Kommentar – Der Chefökonom: Inflation hat viele Verlierer

Konjunkturexperten erwarten für dieses Jahr knapp drei Prozent Inflation.
Die Schuldner gelten gemeinhin als die großen Gewinner einer Inflation. Und der größte Schuldner ist nahezu überall auf der Welt der Staat. Die Geschichte ist voll mit Beispielen, in denen Herrscher oder Regierungen die Geldpresse anwarfen, um sich so – scheinbar bequem – ihrer Schuldenlasten zumindest teilweise zu entledigen.
Auch gegenwärtig scheint der deutsche Staat der große Gewinner des spürbar steigenden Preisniveaus zu sein. Dank einer im Juli bei 3,8 Prozent liegenden Inflationsrate schrumpften jene gut 2,1 Billionen Euro, die das Statische Bundesamt im Sommer 2020 als Staatsschuld ausgewiesen hatte, binnen eines Jahres real um 77 Milliarden Euro. Rechnerisch löste sich damit der Gegenwert von fast zwei Jahren Energiesteueraufkommen scheinbar in Luft auf.
Doch in der Wirklichkeit ist die Rechnung für den Staat keineswegs so einfach, wie es den Anschein hat. Reale Größen sind für die Planung und Aufstellung des Haushalts und damit für die Tagespolitik unerheblich. Die im Maastricht-Vertrag verankerten Ziele für Schulden- und Defizitquote beruhen ebenso wie die Schuldenbremse auf nominalen Größen, also auf den tatsächlichen Ausgaben und Einnahmen des Staates innerhalb eines Jahres in Relation zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt.





