Kommentar: Der Porsche-IPO ist für den VW-Konzern eine strategische Schwächung
Ohne gemeinsame Software vergrößert sich die Distanz der beiden Autohersteller zueinander.
Foto: IMAGO/FotostandEs war wirklich schlechtes Timing. Ein paar Stunden nachdem Russland die Ukraine angegriffen hatte, vermeldete Volkswagen Ende Februar, dass ein Börsengang von Porsche geprüft werde. Das Umfeld für IPOs hat sich seitdem verdüstert. Und nun, Mitte Juli, wurde auf dem Kapitalmarkttag Porsches nicht wirklich klar, welcher wirtschaftliche Sinn hinter dem geplanten Börsengang des Sportwagenbauers steckt.
Die unternehmerischen Vorteile aus dem IPO sind sowohl für die Konzernmutter Volkswagen als auch für Porsche selbst begrenzt. Kritiker sagen, dass einzig die Inhaberfamilie Porsche profitiert. Die kann sich bald über üppigere Dividenden freuen, die nicht durch den Volkswagen-Konzern mit seinen margenschwächeren Volumenmarken beeinträchtigt werden.
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Der Preis, den Volkwagen dafür bezahlt, ist hoch. Der Börsengang von Porsche bedeutet für die Wolfsburger eine strategische Schwächung. Mit dem IPO droht sich Porsche auch aus der gemeinsamen Entwicklung der Einheitssoftware E2.0 zu verabschieden. Diese Software soll den Volkswagen-Konzern über die künftigen Dekaden prägen.
Porsche wäre nicht mehr Teil des Software-Ökosystems. Es drohen schwerwiegende Folgen. Weil Autos der Zukunft vor allem über die Software definiert werden, beginnt mit dem Börsengang auch eine Zeit, in der sich die Pfade von VW und Porsche nachhaltig trennen.
Das große Argument der Skaleneffekte scheint vergessen
Die milliardenschweren Entwicklungskosten für E2.0 bleiben zudem vor allem an VW und Audi hängen. Dabei hieß es lange in Wolfsburg, dass sich die Entwicklung der Einheitssoftware vor allem dann lohnt, wenn sie alle Marken mit so vielen Fahrzeugen wie möglich nutzen. Nur so ließen sich Skaleneffekte bei der Software erreichen und die Kosten auf mehrere Umsatztöpfe verteilen. Es wird auch darüber nachgedacht, dass andere Marken über Lizenzen die Software von VW nutzen könnten – um noch größere Skaleneffekte zu erzielen.
Das alles scheint jetzt vergessen. Die 300.000 Fahrzeuge, die Porsche zuletzt jährlich ausgeliefert hat, sind angeblich nicht mehr entscheidend für die Einheitssoftware.
Die Außenwirkung ist fraglich. Es ist sicherlich keine gute Werbung für eine eigene Software, wenn eine eigene Marke auf diese verzichtet. Und lieber mit Tech-Partnern wie Apple kooperiert.
Schlimmer noch: Es droht künftig ein neuer Konflikt über die Software auszubrechen, sollte sich herausstellen, dass Porsches partnerschaftliche Softwarelösungen besser sein sollten als die von Volkswagen.