Kommentar: Der Energie-Deal zwischen Trump und der EU ist völlig illusorisch

Mit ihrem Versprechen, Öl, Gas und Kohle aus den USA im Wert von 250 Milliarden Dollar pro Jahr zu importieren, wollte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den US-Präsidenten Donald Trump davon abhalten, seine irrationalen Zolldrohungen wahr zu machen. Das hat zwar zum Teil geklappt. Dafür fragt sich die Energiebranche, ob in Brüssel irgendwer weiß, wie der Markt überhaupt funktioniert. Der Deal wirft eine Reihe von Fragen auf. Erstens: Woher kommt die Zahl von 250 Milliarden Dollar? Die aktuellen Importe der Europäischen Union mit ihren Mitgliedstaaten kosten insgesamt 438,6 Milliarden Dollar für Öl, Pipelinegas, Flüssigerdgas und Kohle. Auf die USA entfallen davon gerade mal knapp 80 Milliarden Dollar. Die Importe müssten sich also verdreifachen, um die angekündigte Höhe zu erreichen. Damit kämen dann aber auch fast die Hälfte aller Energieimporte aus Nordamerika. Es ist fraglich, ob die USA eine solche Menge überhaupt liefern könnten. Zweitens: Hat die EU sich nicht gerade erst aus der Abhängigkeit von Russland befreit? Und drittens: Wie will Brüssel überhaupt dafür sorgen, dass die Importe aus den USA steigen? Der Energiemarkt ist nahezu komplett privatisiert. Unternehmen wie Shell, Total, BP, RWE, Uniper und andere kaufen Rohstoffe dort, wo die Konditionen am günstigsten sind, und verkaufen die Energie an Industriekunden und kleinere Versorger. Die Verträge und damit auch die Preisbildung orientieren sich an internationalen Märkten und Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Die Politik hat da erst mal rein gar nichts zu melden. Das lässt sich theoretisch natürlich ändern. Zum Beispiel durch gesetzlich vorgeschriebene Quoten, spezielle Zuschüsse für US-Importe oder einen gebündelten Einkauf über staatliche Akteure auf europäischer Ebene. Das hat Deutschland bereits zu Zeiten der Energiekrise gemacht. Das Unternehmen Trading Hub Europe (THE) hatte im Auftrag der Bundesregierung damals zusätzliches Erdgas gekauft, um die Versorgungssicherheit in Deutschland sicherzustellen. Ein ähnliches Modell für den europäischen Energieeinkauf aufzustellen, ist aber kaum vorstellbar, weil es de facto einer Verstaatlichung des Marktes gleichkäme. Alle Mittel zur Umsetzung wären ein massiver Eingriff in den freien Energiemarkt Europas. Und zu welchem Preis? Damit die EU von einer Abhängigkeit (Russland) in die nächste (USA) gerät? Nicht zu vergessen, dass die Ankündigungen auch Lieferanten aus dem Nahen Osten verärgern dürften. Bleibt zu hoffen, dass dieser Deal im Sande verläuft. Und das vielleicht genau der Plan dahinter war. Mehr: Bis zu 8,6 Milliarden Euro Schaden für die deutsche Wirtschaft – Das kostet der Zolldeal mit den USA