Kommentar: Die AfD ist nicht die Partei, für die sie viele halten


Um zu verstehen, wofür die AfD steht, muss man etwas von ihrer Geschichte kennen: Nur gut zwei Jahre nach ihrer Gründung jagte die Basis der Partei ihren Gründer Bernd Lucke davon. Unter Pfiffen und wutgeladenen Schreien flüchtete er vom Parteitag.
Das passierte, weil Lucke seine Partei zunächst nicht nach rechts abgegrenzt hatte. So konnte er hart-rechte Wutbürger anziehen. Als sie ihm zu extrem wurden, war es zu spät. Sie hatten die Partei übernommen.
Die Extremisten machten Frauke Petry zu Luckes Nachfolgerin. Aber sie hielt sich nicht länger im Amt als Lucke. Auch sie wurde der Parteibasis zu gemäßigt und die Parteibasis wurde ihr zu extrem. Danach übernahm Jörg Meuthen die Führungsrolle. Als er ein paar Jahre später austrat, zeigte er sich ganz überrascht von den totalitären Elementen in seiner Partei, die er plötzlich entdeckt hatte.
Lucke, Petry und Meuthen waren alle als Rechtsaußen gestartet und hatten daran geglaubt, die AfD kontrollieren zu können. Dann waren sie von der AfD links liegen gelassen worden.
Der aktuelle Parteivorstand kennt die Partei besser. Alice Weidel und Tino Chrupalla wissen, dass sie die AfD nicht beherrschen können und versuchen es gar nicht erst. Wer in der AfD Antisemitismus, Rassismus, Deportationsfantasien und Umsturzpläne pflegen will, kann das tun. Alles ist erlaubt.
Bei der AfD stehen die Türen für Extreme weit offen
Gleichzeitig ist es wahnsinnig einfach, im Namen der AfD politische Mandate zu erlangen. Die Partei hat nicht genug erfahrene Leute, um ihre mehr als 300 Mandate in den Parlamenten anständig zu besetzen.
Damit ist die AfD das ideale Vehikel für rechte Strömungen aller Art. Zu sagen, dass sie von Extremen „unterwandert“ sei, wäre eine Untertreibung. Ihre Türen stehen seit Jahren weit offen. Die Gefahr, dass auf diesem Weg die deutsche Demokratie von innen heraus zerstört wird, ist absolut real.
AfD-Kenner zeigen sich über die Aufregung über die neusten Correctiv-Recherchen verwundert. Denn es wäre geradezu unplausibel anzunehmen, dass nicht noch viel mehr Pläne dieser Art in AfD-Kreisen durchgespielt werden.
Nach außen gibt sich die Partei bieder. In den Talkshows sehen die Zuschauer geschmeidig auftretende Führungspersonen. Hinter diesen stehen aber Rechtsextreme, deren Ideen nicht weniger brutal sind, als es jene der NPD einst waren.


Doch die NPD wirkte immer extrem aggressiv und zog darum kaum Wähler außerhalb ihrer Kernwählerschaft an. Die AfD kommt im Vergleich geradezu harmlos daher. Sie wirkt nicht nur auf Rechtsextreme als wählbar, sondern auch auf viele eher unpolitische Protestwähler.
Die Medienberichterstattung über das Geheimtreffen und die dort diskutierten Vertreibungen erreichen diese Protestwähler wahrscheinlich kaum. Darum ist es wichtig und ermutigend, dass nun Menschen in großer Zahl auf die Straße gehen und vor der AfD warnen.
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