Kommentar: Der Mythos vom Ende der Dollar-Dominanz

Die führende Position des Dollars in den kommenden Jahren scheint gesichert.
Angesichts der scharfen Sanktionen gegen Russland warnen einige Experten, dass der US-Dollar seinen Status als weltweite Leitwährung verlieren könnte. Die USA und ihre Verbündeten haben ausgewählte russische Banken vom internationalen Zahlungssystem Swift abgeschnitten und die Währungsreserven des Landes eingefroren. Das könnte Russland noch mehr an die Seite Chinas drängen und dazu führen, dass sich die chinesische Währung als Alternative zum Dollar etabliert, lautet die Sorge.
Das jedoch ist aus mehreren Gründen sehr unwahrscheinlich. Das Kräfteverhältnis im internationalen Währungssystem wird sich in den nächsten Jahren nicht grundlegend verändern. Wenn überhaupt, dann dauert ein solcher Prozess viel länger.
In der aktuellen Krise zeigt sich: Die Stellung des Dollars ist unangefochten. Die Sanktionen gegen Russland sind genau deshalb so schwerwiegend, weil die US-Währung so dominant ist.
Grundsätzlich hat China als wichtigste Handelsnation der Welt das Potenzial, die weltweite Bedeutung seiner Währung auszubauen. Doch um den Dollar herauszufordern, braucht es sehr viel mehr.
Ein besonderes Manko Chinas ist die fehlende Tiefe des Finanzmarktes dort. Deutlich ablesen lässt sich das daran, dass laut Zahlen der Europäischen Zentralbank im Jahr 2020 rund 67 Prozent der internationalen Schuldverschreibungen in Dollar begeben wurden und 22 Prozent in Euro. Die chinesische Währung spielt hingegen kaum eine Rolle. Das gilt auch für den globalen Devisenhandel.
Die Probleme des chinesischen Finanzmarkts
Auch wenn China in den vergangenen Jahren versucht hat, seinen Finanzmarkt stärker zu öffnen, steht dem Land noch ein weiter Weg bevor. Noch immer können internationale Investoren dort nicht ohne Weiteres Wertpapiere kaufen. Chinesen wiederum können nicht einfach außerhalb des Landes anlegen.
All dies wird sich nicht von heute auf morgen ändern lassen. Wenn die Regierung in Peking Verwerfungen vermeiden will, kann sie nur langsam vorgehen. Noch im Jahr 2015 hat China beispielsweise Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, um den Absturz seiner Währung zu verhindern.
Eine zentrale Voraussetzung für einen starken Finanzmarkt ist außerdem Transparenz. Auch hier gibt es großen Nachholbedarf. Das fängt schon bei der nicht existenten Pressefreiheit an.






Zudem spielt der chinesische Staat gerade im Finanzsektor eine große Rolle, indem er zum Beispiel den Staatsbanken Vorgaben zur Kreditvergabe macht. Für internationale Anleger ist das keine gute Grundlage, um dort zu investieren. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dürfte zudem in vielen Ländern weiteres Misstrauen gegenüber Autokratien wie China schüren.
All das spricht dafür, dass die führende Position des Dollars in den kommenden Jahren gesichert ist. Mittel- und langfristig mag sich das ändern, aber bis dahin kann noch viel passieren. Auch dem japanischen Yen wurde einst nachgesagt, dass er bald den Dollar als Leitwährung ablösen würde. Das erwartet inzwischen keiner mehr.
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