mit Sanktionsbefugnissen, können auch Mauscheleien wie im Fall Amthor oder Wirecard munter weitergehen.





